85. Joh. Diac., S. Gregorii M. vita, IV 48, Migne P. L. LXXV 230 f. Vgl. dazu; Gregor der Große, von Dr. von Bilguer. Berlin 1904, S. 15.
86. Ep. lib. IV 47, Migne P. L. LXXVII 721.
87. Ep. lib. VII 27, Migne P. L. LXXVII 882.
88. Ep. lib. VII 33, Migne P. L. LXXVII 892.
89. Ep. lib. IX 78, Migne P. L. LXXVII 1011.
90. Ep. lib. I 9, Migne P. L. LXXVII 456.
91. Ep. lib. I 36, Migne P. L. LXXVII 490 ff.
92. Ep. lib. IX 4, Migne P. L. LXXVII 942.
93. Ep. lib. X 68, Migne P. L. LXXVII 1118.
94. Siehe S. 30 f.
95. Ep. lib. VI 35, Migne P. L. LXXVII 825.
96. Ep. lib. X 45, Migne P. L. LXXVII 1102.
97. Ep. lib. XI 1 u. 2, Migne P. L. LXXVII 1117 ff.
98. Ep. lib. II 32, Migne P. L. LXXVII 571.
99. Joh. Diac., S. Gregorii M. vita II 13. Migne P. L. LXXV 92.
100.Lehmann Paul, Mittelalterliche Beinamen und Ehrentitel. Histor. Jahrbuch der Görresgesellschaft, 1929 (49. Band), S. 215 ff.
Einleitung zu den Dialogen
1. Veranlassung
Zum erstenmal begegnet uns die Idee dieses merkwürdigen Buches im Leben Gregors um die Wende des Jahres 592-593. Er schreibt nämlich an seinen Freund Maximian, Bischof von Syrakus: „Die Brüder, die bei mir sind, dringen auf alle mögliche Weise in mich, ich solle etwas über die Wunder, die von Vätern in Italien gewirkt wurden, schreiben. Dazu bedarf ich sehr Deiner Beihilfe. Teile mir, was Du davon in Erinnerung hast, oder was Du überhaupt erfahren kannst, kurz mit. Ich entsinne mich, daß Du mir einiges über den Abt Nonnosus, der bei Suppentonia in der Nähe des Abtes Anastasius lebte, erzählt hast. Ich habe das vergessen. Dies, und was Du sonst noch weißt, schreibe mir, bitte, recht bald, wenn Du nicht selbst zu mir kommen kannst.”1 Diese äußere Anregung zur Abfassung der Dialoge mag in der Seelenverfassung des Papstes, gerade in den ersten Jahren seiner Regierung, den lebhaftesten Widerhall gefunden haben. Denn er trug schwer an der Last des Hirtenamtes und sehnte sich oft nach der einsamen, ruhigen Beschaulichkeit seines Klosters zurück. Da war es ihm ein Labsal, sich mit den heiligen Männern, besonders mit den heiligen Männern Italiens, „seines Italiens”, das er in den Wirren der Zeit darniederliegen sah, zu unterhalten. Das Leben dieser Männer und die Wunder, die sie wirkten, waren ihm ein Trost, ein Grund, daß trotz aller Drangsal rings umher immer noch auf den Beistand des Allmächtigen zu hoffen sei.2
2. Zeit der Abfassung
Das Werk muß Ende 593 oder anfangs 594 fertig geworden sein. Denn aus den Dialogen selbst, I, Kap 7, III, Kap. 36, IV, Kap. 32, geht hervor, daß Bischof Maximian von Syrakus zur Zeit der Abfassung noch am Leben war. Im November 594 starb er, und Gregor mußte sich mit der Wahl eines Nachfolgers auf dem bischöflichen Stuhle von Syrakus befassen.3 Im 26. Kapitel des IV. Buches der Dialoge spricht Gregor von der großen Sterblichkeit, die Rom vor drei Jahren entvölkerte. Bedenken wir, daß die Pest eine Folge der Tiberüberschwemmung vom Jahre 589 war und daß sie über ein Jahr andauerte, so kommen wir gleichfalls in die Zeit von Ende 593 bis in den Anfang des Jahres 594 hinein.
3. Die Echtheit des Buches
Was die Echtheit der Dialoge betrifft, so können sie keinem anderen Autor als Papst Gregor I. zugeschrieben werden. Wie der Brief an Bischof Maximian spricht für die Urheberschaft Gregors auch der Umstand, daß mehrere Erzählungen sowohl in den Dialogen als auch in den Evangelien-Homilien vorkommen und daß Gregor in den Dialogen darauf hinweist. Literarisch wird die Autorschaft Gregors I. zuerst von Paterius, einem Vertrauten und Jünger Gregors, bezeugt. Er gab einen Auszug aus Gregors Schriften heraus und nahm darin mehr als zwanzig Stellen aus den Dialogen fast wörtlich auf. Taius von Saragossa, um 650, Ildefons von Toledo, gest. 667, Beda Venerabilis, Paulus Diakonus, Johannes Diakonus und das ganze Mittelalter kennen nur Gregor I. als Verfasser. Auch der Lehrinhalt der Dialoge stimmt mit dem der übrigen Schriften Gregors überein. Siehe dazu Näheres bei Migne P. L. LXXVII, 135. Auch der Stil ist gregorianisch, besonders in längeren Lehrabschnitten. Mitunter, besonders in den Erzählungen und kurzen Gesprächen nähert sich die Sprache mehr als sonst dem Vulgärlatein, eben weil Ereignisse aus dem Volke und von Leuten aus dem Volke erzählt werden. Man kann daraus erkennen, wie nahe Gregor dem Volke stand.
4. Die Form
Gregor wählte für seine Darstellung die Form des Dialoges. Sie war den Alten geläufig von den Dialogen der griechischen Philosophen her und nicht nur bei den griechischen, sondern auch bei den lateinischen Kirchenvätern beliebt; es seien nur genannt Chrysostomus De sacerdotio, Hieronymus Adversus Luciferianos und In Pelagianos, Augustinus De beata vita und De ordine, Sulpicius Severus zwei Dialoge zur vita des hl. Martinus, Der Dialog bietet durch Einreden und Fragen zwanglos Gelegenheit, um einzelne Gegenstände ausführlicher behandeln zu können, Digressionen einzuleiten und abzubrechen und um die Aufmerksamkeit der Leser stets wach zu halten. Gregor wählt zum fingierten Gesprächsgenossen seinen Diakon Petrus, der meist nur einfache Fragen stellt und durch seine Zwischenbemerkungen oft nur Übergänge bildet. Vielleicht ist Petrus, wie Dudden als sicher annimmt,4 der Repräsentant des Durchschnitts des damaligen Klerus mit seinen Bedenken und Fragen.
5. Inhalt und Zweck des Buches
Das wunderreiche Leben der ägyptischen und palästinensischen Mönche fand seine Erzähler in Rufinus, der zwischen 403 und 410 die lat. Vitae patrum verfaßte, und in Palladius, der 420 die Historia Lausiaca schrieb. Sulpicius Severus erzählte die Wundertaten des hl. Martinus in Gallien; sie wurden in den Klöstern vorgelesen5 und gingen in frommen Kreisen von Mund zu Mund. Dazu entstanden im ersten Viertel des 6. Jahrhunderts die Gesta Martyrum, die Gregor sicher nicht unbekannt blieben.6 Gregor nun wollte die Tugendbeispiele und Wundertaten von solchen heiligen Männern des 5. und 6. Jahrhunderts erzählen, die in Italien lebten und deren Ruf nur in einzelnen Klöstern, Städten und Gegenden, nicht aber im ganzen Lande bekannt war. Die Tugendbeispiele sollten die Leser zur Nachahmung aufmuntern, die Wunder aber sollten sie mit Vertrauen auf Gott erfüllen und unter all den Bedrängnissen der Zeit auf das Übernatürliche und Ewige hinweisen.
Aus dem Briefe an Maximian sehen wir, wie Gregor an die Sammlung des Stoffes heranging, und wir dürfen sicher annehmen, daß dies nicht der einzige derartige Brief war. Er ließ die heiligmäßigen Männer, von denen Wunderberichte im Umlauf waren, zu sich kommen, er ließ sich von anderen über Dinge berichten, die sie haben erzählen hören. Nie unterläßt Gregor beizufügen, daß die Väter einen heiligmäßigen, verehrungswürdigen Wandel führten, und nennt die Gewährsmänner, ebenfalls fromme, glaubwürdige Männer, wie Bischöfe, Äbte, Presbyter, Mönche, kirchliche und weltliche Beamte. Bei sechs Wundern war Gregor selbst Augenzeuge, III. Buch, Kap. 33 und 35; IV. Buch, Kap. 55.
So entstanden die vier Bücher der Dialoge. Das I. und III. erzählt in bunter Folge von verschiedenen heiligen Männern, das IV. beschäftigt sich mit dem Fortleben der Seele nach dem Tode und mit Visionen über bevorstehenden Tod oder über das Ableben verschiedener Personen. Das II. Buch ist ganz dem hl. Benediktus gewidmet. Mit besonderer Liebe und Sorgfalt trug Gregor diese Erzählungen zusammen und gestaltete sie so zur ersten Vita, zur ersten Biographie seines heiligen Ordensvaters, den er vor allen andern verehrte und nachahmte. Die Anschaulichkeit der Erzählung, aus der die warme Hingabe Gregors spricht, hat unzählige Künstler zu bildlichen Darstellungen veranlaßt, so daß wohl kaum ein Benediktinerkloster gefunden wird, in dem nicht Kirche oder Kreuzgang oder Refektorium an das II. Buch der Dialoge erinnern.
6. Die Wunderberichte