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vielen Fällen werden Teams mit Arbeitsgruppen verwechselt. Arbeitsgruppen bestehen aus Leuten, die zwar miteinander arbeiten, ihre Ziele aber unabhängig voneinander erreichen können – wie etwa Mitarbeitende eines Callcenters. Echte Teams zeichnen sich hingegen dadurch aus, dass sie ihre Vorhaben nur gemeinsam realisieren können. Solche Teams finden sich sowohl in der Entwicklung komplexer Produkte (von Software bis Flugzeugbau) als auch im Dienstleistungsbereich (von Jugendbetreuung bis Gesundheitsvorsorge). Damit diese Teams gut miteinander arbeiten können, braucht es einerseits klare Rahmenbedingungen und andererseits die Freiheit, sich innerhalb dieses Rahmens nach eigenem Ermessen zu organisieren. Eine gewisse Stabilität der Mission und der Zusammensetzung des Teams hilft enorm bei der Entwicklung der vorhandenen Potenziale.

      Den aktuellen Status des Teams kann man wiederum anhand folgender Kernfunktionen bestimmen:

       Wer gibt dem Team eine Richtung vor, indem er die unternehmerischen Ziele definiert, die es zu erfüllen gilt?

       Wer klärt den organisatorischen Kontext, in dem das Team agiert?

       Wer gestaltet die Arbeitsprozesse und überwacht den Arbeitsfortschritt?

       Wer führt die jeweilige Arbeit aus und erledigt sie vereinbarungsgemäß?

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       Abb. 1–1 Hackmans Autoritätsmatrix

      Hackmans Matrix verdeutlicht, dass die Welt nicht nur schwarz-weiß ist. Vielmehr gibt es ein Kontinuum von Fremd- und Selbstorganisation, das zweifellos auch anders geordnet werden könnte. Hackmans vier Varianten bieten dennoch einen konstruktiven Ansatzpunkt für eine produktive Unterscheidung in folgende Arten von Teams:

       Managergeführte Teams, in denen die Teammitglieder nur Autorität über die Aufgabenerledigung haben, während das Management sowohl die Ziele und Rahmenbedingungen vorgibt als auch die Arbeitsprozesse und -fortschritte kontrolliert. Aus meiner Sicht entspricht dies dem Modell hierarchischer Linienführung oder auch dem traditionellen Projektmanagement.

       Sich selbst führende Teams, die den Teammitgliedern die Verantwortung für die Ausführung und für die prozessuale Steuerung übertragen. Die meisten Scrum- und Kanban-Teams gehören in diese Kategorie.

       Sich selbst gestaltende Teams, die auch über ihre eigene Zusammensetzung und andere wesentliche Rahmenbedingungen bestimmen. Viele Teams in selbstorganisierten Unternehmen sind in dieser Position [Kaltenecker 2017].

       Autonome Teams, die für alle Funktionsbereiche verantwortlich sind – wie dies etwa bei Start-ups der Fall ist.

       1.1.1Gesetze der Selbstorganisation

      Trotz dieser strukturellen Unterschiede haben selbstorganisierte Teams einiges gemeinsam. Aus systemischer Sicht weisen sie charakteristische Eigenschaften auf [Heylighen 2001]. Sie folgen Strukturen, die aus lokaler Interaktion entstehen, und basieren auf verteilter statt zentralisierter Kontrolle. Diese Interaktion wird von positivem wie negativem Feedback geprägt. Dadurch können sich diese Systeme kontinuierlich an ihre Umwelt anpassen und sind dabei bemerkenswert widerstandsfähig.

       Was heißt hier systemisch?

      »Systeme kann man nicht küssen«, pointiert der deutsche Organisationstheoretiker Fritz B. Simon [Simon 1997, S. 14]. »Die Systemtheorie lässt sich auch nicht küssen«, spitzte eine Beratungskollegin zu, »sie lässt sich nicht einmal verstehen!« Die kollegiale Polemik ist nicht von der Hand zu weisen. Systemtheorie wirkt sperrig, akademisch, fern der konkreten Praxis. Dennoch halte ich sie für wertvoll, wenn es um ein angemessenes Verständnis selbstorganisierter Teams geht. Im Schnelldurchlauf definiert, sind diese Teams

       komplex, weil sie aus verschiedenen, vielfältig vernetzten und nicht kausal miteinander verbundenen Elementen bestehen;

       kontingent, weil jedes Unternehmen diese Elemente auf seine eigene Weise strukturiert, diese Strukturen aber auch ganz anders aussehen könnten;

       konfliktreich, weil es immer darum geht, bestimmte Möglichkeiten zu realisieren und andere zu vernachlässigen.

      Alle drei Begriffe ziehen sich, wie das Systemdenken insgesamt, als rote Fäden durch dieses Buch.

      Ausgehend von der Eigendynamik sozialer Systeme zeigt Heylighen, dass Selbstorganisation gleichsam der natürliche Weg ist, auf dem globale Ordnung entsteht. Sie entsteht nämlich durch die lokalen Interaktionen zwischen den einzelnen Elementen eines ursprünglich ungeordneten Systems. Deswegen muss Selbstorganisation als die Regel und nicht als die Ausnahme systemischen Verhaltens betrachtet werden [Heylighen 2001].

      Selbstorganisation ist ein Gesetz, das auf viele verschiedene Systeme anwendbar ist. Es gibt eine breite Palette von Beispielen aus der Neurowissenschaft, Physik oder Biologie:

       Das Gehirn mit all seinen verbundenen Neuronen, die ohne zentrale Kontrolle funktionieren.

       Pflanzen wie etwa Espenhaine, die größten lebenden Organismen der Welt, bei denen alle Bäume über Quadratkilometer hinweg miteinander verwurzelt sind.

       Vogelschwärme, Schafherden oder Wildpferde, die sich so synchron bewegen, als wären sie ein einziges Tier.

       Ameisen, die aus scheinbar zufälligen Bewegungen ein raffiniertes System der Futtersuche entwickeln.

      Welche Schlüsse können wir aus diesen Beispielen ziehen? Wie lässt sich das Verhältnis von Chaos und Ordnung in die Geschäftswelt übersetzen? Und was bedeuten die Systemgesetze für selbstorganisierte Teams?

      Zuallererst erinnern uns diese Gesetze daran, dass selbstorganisierte Teams nicht über Nacht entstehen. So wie das Gehirn oder die Pflanzenwelt brauchen sie Zeit, um sich zu entwickeln. Weder ist Selbstorganisation etwas, das einmal passiert und dann gewissermaßen fertig ist, noch verbleibt ein Team auf ewig im selben Status. Tatsächlich ist der Selbstorganisationsprozess niemals abgeschlossen. Teams müssen sich in Reaktion auf veränderte Anforderungen wiederholt neu aufstellen. Sie müssen rasch auf gewandelte Kontexte reagieren und ihre Agilität laufend unter Beweis stellen.

       Selbstversorgung im Tierreich

      Ameisen beeindrucken nicht nur durch ihre spektakulären Bauten, sondern auch durch ihr Komplexitätsmanagement. Eine einzelne Ameise mag ja nicht besonders schlau sein. Im Kollektiv legen Ameisen jedoch eine beeindruckende Intelligenz an den Tag – wie das System ihrer Futtersuche eindrucksvoll unter Beweis stellt. Gemeinsam spüren sie nämlich in kürzester Zeit neue Nahrungsquellen auf und wissen auch, wie sie ihre Beute auf schnellstem Weg in den Bau bringen.

      Wie schaffen das die Ameisen? Sie schaffen es durch die Fähigkeit, in selbstorganisierter Form Ordnung aus dem Chaos zu kreieren. Zunächst durchstreifen Späherameisen völlig ungerichtet die Gegend rund um die Kolonie. Bleibt ihre Suche erfolglos, kehren sie unverrichteter Dinge ins Nest zurück. Wenn sie jedoch auf eine mögliche Futterquelle stoßen, dann nehmen sie ein kleines Stück der Nahrung mit und hinterlassen dabei mittels eines speziellen Pheromons eine schwache Duftspur. Auf diese Weise kommt dann allmählich Ordnung ins Chaos. Obwohl zunächst noch viele Ameisen herumirren, konzentrieren sich nach und nach immer mehr Duftstoffe auf den kürzesten Weg zum Futter – und führen eine rasch wachsende Anzahl an Ameisen an die richtige Stelle [Der Standard 2014].

      Selbstorganisation spielt jedoch nicht allein auf Teamebene eine Rolle. Darüber hinaus muss sich auch jedes einzelne Teammitglied selbst so organisieren, dass