Personalentwicklung im Bereich Seelsorgepersonal. Christine Schrappe. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Christine Schrappe
Издательство: Bookwire
Серия: Studien zur Theologie und Praxis der Seelsorge
Жанр произведения: Документальная литература
Год издания: 0
isbn: 9783429060107
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beschäftigten. Dienstverträge wurden dort erstellt, Fahrtenbücher abgerechnet und Urlaubsanträge überprüft. Der Bildungsansatz war lehrorientiert, durch Aneinanderreihung von Themenblöcken; in durchstrukturierten Seminaren ging es primär um die Frage der richtigen Lehrinhalte. Der Bildungsverantwortliche verstand sich als Experte von Lehrinhalten, der interessante Themen und dazu jeweils Referenten mit klangvollen Namen aussuchte. Ziel war es, dass Beschäftigte die wesentlichen Qualifikationsanforderungen durch Studium und Ausbildung erwarben, notwendige weitere Fertigkeiten konnten im Laufe des Berufslebens hinzugelernt werden. Externe Fortbildungsaktivitäten wurden entweder nicht für nötig befunden oder fanden eher beliebig statt. Der Bezug zum eigenen Handlungsfeld war nur indirekt gegeben. Fortbildungsveranstaltungen hatten überwiegend den Charakter einer schönen Nebenbeschäftigung abseits beruflicher Alltagsroutinen. Dem Einzelnen blieb überlassen, mit welchem Qualitätsbegriff er seinen Beruf dauerhaft auszuüben in der Lage war. Bezeichnend für diese Phase war auch die „Dualität von Kompetenzentwicklung und Organisationsentwicklung“93, die Fragen der Aus- und Weiterbildung getrennt von Themen der Gesamtstruktur betrachtet. Zentrale Fortbildungsinstanzen und verpflichtende Weiterqualifizierungsstandards wurden im kirchlichen Sektor noch nicht als erforderlich angesehen. Das Anforderungsprofil für einen Personalverantwortlichen bestand darin, ein guter Fachmann zu sein, administrative Vorgänge korrekt abzuwickeln und Amtsautorität als Vorgesetzter zu haben.

       3.1.2 Institutionalisierung (ab ca. 1960)

      Aufgrund der Erkenntnis, dass Personal nicht nur verwaltet, sondern auch gepflegt, betreut und weitergebildet werden muss, erweiterte sich das institutionelle Verständnis von Personalarbeit. Der Bezug zwischen Person, Beruf und Institution wuchs. Grundgedanke war nun die stärkere Anpassung des Personals an die Anforderungen der Organisation. Sozialisierungskonzepte waren darauf abgestimmt, die Mitarbeiter „passend“ zu machen. Die Strategie bestand aus der Professionalisierung der Personalleiter, der Zentralisierung des Personalwesens und der Spezialisierung der Personalfunktion mit eigenständigen Aufgabenbereichen.

      Neben den Kernfunktionen wie Personalverwaltung, Personaleinstellung und Personaleinsatz, Entgeltfindung und Ordnungen zur juristischen Konfliktregelung wurde die qualitative Sozialpolitik (Bildung, Freizeit, Arbeitsplätze) zusätzlich ausgebaut. In Groß- und Mittelbetrieben entstanden nun eigene Stellen und Funktionen des Personalleiters. Unterstützungsangebote wie Teamentwicklung oder Coaching hielten Einzug auf der Ebene der Gesamtinstitution. Ein diözesaner Fortbildungsbeauftragter war dafür zuständig, Seminarkataloge zu erstellen und Teilnehmer zu werben. „Was in der ersten Generation an Personalentwicklung verwirklicht wird, hängt von der Aufgeschlossenheit einzelner Vorgesetzter und vom Bildungswillen (hin und wieder auch vom ‚Lästigkeitswert‘) der Mitarbeiter ab. Der Personalentwickler pendelt in der ersten Generation zwischen Bildung als Sozialklimbim und ‚Zufallstreffer‘.“94

      In der kirchlichen Ausbildung erkannte man, dass Mitarbeiter besser auf ihren Einsatz vorbereitet werden müssen, Qualifikationsprofile und Anstellungs- und Eignungskriterien wurden in der Personalbeschaffung entworfen. Standardkataloge regeln die Einführung neuer Mitarbeiter, betriebliche Unterweisung wird institutionell verankert. Auch die langfristige datengestützte Personalplanung begann sich als Organisationsentwicklungsinstrument zu entfalten. Die Weiterbildung gestaltete sich transferorientiert, die Frage der Effizienz einzelner Lehrmethoden in der Weiterbildung führte zu „aktivitätspädagogischem Lehrmethodenmix“95 in Seminaren; Trainer waren nun nicht mehr nur Experten von Lehrinhalten, sondern wurden zu Methodenexperten.

       3.1.3 Humanisierung (ab ca. 1970)

      Das Leitbild der Anpassung der Mitarbeiter an die Organisation kehrte sich um. In den Vordergrund traten Akkommodationskonzepte, in welchen es um die Anpassung der Organisation an die Mitarbeiter ging. Die Rahmenbedingungen der Organisation sollten nach den Belangen der Mitarbeitenden, die Unternehmensziele nach den Interessen der Menschen ausgerichtet werden. Ziel war die Umsetzung von Werten und die Entfaltung der Humanbedingungen. Die Personalentwicklung (PE) in dieser Phase „gründet in der Regel bereits auf einheitlichen Grundsätzen. Grundsätze, die die Bildungs- und Förderarbeit für das ganze Unternehmen verbindlich regeln, sind:

      • PE ist eine nicht delegierbare Managementaufgabe von hoher Priorität.

      • PE arbeitet bedarfsorientiert.

      • PE berücksichtigt die Entwicklungsbedürfnisse der Mitarbeiter.

      • PE erfolgt auf freiwilliger Basis.

      • PE ist eine Kooperationsaufgabe.“96

      Die Strategie war eine bessere Spezialisierung im Personalwesen und eine stärkere Mitarbeiterorientierung der Personalfunktionen. Es ging um Humanisierung, Partizipation und Ausbau qualitativer Funktionen wie Aus- und Weiterbildung „off the job“, also um eine Erweiterung des außerbetrieblichen Fort- und Weiterbildungswesens. Das Lern- und Entwicklungskonzept „off the job“ umfasste alle Maßnahmen, die in räumlicher, zeitlicher Distanz zur Position stattfanden wie z.B. externe Führungsseminare oder technische Anwendungsschulungen. In den Geschäftsleitungen gab es nun Personalressorts und Personalstäbe, die Gesprächspartner für die Arbeitnehmervertretungen darstellten. Um Personalentwicklung als einen Teil der Organisationsentwicklung professionell betreiben zu können, haben sich Rollendifferenzierungen ergeben, welche unterschiedliche Spezialisierungen im Kontext der verschiedenen Handlungsebenen der Personalentwicklung bezeichneten. Die arbeitsteilige Ausgestaltung führte zu unterschiedlichen Funktionen. Stellen wie eigene Personalreferenten, Stabsstellen in der Personalarbeit, Ausbildungsleitungen und eigene Abteilungen für Fort- und Weiterbildung wurden geschaffen.

      Neben konzeptionell und koordinierend zuständigen Personalentwicklern waren dies vor allem Trainer, internes Ausbildungspersonal, Dozenten für die betriebliche Weiterbildung, Coaches und Berater im Bereich der Führungskräftequalifizierung. Beratung stellte in den differenzierten Berufsrollen innerhalb der Personalentwicklung ein verbindendes Element dar. Personalmanagementfunktionen wurden in den Diözesen quantitativ und qualitativ ausgebaut, um kirchenspezifische Anliegen wir kooperative Führung, Zusammenarbeit aller Dienste und Berufsgruppen im Team voranzutreiben. Neben dem Anliegen der Beratung ging es um den Faktor „Lernen“ in umfassendem Sinn, sei dies als Führungskraft oder Mitarbeiter in einem diözesanen Subsystem oder im Sinne der organisationalen Kompetenzentwicklung. Personalbetreuung und kooperative Mitarbeiterführung waren nun Schlagworte, die Humanisierung von Arbeitsplätzen und Arbeitszeiten war angestrebt. Begriffe wie Personalentwicklung und Organisationsentwicklung beschreiben ein neues Denken.

       3.1.4 Ökonomisierung (ab ca. 1980)

      Nach der Phase der Humanisierung der Personalarbeit trat wieder der Aspekt der Wirtschaftlichkeit in den Vordergrund. Hintergrund waren starke Markt- und Kundenorientierung, Globalisierung und Entwicklung neuer Technologien. Leitbild war der Unternehmer, der sich für das Unternehmen und dessen Erfolg einsetzt.97 Das Ziel hieß Anpassung von Organisation und Personal an veränderte Rahmenbedingungen. Die Interessen des Personals sollten den Unternehmensbelangen untergeordnet und den betrieblichen Rahmenbedingungen angepasst werden. Die Strategie war sowohl Generalisierung wie Zentralisierung, es ging um Entbürokratisierung und um die Rationalisierung von Personalfunktionen.

      Durch gestiegenen Konkurrenzdruck im globalen Wettbewerb traten nun Aspekte wie Flexibilisierung der Arbeit, Rationalisierung des Entwicklungspotenzials bis hin zur Orientierung an Freisetzungspolitik in den Vordergrund. Ökonomische Überlegungen bekamen Vorrang. Nun wurde genau geprüft, ob sich innovative Lernformen wie kollegiale Beratung, Lerninseln und Qualitätszirkel auch wirtschaftlich lohnten, viele im Zuge der „Humanisierung“ entwickelten Instrumente des Lernens am Arbeitsplatz und Arbeitsstrukturen wie Teamarbeit wurden wieder zurückgefahren. Zertifizierungsprozesse in Bildungseinrichtungen, Erfolgskontrolle und Erfolgsdokumentation von Schulungsmaßnahmen waren neue Stichworte. Rentabilitätseinschätzungen sollten Art und Umfang entstandener Kosten mit Art und Umfang des gelernten Wissens und dem Ausmaß der sichtbaren Verhaltensänderung vergleichen. In den 80er