wäre allen geholfen“
(Marie von Ebner-Eschenbach)
Zum Nachdenken: „Wir sollten alle hilfsbereit sein, aber aufpassen, dass dabei niemand zu Schaden kommt.“* Im Einzelfall trifft Hilfe auf unterschiedliche Personen: „Dem Hungrigen ist leichter geholfen als dem Übersättigten“ (M. von Ebner-Eschenbach). Im Rahmen der Entwicklungsländer ist vielen Hungernden weniger leicht zu helfen. Das ist ein ganz schwieriges Thema! Auch sollte man nicht immer nur Hilfe von außen erwarten: „Hilf dir selbst, dann hilft dir Gott“ (Deutsches Sprichwort). Und zum Schluss das sehr wahre Wort: „Wer seine Ohren verstopft vor den Schreien des Armen, der wird selbst nicht erhört werden, wenn er um Hilfe ruft“ (Bibel: Sprüche Salomos 21.13).
2.4.9 Barmherzigkeit
Die Barmherzigkeit ist die Tugend, das Leid anderer Menschen gewahr zu werden und sich seiner durch Hilfe anzunehmen. „Barmherzigkeit ist damit die Quelle der sozialen Gerechtigkeit.“ Deshalb gilt: „Gnade ist die Stütze der Gerechtigkeit“ (aus Russland). In den Religionen hat die Barmherzigkeit einen hohen Stellenwert. Im Christentum und Judentum ist sie eine herausragende Eigenschaft Gottes (z. B. 2. Mose 34, 6). Aus Barmherzigkeit rettet Gott die Menschen aus ihrer Verstrickung in ihre Schuld. Die von Gott erfahrene Barmherzigkeit wird für gläubige Menschen zur Motivation und steht in enger Verbindung zu Nächstenliebe, Menschenliebe, Hilfsbereitschaft und Humanität: „Selig sind die Barmherzigen, den sie werden Barmherzigkeit erlangen“ (Matthäus 5,7).
► Wie zeigt sich Barmherzigkeit in der Praxis? „Wohl dem, der sich des Schwachen annimmt“ (Bibel: Psalm 41, 2). Für Thomas von Aquin hat die Barmherzigkeit einen besonders hohen Stellenwert: „An sich ist die Barmherzigkeit die größte der Tugenden.“ Und: „Barmherzigkeit beginnt im eigenen Haus – aber sie sollte dort nicht enden“ (Sprichwort). Interessant ist: „Großherzigkeit ist der Klugheit keine Rechenschaft über Motive schuldig“ (L. de. Vauvenargues). Die Barmherzigkeit hat Folgen: „Wer andere in Not aufrichtet, richtet sich selber auf“ (unbekannt). Auch: „Selig, die barmherzig sind, denn sie werden Erbarmen finden“ (Bibel: Matthäus 5,7). Und: „Gott wird sich niemandem erbarmen, der sich der Menschen nicht erbarmt“ (Mohammed). Auch der heutige Papst äußert sich treffend dazu: „Die Barmherzigkeit Gottes kommt von oben. Es ist an uns, als Amtsinhaber der Kirche, diese Botschaft lebendig zu halten …“ (Papst Franziskus).
► Die Barmherzigkeit wird aber auch kritisch gesehen: „Barmherzigkeit ist eine überholte und eine unzeitgemäße Tugend“ (unbekannt). Typisch: „Wahrlich, ich mag sie nicht, die Barmherzigen, die selig sind in ihrem Mitleiden. Zu sehr gebricht es ihnen an Scham“(F.W. Nietzsche). Mancher hat Probleme damit: „Das Tor der Barmherzigkeit ist schwer zu öffnen und schwer zu schließen“ (aus China). Und: „Man erlaubt gern der Wohltätigkeit eine wunderliche Außenseite“ (J.W. von Goethe). Alles ist relativ: „Barmherzigkeit gegen die Wölfe ist Unrecht gegen die Schafe“ (aus Holland). Noch schlimmer: „Wenn Gnade Mörder schont, verübt sie Mord“ (W. Shakespeare). Barmherzigkeit hat Folgen: „Mitleid und Erbarmen verderben das Geschäft“ (aus Indien). Auch: „Eine allzu reichliche Gabe lockt Bettler herbei, ohne sie abzufertigen“ (J.W. von Goethe). Zu Ende gedacht: „Wird der Reiche wahrhaft barmherzig, so hört er bald auf, reich zu sein“ (L. Tolstoi).
► Was lernen wir daraus? Die Barmherzigkeit ist keinesfalls eine unzeitgemäße oder überholte Tugend.146 Als Schlüssel zum Leben ist sie in unserer Gesellschaft allerdings ein sträflich vernachlässigtes Thema.147 Wir stellen zumindest für die Christenwelt fest: „Wer andern gegenüber nicht hilfreich ist, der kann nicht sein ein guter Christ.“* In dem Apostolischen Schreiben vom 26. 11. 2013 weist Papst Franziskus insbesondere auf die Bedeutung der Barmherzigkeit hin.
Die sieben leiblichen Werte der Barmherzigkeit sind: Die Hungrigen speisen, den Dürstenden zu trinken geben, die Nackten bekleiden, die Fremden aufnehmen, die Kranken besuchen, die Gefangenen besuchen und die Toten begraben. Die sieben geistigen Werke sind: die Unwissenden lehren, den Zweifelnden recht raten, die Betrübten trösten, die Sünder zurechtweisen und die Lästigen geduldig ertragen. Denen, die uns beleidigen, gerne verzeihen, für die Lebenden und die Toten beten. Ist das alles für uns Menschen zu hoch gegriffen und nicht erfüllbar? Tun wir selbst genug für andere Menschen?
„Wir sprechen zwar ernsthaft über Barmherzigkeit,
aber wir tun in unserer Bequemlichkeit zu wenig“
(Horst-Joachim Rahn)
Alle gläubigen Menschen sind zur Barmherzigkeit verpflichtet: „Liebe, Almosen, Hingabe und Geduld sind die vier Dinge, die aus einem Menschen einen Heiligen machen“ (aus Italien). So weit gehe ich allerdings nicht. Aber: „Almosen geben macht nicht arm, Stehlen nicht reich und Reichtum nicht weise“ (aus England). „Da die Barmherzigkeit eine Eigenschaft Gottes ist, ist sie in ihrer Gesamtheit für uns Menschen wohl niemals erreichbar.“*
2. 4. 10 Hoffnung
Die Hoffnung ist die Erwartungshaltung des Menschen, dass in der Zukunft etwas Wünschenswertes eintritt, ohne dass bei ihm darüber Gewissheit besteht. Es kann das Hoffen auf ein bestimmtes Ereignis oder auf einen Zustand sein, z. B. Gesundheit oder finanzielle Sicherheit. Die Hoffnung kann von Angst und Sorge begleitet sein, dass das Erwünschte nicht eintritt. In der Theologie ist die Hoffnung außer dem Glauben und der Liebe eine der drei Kardinaltugenden. Dabei ist Gott selbst die Quelle und Grundlage der christlichen Hoffnung. Wenn ausgedrückt werden soll, dass die Hoffnung nicht berechtigt ist, dann wird von der Illusion oder einem Wunschtraum gesprochen. Ihr Gegenteil ist die Verzweiflung, Hoffnungslosigkeit bzw. Resignation. Hoffnung ist auch ein philosophisches Prinzip.148 Was ist Hoffnung?
▪ „Die Hoffnung ist eine Anleihe auf das Glück“ (J. Joubert).
▪ „Hoffnung ist die Verquickung von Wunsch und Erwartung“ (A. Bierce).
▪ „Hoffnung ist eine Flamme, die ständig flackert, aber nie erlischt“ (aus Ungarn).
Und zum Schluss: „Hoffnungen sind die Wünsche an die Zukunft“ (P.O. Pirron). Das Gegenteil ist ein Leben ohne Hoffnung: „Hoffnungslosigkeit ist schon die vorweggenommene Niederlage“ (K. Jaspers).
► Pro-Argumente zur Hoffnung: „Hoffnungen sind Schwerkräfte, die uns nach oben ziehen“ (E. Ferstl). B. Stramke sagt es so: „Die Hoffnung ist das Ausbringen von Saat auf kargem Boden.“ Insbesondere gilt: „Die Hoffnung stirbt zuletzt“ (Sprichwort). Wir sollten die Hoffnung nie zu schnell aufgeben: „Die Hoffnung stirbt erst, wenn man sie aufgibt“ (J. Weger). Vor allem gilt grundsätzlich: „Der Lebende soll hoffen“ (J.W. von Goethe). Denn: „Hoffnung ist der Anker der Welt“ (Weisheit der Bantu). Hoffnung bezieht sich vor allem auf die Zukunft: „Hoffnung auf einen kommenden, besseren Tag lässt Unglück leichter ertragen“ (B. Ramlow). Denn: „Was wäre ein Leben ohne Hoffnung“ (J.C.F. Hölderlin). Es gibt auch heute noch Menschen, die sich für das Schicksal interessieren und anderen Hoffnung machen: „Die größten Menschen sind jene, die anderen Hoffnung geben können“ (J. Jaurès). Zwei kluge Köpfe äußern sich ebenfalls dazu: „Wer nichts waget, der darf nichts hoffen (F. von Schiller). Und zum Schluss: „Die Hoffnung hilft uns leben“ (J.W. von Goethe).
► Dazu gibt es contra-Argumente: Wenn die Hoffnungen nicht immer erfüllt werden, gibt es negative Folgen: „Hoffnung ist der erste Schritt auf der Straße der Enttäuschung“ (Sprichwort). Und: „Hoffnung macht mehr Betrogene als Schlauheit“ (Vauvenargues). Im schlimmsten Falle gilt: „Hoffnung ist das Winseln um Gnade“ (H. Krausser). Sie kann uns auch in die Irre führen: „Hoffnung macht blind“ (St. Radulian). Oder: „Hoffnung ist der