"Chemin Neuf" in kirchenrechtlicher Sicht. Andreas Friedel. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Andreas Friedel
Издательство: Bookwire
Серия: Forschungen zur Kirchenrechtswissenschaft
Жанр произведения: Документальная литература
Год издания: 0
isbn: 9783429063726
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       1.5 Veröffentlichungen von Bischofskonferenzen und von Ordinariaten

       1.6 Chemin Neuf-Quellen

       2 Webseiten und Homepages

       3 Hilfsmittel

       4 Sekundärliteratur

      REGISTER

       1 Personenregister

       2 Canonesregister

       3 Sachregister

      EINLEITUNG

      Ob bei Weltjugendtagen, internationalen Wallfahrten, Papstreisen, Katholikentagen oder anderen kirchlichen Großveranstaltungen – „in den letzten Jahren drängen Gruppen ins Rampenlicht, die in der Kirche unübersehbar an Bedeutung gewinnen: die neuen geistlichen Gemeinschaften und Bewegungen.“1 Der wachsende Einfluss dieser Gruppen wird aber auch in den Pfarreien, den klassischen Verbänden und den Ordensgemeinschaften spürbar.2 Die Geister scheiden sich, ob diese Entwicklung zu begrüßen oder abzulehnen ist. Faktenkenntnisse über solche Gemeinschaften und Hintergründe sind nötig, um sich ein fundiertes Urteil bilden zu können.

      Diese Arbeit stellt eine in Deutschland weitgehend unbekannte französische Gemeinschaft vor, die international aber zu den mitgliederstarken und pastoral hoch engagierten Gruppen gehört – die Kommunität Chemin Neuf.3 Diese Gemeinschaft hat ihre Wurzeln in einem charismatischen Gebetskreis. Im Jahr 1973 gründeten sieben Mitglieder dieses Gebetskreises in Lyon eine Lebensgemeinschaft unter der Führung des Jesuiten Laurent Fabre. Heute zählt die Gemeinschaft 2.000 Vollmitglieder und etwa 12.000 Weggefährten, die das Charisma der Kommunität leben und auf je unterschiedliche Weise an den Zielsetzungen der Gemeinschaft mitarbeiten. Chemin Neuf ist international in über 30 Ländern vertreten.4 In Deutschland hat Chemin Neuf in den Städten Berlin und Bonn Niederlassungen gegründet. Die Begegnung mit Chemin Neuf in deren Haus in Bonn, an der Remigius-Kirche, gab den Anstoß, diese Kommunität aus kirchenrechtlicher Sicht in den Blick zu nehmen.

      Die vorliegende Untersuchung verfolgt ein doppeltes Ziel. Zum einen soll Chemin Neuf vorgestellt werden. Zum anderen werden am Beispiel dieser Gemeinschaft kirchenrechtliche Fragen in den Blick genommen. Mit der Darstellung der Kommunität wird Neuland betreten. Über Chemin Neuf liegen keine monographischen Werke vor. Das Gesamtbild ist aus einer Vielzahl oft sehr kleinteiliger Mosaiksteinchen zusammengesetzt. Dazu zählen Zeitschriftenartikel, Broschüren, Flyer und Internetseiten. Um verbleibende Lücken zu füllen, wurden Interviews mit Bonner Kommunitätsmitgliedern geführt. Etliche fremdsprachige Veröffentlichungen, vor allem aus dem Französischen, wurden herangezogen. Die Übersetzungen sind in der Verantwortung des Autors mit sprachkundiger Hilfe erfolgt. In dieser Arbeit wird die Kommunität in den Kapiteln 1 bis 4 unter verschiedenen Aspekten vorgestellt: die Gründungsgeschichte, die Spiritualität, der organisatorische Aufbau und das Apostolat. Eine kirchenrechtliche Analyse erfolgt in den Kapiteln 5 bis 12. Es werden kanonistische Probleme in den Blick genommen, die sich durch experimentelle Neuerungen der Kommunität ergeben, wie etwa durch die Mitgliedschaft von Christen anderer Konfessionen, eine Adaption des Rätelebens, neue Arten geistlicher Begleitung und Menschenführung oder ungewohnte Leitungsstrukturen. Dabei weisen die anhand von Chemin Neuf gewonnenen Einsichten über diese geistliche Gemeinschaft hinaus. Ein verbandstypisches Charisma gibt der Kommunität zweifelsohne ein eigenes unverwechselbares Profil. Jedoch sind viele der zu besprechenden Neuheiten auch in anderen geistlichen Gemeinschaften zu finden.

      „Die neuen geistlichen Bewegungen sind zahlenmäßig stark, die mit ihrem Wachsen und Agieren verbundenen Chancen und Probleme sind groß. Ihre Gruppen entziehen sich teils zu Recht, teils zu Unrecht, teils willentlich, teils unbewusst den kirchamtlichen Strukturen. Einerseits lassen sie sich nicht ins bestehende kirchliche System einordnen, sie sind zu neu und selbst zu unfertig“5.

      In Anbetracht der Neuerungen und Herausforderungen wird die Befürchtung laut: „Das Kirchenrecht als solches versagt.“6 Diese Arbeit will einen Beitrag leisten, die Chancen und Probleme, welche die geistlichen Gemeinschaften mit sich bringen, darzustellen. Dabei soll überprüft werden, inwieweit das Kirchenrecht versagt oder doch brauchbare Lösungen anbieten kann.

      1 NIENTIEDT, Aufbrüche, 428.

      2 Vgl. ebd., 428–429.

      3 Für den vollen Namen „CCN“ wird in dieser Arbeit die Abkürzung CCN verwendet. Dieses Kürzel aus drei Buchstaben wird auch im Direktorium des PCL benutzt. In manchen Veröffentlichungen findet sich die Buchstabenkombination CN, die für „Chemin Neuf“ steht.

      4 Vgl. GEMEINSCHAFT CHEMIN NEUF (Hg.), Vorstellungsbroschüre, 2; ERZBISCHÖFLICHES GENERALVIKARIAT KÖLN. HAUPTABTEILUNG SEELSORGE (Hg.), Gemeinschaften, 18–19.

      5 SCHICK, Bewegung, 250–251.

      6 Ebd., 251.

      1. KAPITEL:

      DIE GRÜNDUNG DER KOMMUNITÄT CHEMIN NEUF

      Zur Entstehungsgeschichte der Gemeinschaft liegen keine zusammenhängenden Darstellungen vor. Einzelne Hinweise, die oft keine historische, sondern eine kerygmatische Aussageabsicht haben, sind in unterschiedlichen Quellen zu finden. Aus Interviews und Zeitschriftenartikeln lassen sich bruchstückhafte Informationen herausfiltern und zusammensetzen. Das CCN-Magazin „Tychique“, später umbenannt in „FOI“, ist eine wichtige Quelle.7 In den Ausgaben des FOI – aus den Jahren 2009 und 2013 – blicken CCN-Mitglieder aus der Gründergeneration auf die Anfänge der Kommunität zurück.8 Auch wenn dieser Rückblick episodenhaft und anekdotisch ist, lassen sich doch historische Fakten daraus rekonstruieren. Der Gründer der Gemeinschaft, Laurent Fabre, hat sich in einigen Interviews geäußert und dabei Daten und Fakten eingestreut, ohne jedoch eine umfassende oder gar chronologische Darstellung zu geben. Vielmehr nimmt der Leser deutlich die kerygmatischen Intentionen wahr, was zu der Frage führt, ob hier eventuell die Historizität der Verkündigungsabsicht untergeordnet worden ist. Ein relativ ausführliches Interview, in dem Einzelheiten aus der Entstehungsphase berichtet werden, gab Fabre dem französischen Religionswissenschaftler und Soziologen Frédéric Lenoir.9 Neben dem Gründer berichten einige andere CCN-Mitglieder über ihre Erinnerungen aus der Anfangszeit von CCN. Jacqueline Coutellier ist ein CCN-Mitglied der ersten Stunde, das die Anfänge der Gemeinschaft miterlebt hat.10 Sie äußert sich mehrmals in der CCN-Zeitschrift zu diesem Thema.11

      Mit mehr zeitlichem Abstand, aber theologisch tiefer reflektiert, sind die Darstellungen von Timothy Watson. Watson ist ordinierter anglikanischer Pastor und zugleich CCN-Mitglied. In einem Aufsatz aus dem Jahr 2009 stellt er CCN unter verschiedenen Gesichtspunkten in der englischsprachigen Zeitschrift „One in Christ“ vor, unter anderem kommt er auch auf bestimmte Weichenstellungen in der Entstehungsphase der Gemeinschaft zu sprechen.12

      Neben diesen Informationen aus den Reihen von CCN gibt es einige Beobachter der charismatischen Gemeinschaften in Frankreich, die sich in diesem Zusammenhang auch mit CCN beschäftigt haben. Hier ist die Journalistin und Buchautorin Monique Hébrard zu nennen, die mehrere Bücher über charismatische Gruppen in Frankreich verfasst hat, unter anderem auch mit Abschnitten über CCN.13 In die Kategorie der außenstehenden Beobachter gehören der französische Theologe Oliver Landron14 und der deutsche Theologe Michael Gmelch, der in Würzburg zum Thema „Basiskirchliche Lebensgemeinschaften in Frankreich“ promoviert hat.15 In seiner Arbeit skizziert Gmelch eine Ekklesiologie der „basiskirchlichen Gemeinschaften“, wie er die geistlichen Gemeinschaften und Bewegungen (GGB)16 tituliert. In diese Arbeit fließt die Feldforschung ein, die er bei vier französischen GGB betrieben hat, eine Gemeinschaft war CCN. Die Aussagen der Quellen sind in den wesentlichen Punkten widerspruchsfrei, sodass sich ein relativ kohärentes, wenn auch nicht sehr detailreiches Bild der Entstehungsgeschichte nachzeichnen lässt.