Slow down your life. Kai Romhardt. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Kai Romhardt
Издательство: Bookwire
Серия:
Жанр произведения: Сделай Сам
Год издания: 0
isbn: 9783942085359
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Slow down your life – ein Übungsbuch

      Vor acht Jahren erschien die erste Auflage von Slow down your life im Econ Verlag. Seither hat sich das individuelle und kollektive Tempo in fast allen Bereichen unserer Gesellschaft weiter verschärft. Psychosomatische Kliniken erleben einen traurigen Boom. Burn-Out und Depressionserkrankungen sind quer durch alle Gesellschaftschichten auf dem Vormarsch. Stress, Unzufriedenheit, Gefühle der Leere und Sinnlosigkeit wurzeln im Alltag vieler Menschen. Was sind die tieferen Ursachen dieser Entwicklung? Wir alle wollen glücklich sein und bemühen uns nach Kräften. Dennoch scheinen wir wesentliches zu verpassen. Wir können nicht wertschätzen, was wir bereits haben, und suchen das Glück in der Zukunft. Wir hetzen durchs Leben. Schon sprechen die ersten Beobachter vom kollektiven Burn-Out. Was können wir tun?

      •Stoppen und Innehalten.

      •Wieder zum Atem zurückkehren.

      •Das Grübeln über Zukunft und Vergangenheit beenden.

      Und uns der Gegenwart zuwenden, dem einzigen Ort, an dem unser Leben real stattfindet. Wie groß das Bedürfnis nach Innehalten, Achtsamkeit und einem vertieften Leben ist, erlebe ich täglich in meiner Arbeit als Managementtrainer, Lehrbeauftragter, Meditationslehrer und Begleiter von Menschen im Wandel. Und es ist für mich immer wieder ein Wunder zu sehen, wie einfache Achtsamkeitsübungen gestresste Unternehmer, Studenten, Ärzte, Sozialarbeiter und andere Menschen verwandeln können. Im frischen Kontakt mit uns selbst, werden einfache, aber häufig weitreichende Erkenntnisse geboren werden. »Ich lebe ja nur in der Zukunft!« »Ich bin satt und das nach der Hälfte meiner normalen Essportion« »Wie angespannt mein Körper ist, selbst beim SMS tippen!« »Wie schön es ist, entspannt zu gehen.« …

      Slow Down wirkt! Das ist meine Erfahrung aus über hundert Seminaren, Einzelcoachings und Vorträgen zum Thema. Wenn wir ein oder zwei Tage unter Anleitung oder Unterstützung durch eine Gruppe alle unsere Tätigkeiten in Achtsamkeit verrichten – vom Essen, über das Gehen bis hin zum Gang auf die Toilette –, können wir einen Zugang zu einem bewussteren, entspannteren, klareren und mitfühlenderen Leben gewinnen. Das ist ein Wunder, eine Medizin für uns und unsere rastlose Gesellschaft und die tiefste Motivation und Freude meiner Arbeit.

      Wenn wir innehalten, unsere wahren Bedürfnisse erkennen, Impulsdistanz kreieren, dann werden wir frei. Wir sehen neue Wege und gewinnen die Kraft und Entschlossenheit, uns aus destruktiven Gewohnheiten und Normalitäten zu befreien. Wir werden gnädiger mit uns selbst und anderen. Wenn wir uns auf den Weg der Achtsamkeit begeben, erkennen wir, wie wenig es zum Glück braucht und wie wir unsere Freude und Zufriedenheit täglich nähren können. Diesen Weg gehen wir nicht für uns allein. Glück ist keine individuelle Angelegenheit. Unser Glück und unsere Präsenz strahlen aus. Wir hetzen nicht mehr an unseren Kindern, Partnern und Kollegen vorbei. Kultivieren wir Gelassenheit und Bewusstheit, können wir auch anderen den Weg aus Rastlosigkeit und Unzufriedenheit weisen – unangestrengt und ohne zu missionieren.

      Ich danke der edition steinrich und insbesondere Ursula Richard, dass sie diesem kleinen Brevier zur Wiedergeburt verholfen hat und wünsche allen Lesern viel Freude an den Erkenntnissen und Übungen, die dieses Buch anbietet.

      Mit den besten Wünschen für jeden Schritt!

      Dr. Kai Romhardt, Berlin, im Frühjahr 2011

      Dieses Buch ist Ausdruck meines persönlichen Lernprozesses im Umgang mit Zeit, Geschwindigkeit und dem eigenen Lebenstempo. Es beruht nicht auf gesellschaftlichen Analysen und Statistiken oder abstrakten Konzepten, sondern es kommt aus der Mitte meiner persönlichen Erfahrungen.

      Bis zu meinem dreißigsten Geburtstag fand mein Leben weitgehend auf der Überholspur statt. Ich hatte zügig studiert und promoviert, Bestnoten gesammelt, einen Management-Bestseller geschrieben, eine Firma gegründet und begonnen, bei einer international führenden Unternehmensberatung zu arbeiten. Ich hatte mir einen gediegenen Weinkeller zugelegt und eine schicke Wohnung bezogen. Ich war ziemlich schnell unterwegs.

      Doch in meinen stilleren Momenten spürte ich tiefe Unruhe in meinem Körper und in meinem Geist. Meine Erfolge hatten mich nicht wirklich entspannt oder zufrieden gemacht. Ich war nicht im Frieden.

      Im Gegenteil, in meinem Leben war ständige Anspannung zu Hause. Freie Zeit nutzte ich, um weitere Projekte zu starten. Ich trank zu viel und lachte zu laut. Ich hatte das Gefühl, in einem Hochgeschwindigkeitszug zu sitzen, der in die falsche Richtung fährt.

      Doch ich sah keinen Weg, diese Situation zu verändern. Sie schien so normal zu sein. Meine Freunde, meine Kollegen und auch die Gesellschaft als Ganzes schienen genau diesen Weg zu beschreiten. Schneller, höher, weiter!

      Es war mein Körper, der als Erstes begriff, dass auch das Leben als hoch bezahlter Berater mich nicht glücklicher machte, sondern lediglich eine weitere Beschleunigungsstufe war. Zum Glück folgte ich den körperlichen Signalen des extremen Unwohlseins und kündigte meinen Job. Als der Druck der täglichen Arbeit vorbei war, hatte die Krise Raum, sich voll zu entfalten. Ich wurde krank wie nie zuvor. Dies war das erste große »STOPP!« meines Lebens. Ein unfreiwilliges Innehalten. Ein Abbremsen aller Systeme. Über ein halbes Jahr war ich nicht in der Lage, irgendetwas zu tun, was auch nur mit mittlerer Anstrengung verbunden gewesen wäre.

      Damals wusste ich nicht, dass diese Krise der Beginn meines Slowing-down-Weges sein sollte. Ich reduzierte meine materiellen Ansprüche und damit meinen finanziellen Druck und gewann so neue Freiräume. Ich studierte humanistische Psychologie, begann zu meditieren, zog mich zu Retreats in ein Kloster zurück, ergründete die psychologische Fachliteratur und machte persönliche Erfahrungen mit verschiedenen Therapieansätzen. Ich stellte meine Ernährung um und lernte, Körper und Geist zu entspannen. Mit der Ordination als Laie in einen buddhistischen Zen-Orden stellte ich mein Leben in einen größeren Zusammenhang und versprach mir selbst, eine Reihe ethischer Grundsätze in meinem Leben zu vertiefen.

      Auf meinem Weg hatte ich die Gelegenheit, unter der Anleitung des Meditationslehrers und Friedensaktivisten Thich Nhat Hanh vieles über die buddhistische Achtsamkeitspraxis zu lernen. Von den letzten fünf Jahren verbrachte ich zwei in seinem Meditationszentrum Plumvillage in Frankreich. Im Wechsel zwischen Klosterleben und Großstadtrealität lernte ich, anders mit Zeit und Geschwindigkeit umzugehen und durfte erfahren, wie sich mein Leben vertiefte.

      Vieles in diesem Buch ist von dieser Kunst des achtsamen Lebens im gegenwärtigen Moment inspiriert. Wir müssen keine Buddhisten sein oder werden, um Slowing down zu üben oder zu berühren. Die Erfahrungen und Anregungen in diesem Buch sind nicht an religiöse Weltanschauungen gebunden. Sie entspringen der ruhigen Beobachtung des Lebens und der Zeit.

      Dieses Buch sollte eigentlich in der Ruhe und Abgeschiedenheit eines kleinen Häuschens entstehen, das idyllisch am Waldrand vor sich hin träumt. So weit meine Wunschvorstellung. Doch das Leben hatte anderes im Sinn. So entstand das Buch inmitten einer sehr herausfordernden Zeit: am Rand von Berlin, und zwar einige Monate vor und einige Monate nach der Geburt unseres Sohnes Jonathan. Mitten im Leben, in einem Wirbel aus beruflicher Neuausrichtung, Dreimonatskoliken des Kleinen und Umzugsaktivitäten. Hätte ich nicht Slowing down praktiziert, dieses Buch hätte nicht entstehen können.

      Die Entstehungsgeschichte ist damit zugleich Ausdruck der Botschaft dieses Buches: sich auch unter schwierigen Rahmenbedingungen nicht fortreißen zu lassen, sondern so gut es eben geht die Ruhe zu bewahren und zum gegenwärtigen Moment zurückzukehren; sich nicht an Pläne oder Wunschvorstellungen zu klammern, sondern die Realität zu akzeptieren und das Beste aus den Rahmenbedingungen zu machen. Jeder Tag hat seine »Wickelpausen« und seine stillen Momente. Diese können wir kultivieren. Von den ruhigen Momenten ausgehend, können wir schrittweise Ruhe, Entspannung und Frieden in andere Bereiche unseres Lebens bringen. Rückfälle in alte Gewohnheiten sind dabei normal und wir sollten sie nicht zu schwer nehmen. Wir sind Menschen und keine Maschinen. Doch wenn wir Slowing down kennen und lieben lernen, dann werden wir innerhalb und außerhalb von uns auch die Unterstützung finden,