Pioniere der Lichttherapie: Finsen, Bernhard, Rollier
Schicksalsschläge und das Lob der UV-Strahlen
Die Abkühlungsgrösse und «das gesündeste aller Klimata der Erde»
Wissenschaft, populäre Schriften und Propaganda
Die unendliche Suche nach dem Heilfaktor
Exkurs: Die Nazis und das Höhenklima
Der Herbst der Höhenkur – im Sanatorium um 1946
Heilung durch Streptomycin und ein Verrat
Das Unbehagen der Sanatoriumsärzte
Die ungebrochene Liebe zum Messer
Schluss: Behandlung ohne Heilung
Quellen- und Literaturverzeichnis
Vorwort
Der Mythos der Höhenkur ist bis heute lebendig, und die Alpenluft wird noch immer als heilsam beschrieben. Was vor über 150 Jahren mit der Behandlung von lungenkranken Patientinnen und Patienten im Höhenklima begann, soll heute als sogenannter medical tourism reiche Früchte tragen und gesundheitssuchende Touristen in Schweizer Ferienorte führen. Die Faszination für Luft und Licht des Hochgebirges scheint ungebrochen, und gerade deshalb entschloss ich mich, eine Dissertation über die Höhenkur zur Behandlung der Lungentuberkulose zu schreiben, nachdem ich vor über zehn Jahren eine Lizentiatsarbeit zu diesem Thema verfasst hatte. Die Dissertation, die ich für das vorliegende Buch überarbeitet und gekürzt habe, entstand neben meiner hauptberuflichen Tätigkeit als Journalist. Dieses Vorhaben in die Tat umzusetzen, konnte nur gelingen, weil mich zahlreiche Personen unterstützten. Ihnen allen bin ich zu grossem Dank verpflichtet. Namentlich danke ich Philipp Sarasin, meinem Gutachter am Historischen Seminar der Universität Zürich, der meinem Projekt jederzeit wohlwollendes Interesse entgegengebracht hat und mir konzeptuell und inhaltlich äusserst wertvolle Anregungen gegeben hat. Monika Dommann hat sich spontan bereit erklärt, die Zweitbegutachtung zu übernehmen. Dafür wie auch für versierte Vorschläge bin ich ihr sehr dankbar. Dank schulde ich auch Iris Ritzmann, deren Fachwissen für mich überaus wertvoll war. Wichtig war überdies die Mitarbeit derjenigen Personen, die mir beim Auffinden der Quellen zu dieser Geschichte geholfen haben. Ich bedanke mich insbesondere bei Timothy Nelson von der Dokumentationsbibliothek Davos und bei Monika Huber und Ursula Reis vom Medizinhistorischen Institut der Universität Zürich. Werner Schmutz, Direktor des Physikalisch-Meteorologischen Observatoriums Davos /Weltstrahlungszentrum, hat mir freundlicherweise Zugang zu seinem Archiv gewährt.
Mehrere Personen haben Teile dieser Arbeit gelesen und mir in Gesprächen wichtige Anstösse gegeben. Ich bedanke mich dafür bei Niklaus Ingold, Florian Rohner, Markus Binder, Stephan Durrer, Tamara Weder und Stefan Schürer. Sehr anregend waren zudem die fachlichen Diskussionen in meiner Lesegruppe, der auch Michael Jucker und Stefan Keller angehören. Im Weiteren konnte ich mich mit verschiedenen Personen austauschen, welche die Geschichte der Tuberkulosebehandlung aus eigener Erfahrung kennen. Zu grossem Dank verpflichtet bin ich Hedi Csomor-Scheiwiller, einst Lungenpatientin in Davos und später selbst Ärztin. Sie hat mir mit ihren Schilderungen eine andere Sichtweise des Themas ermöglicht. Sehr wertvoll war für mich auch der Austausch mit Markus Noll, emeritierter Professor für Molekularbiologie. Ebenfalls sehr anregend waren die Gespräche mit Peter Braun, dem langjährigen Chefarzt der Höhenklinik Clavadel in Davos. Für das Interesse an meiner Arbeit und die hilfreiche Unterstützung bedanke ich mich zudem bei Otto Brändli, ehemals Chefarzt der Zürcher Höhenklinik Wald, und bei Max Kuhn, ehemals Leitender Arzt für Pneumologie am Kantonsspital Chur.
Verschiedene Institutionen haben die Drucklegung finanziell unterstützt. Ich bedanke mich bei Lunge Zürich, der Schweizerischen Stiftung für Tuberkuloseforschung, der Kulturförderung Graubünden, der Claire Sturzenegger-Jeanfavre Stiftung und der Stiftung vormals Bündner Heilstätte Arosa. Zudem bedanke ich mich bei der Salomon David Steinberg-Stipendien-Stiftung. Bei der Suche nach Bildern für die Publikation war mir Pascal Werner von der Fotostiftung Graubünden behilflich. Ermöglicht hat die Publikation schliesslich der Verlag Hier und Jetzt in Baden. Ich danke Verlegerin Madlaina Bundi für die umsichtige Begleitung der Publikation und Rafael Werner für das sorgfältige Lektorat.
Am meisten zu danken habe ich aber meiner Familie, ohne deren Verständnis und Hilfe ich dieses Buch nicht hätte schreiben können. Ich bedanke mich bei Sara Galle für ihre Anteilnahme und für zahlreiche wertvolle Gespräche. Ihr und unseren Söhnen Andri und David ist dieses Buch gewidmet.
Zürich, im November 2016
Einleitung
An keiner Krankheit starben um 1900 in der Schweiz oder in Deutschland mehr Menschen als an Tuberkulose. Wirksame Medikamente gegen die Krankheit fehlten, weshalb die Behandlung in Sanatorien und Heilanstalten vielen als einziger Hoffnungsschimmer erschien. Viel frische Luft, reichliche Ernährung, Ruhe und Bewegung und häufig auch der Aufenthalt in einem als heilsam erachteten Klima waren die Eckpfeiler der Therapie. Verschiedene Ärzte propagierten diese Behandlung, während andere sie verwarfen. «Wie ich helfen soll, weiss ich nicht, aber was Sie meinen, Herr Kollege, ist Unsinn», gab der Davoser Arzt Friedrich Jessen die verfahrene Situation wieder.1 Das berühmteste Beispiel von Kritik am Sanatoriumsbetrieb ist Thomas Manns Roman Der Zauberberg von 1924. In Roman entpuppt sich Hofrat Behrens, ärztlicher Leiter des fiktiven Davoser Sanatoriums Berghof, als gewiefter Geschäftsmann, der sich seine Patientennachfrage gleich selbst schafft: «Früher hätten im Sommer nur die Treuesten der Treuen in diesem Tale ausgeharrt», heisst es im Roman. Diesen für die Davoser Sanatorien unerfreulichen «Missstand» verstand der Arzt zu korrigieren. «Er habe die Lehre aufgestellt», so die Erzählung eines langjährigen Kurgasts, dass «die sommerliche Kur nicht nur nicht weniger empfehlenswert, sondern sogar besonders wirksam und geradezu unentbehrlich sei. Und er habe dieses Theorem unter die Leute zu bringen gewusst, habe populäre Artikel darüber verfasst und sie in die Presse lanciert. Seitdem gehe das Geschäft im Sommer so flott wie im Winter.»2 Der wirtschaftliche Erfolg des Sanatoriums im Zauberberg war also auf eine Reihe von Artikeln zurückzuführen.
Die Passage aus dem Zauberberg umreisst anschaulich den Gegenstand dieses Buches: Ärzte empfahlen und bekräftigten in (populär-)wissenschaftlichen Schriften und Artikeln die Behandlung der Lungentuberkulose