Religionsfreiheit in Indonesien?. Anna Elisabeth Suwandy. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Anna Elisabeth Suwandy
Издательство: Bookwire
Серия: Mainzer Beiträge zum Kirchen- und Religionsrecht
Жанр произведения: Документальная литература
Год издания: 0
isbn: 9783429063054
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werden. Wie hat sich aus der Forderung nach katholischer Glaubensfreiheit eine Anerkennung jeder Religionsfreiheit auf Seiten der Katholischen Kirche entwickelt?

      Als das Zweite Vatikanische Konzil im Jahre 1966 Dignitatis humanae verabschiedete und sich somit zur allgemeinen Religionsfreiheit bekannte, war dies keineswegs selbstverständlich, war der katholische Glaube zu dieser Zeit doch noch Staatsreligion in beispielsweise Italien und Spanien und genoss dadurch gewisse Privilegien, die man nur schwerlich aufzugeben bereit war.27 Außerdem offenbart ein Blick in die bis zum Zweiten Vatikanischen Konzil verabschiedeten Enzykliken der katholischen Päpste und die bis dahin bestehende Lehrmeinung ein durchaus ablehnendes und verurteilendes Bild der Gewissens-, Meinungs- und Religionsfreiheit.

      Im Jahr 1442, beim Konzil von Florenz, erklärte die Katholische Kirche in der Unionsbulle mit den Kopten noch, „[a]lle Menschen, die sich außerhalb der katholischen Kirche befinden, nicht nur Heiden, sondern auch Juden, Häretiker oder Schismatiker, können des ewigen Lebens nicht teilhaftig werden; vielmehr werden sie ‚in das ewige Feuer’ kommen.”28

      Jedoch bereits Anfang des 16. Jahrhunderts gibt es erste Ansätze von den spanischen Dominikanern Francisco de Vitoria und Bartolomé de Las Casas, Religionsfreiheit zu fordern. Denn beide sprachen sich dagegen aus, „dass es erlaubt sei, die Indios im neu entdeckten Amerika mit Krieg zu überziehen, um sie dann leichter zur Annahme des Glaubens bringen zu können.”29

      Dennoch bezeichnet Papst Gregor XVI. in seiner Enzyklika Mirari vos von 1832, also gut zwei Jahrhunderte später, die Forderung nach Gewissensfreiheit als „seuchenartigen Irrtum”30 und „Wahnsinn”31. In Mirari vos schreibt er:

      Aus der Quelle dieser verderblichen Gleichgültigkeit fließt jene törichte und irrige Meinung, oder noch besser jener Wahnsinn, es sollte für jeden die ‚Freiheit des Gewissens’ verkündet und erkämpft werden. Diesem seuchenartigen Irrtum bereitet jene absolute und maßlose Freiheit der Meinungen den Weg, welche sich zum Schaden der kirchlichen und bürgerlichen Sache weitherum verbreitet. Dabei gibt es manche, die mit größter Unverschämtheit behaupten, daß die Religion aus ihr gewisse Vorteile ziehe.32

      Vor allem in der sich anschließenden Zeit des Ultramontanismus von 1850-1950 stellte sich die Katholische Kirche weiter vehement gegen das liberale Freiheits- und Gleichheitsrecht und natürlich auch gegen die Religionsfreiheit.33 So lohnt sich ebenfalls ein Blick in die Enzyklika Quanta cura von Pius IX. und den ebenfalls von ihm herausgegebenen Syllabus Errorum, einem Verzeichnis zu verurteilender Zeitirrtümer aus dem Jahr 1864. So verurteilt Pius IX. im Syllabus mit folgenden Thesen die Religionsfreiheit: „Es ist jedem Menschen freigestellt, jene Religion anzunehmen und zu bekennen, die er im Lichte der Vernunft für die wahre hält.”34 Weiter verurteilt er dort außerdem folgende These: „Die Menschen können in der Pflege jeder beliebigen Religion den Weg des ewigen Heils finden und das ewige Heil erlangen.”35 Eine der letzten der 80 zu verurteilenden Thesen des Syllabus lautet: „Denn es ist nicht wahr, daß die bürgerliche Religionsfreiheit sowie die allen gewährte unbeschränkte Meinungs- und Gedankenfreiheit dazu beitragen, Geist und Sitte der Völker zu verderben und die Seuche des Indifferentismus zu verbieten.”36

      In Quanta cura selbst nimmt Pius IX. Bezug auf Gregor XVI. und verurteilt

      ‚die Freiheit des Gewissens und die Gottesverehrung seien jedes einzelnen Menschen Eigenrecht, das in jedem Staat mit ordentlicher Verfassung gesetzlich umschrieben und gewahrt werden müsse, und die Bürger hätten ein Recht auf jede beliebige Freiheit, die weder durch kirchliche noch staatliche Hoheit eingeschränkt werden dürfe, sie sollten vielmehr ihre Meinung in Wort und Schrift oder sonstwie öffentlich verkünden und verbreiten können.’37

      Ein erster Umbruch zugunsten der Religionsfreiheit kann, etwa 100 Jahre später in der Enzyklika Pacem in terris von Johannes XXIII. aus dem Jahre 1963 entdeckt werden. Es heißt dort: „Zu den Rechten des Menschen ist auch dies zu zählen, daß er sowohl Gott nach der rechten Norm seines Gewissens [ad rectam conscientiae suae normam] verehren als auch seine Religion privat und öffentlich bekennen kann.”38 In Pacem in terris werden außerdem zum ersten Mal unveräußerliche, allgemeine Menschenrechte formuliert und anerkannt, die vom christlichen Verständnis der menschlichen Person ausgehen.39

      Ein weiterer Blick soll auf Nostra aetate, das Dekret über das Verhältnis der Kirche zu den nichtchristlichen Religionen, das 1965 verabschiedet wurde, geworfen werden. Um zu verstehen wie die Katholische Kirche zu anderen Religionen Stellung bezieht und sich dies vor allem im Hinblick auf Indonesien in Bezug auf den Islam, den Hinduismus und den Buddhismus, die dort ebenfalls zu den offiziell anerkannten Religionen zählen, darstellt. Dies natürlich auch vor dem Hintergrund, die Einstellung später mit der des Islam zu anderen Religionen zu vergleichen.

      Zum ersten Mal in der Geschichte erfahren durch Nostra aetate nichtchristliche Religionen eine Würdigung, da „eingestanden wird, dass die auch als Systeme dazu geeignet sein können, das Heil Christi zu vermitteln.”40

      In Nostra aetate 2 heißt es:

      Die katholische Kirche verwirft nichts von dem, was in diesen Religionen [Judentum, Islam, Buddhismus und Hinduismus] wahr und heilig ist. Mit aufrichtiger Hochachtung betrachtet sie jene Handlungs- und Lebensweisen, jene Gebote und Lehren, die, auch wenn sie von dem, was sie selber festhält und vorlegt, in vielem abweichen, nicht selten dennoch einen Strahl jener Wahrheit wiedergeben, die alle Menschen erleuchtet.41

      Nostra aetate 3 handelt von der Wertschätzung der Muslime. Herausgestellt wird die Gemeinsamkeit des Glaubens an den einen, einzigen Gott und die Ehrerbietung der jungfräulichen Mutter Maria. Herausgestellt wird aber auch, dass die Muslime Jesus „zwar nicht als Gott anerkennen”, ihn aber als Propheten verehren.42 Außerdem fordert das Konzil dazu auf, die vergangenen Diskrepanzen und Feindschaften zwischen Muslimen und Christen zu überwinden und sich für ein gegenseitiges Verständnis einzusetzen.43

      Pacem in terris kann also als eine erste Weichenstellung im Hinblick auf die Religionsfreiheit und die Einstellung der Katholischen Kirche diesbezüglich angesehen werden. Dennoch gab es immer noch erhebliche Meinungsdifferenzen zwischen konservativen und progressiven Bischöfen vor und während des Konzils, die durchaus nachvollziehbar sind, stand doch ein „umfassende[r] Paradigmenwechsel der offiziellen kirchlichen Lehre”44 bevor, ein Paradigmenwechsel in der Einstellung der Katholischen Kirche, sowohl zu den Menschenrechten wie auch zur Religions- und Gewissensfreiheit, aber auch in Bezug auf das Verhältnis zwischen Kirche und Staat.45

      Im Jahr 1962 hatte die Theologische Kommission in der Vorbereitungsphase des Konzils den ersten Entwurf der Konzilskonstitution Über die Kirche erarbeitet. In diesem heißt es noch in Bezug auf andere Religionen:

      Wenn nahezu alle Mitglieder der Gesellschaft oder ihre Mehrheit sich zur wahren Religion bekennen, und das ist die katholische Religion, dann hat der Staat die Pflicht, sich auch zu ihr zu bekennen. Die Mitbürger, die anderen Religionen anhängen, haben nicht das Recht, am Bekenntnis zu diesen Religionen nicht gehindert zu werden; der Staat kann jedoch aus Gründen des Gemeinwohls ihr Bekenntnis tolerieren.46

      Was aber wenn die Mehrheit der Bevölkerung einem anderen Glauben anhängt? Für diesen gegenteiligen Fall, dass also die Mehrheit der Bürger nicht katholisch ist, hieß es, der Staat habe die Pflicht, „sich in jedem Bereich nach dem Naturrecht zu richten”.47 Daraus ergibt sich weiter, dass der Staat, nach dem Selbstverständnis der Katholischen Kirche ebenso wie nach den säkularen Konzeptionen der Religionsfreiheit, allen Katholiken die volle Freiheit gewährleisten muss, sich zu ihrer Religion bekennen zu können und dass der Kirche die Freiheit zukommt, „ihre Sendung zu erfüllen.”48 Daraus lässt sich vorerst nur eine Religionsfreiheit