► Der Genießer Oscar Wilde kontert: „Mäßigung ist eine verhängnisvolle Sache. Nichts ist so erfolgreich wie der Exzess.“ Auch gilt: „Gelegentliche Ausschweifungen wirken anregend. Sie verhüten, dass Mäßigkeit zur Gewohnheit abstumpft“ (W.S. Maugham). Wir wissen alle: „Im praktischen Leben kommt man leider mit Mäßigung oft nicht weiter:“* „Lauten Forderungen wird leider öfter entsprochen als stillen Bitten“ (H. Lahm). Und: „Durch ständiges Nehmen vergisst man oft das Geben“ (H. Joost). Mancher muss sich erst übergeben, bevor er begreift, was Mäßigkeit bedeutet: „Wer sich den Magen verdorben hat, lobt die Mäßigkeit“ (H. Mardach). Oder: „Abstinenz ist leichter als Mäßigung“ (E. Balser). Auch: „Es ist leichter, einer Begierde ganz zu entsagen, als in ihr Maß zu halten“ (F.W. Nietzsche). Zum Nachdenken: „Wo Mäßigung ein Fehler ist, ist Gleichgültigkeit ein Verbrechen“ (G.C. Lichtenberg).
► Was sagen uns die Erkenntnisse aus obigen Thesen und Antithesen? „Zu große Mäßigung führt zu schmerzlichen Entbehrungen und unmäßiges Verhalten kann Krankheiten mit sich bringen.“* Deshalb gilt es, das richtige Maß des Verhaltens zu finden. „Maßvoll“ heißt nicht, „bis das Maß voll ist“ (P. Cerwenka). „Trotzdem muss man im Leben ab und zu „ausflippen“ und richtig genießen, ohne dass es in Völlerei ausartet.“* In den meisten Fällen des Übermaßes ist Mäßigung oder sogar Enthaltsamkeit angebracht, mit Ausnahme der Liebe: „Wahre Liebe kennt kein Maß“ (S. Properz). Oder ähnlich: „Das Maß der Liebe ist zu lieben ohne Maß“ (Aurelius Augustinus). Es besteht auch Bezug zur Gesundheit: „Heiterkeit, körperliche Bewegung und Mäßigkeit sind die besten Ärzte“ (F.M. Grimm). Das Prinzip der Mäßigung gilt für groß und klein. Allerdings: „Die Mäßigung der Großen mäßigt nichts als ihre Laster“ (L. de Vauvenargues). Zum Schluss der Rat: „Vergesset nie, dass ohne Mäßigung auch die natürlichsten Begierden zu Quellen des Schmerzes, durch Übermaß die reinste Wollust zu einem Gifte wird, das den Keim eures künftigen Vergnügens zernagt“ (C.M. Wieland).
2.4.4 Dankbarkeit
Dankbarkeit ist eine Tugend bzw. eine Haltung des Menschen in Anerkennung einer erhaltenen positiven Zuwendung. Sie zeigt sich im Dank als der wohlwollenden Erwiderung von empfangener Hilfe oder von anderen Leistungen. Dankbare Menschen fühlen sich subjektiv gesehen besser und sind zufriedener mit ihrem Leben. Dankbarkeit kann sogar glücklich machen132 und hat somit durchaus etwas Mächtiges.133 Die Dankbarkeit setzt voraus, dass der Nehmer einer Wohltat etwas bekommt, was er nicht fordern kann. Von Dank ist das Wort „danke“ abgeleitet. Das Gegenteil von Dank ist der Undank als das Fehlen von Dankbarkeit. Wir wissen aus der Praxis: Viele Menschen sind dankbar, andere leider nicht!
► „Dank und Liebe sind die größten Mächte der Welt“ (F. von Bodelschwingh). Was ist die größte Kraft des Lebens? „Die größte Kraft des Lebens ist der Dank“ (H. von Bezzel). Der deutsche Arzt A. Schweitzer hat im Leben viel Gutes getan. Er postuliert: „Vergiss den Anfang nicht, den Dank. Verschiebe die Dankbarkeit nie.“ Außerdem: „Du sollst dankbar sein für das Geringste, und du wirst würdig sein, Größeres zu empfangen“ (T. von Kempen). Hinzu kommt der Rat, im Leben nicht alles als selbstverständlich zu nehmen: „Gedenke der Quelle, wenn du trinkst“ (aus China). Mit dem Herzen ausgedrückt: „Das Gedächtnis des Herzens heißt Dankbarkeit“ (P. Bosmans). „Dankbare Menschen sind wie fruchtbare Felder, sie geben das Empfangene zehnmal zurück“ (A. von Kotzebue). Und ebenfalls treffend: „Dankbarkeit und Weizen gedeihen nur auf gutem Boden“ (Sprichwort). Zum Schluss die These: „Wir sind für nichts so dankbar, wie für Dankbarkeit“ (M. von Ebner-Eschenbach).
► Leider sind nicht alle Menschen dankbar: „Sie bitten zwar inständig, wenn sie aber ihr Ziel erreicht haben, reagieren sie falsch.“* „Die Bitte ist immer heiß, der Dank kalt“ (Sprichwort). Manche Menschen reagieren unverschämt: „Wenn man einem den Finger bietet, nimmt er gleich die ganze Hand“ (Sprichwort). Und vor allem ist weit verbreitet: „Undank ist der Welt Lohn“ (Sprichwort). Anderen Menschen ist Dankbarkeit sogar lästig: „Die Dankbarkeit ist eine Last, und jede Last will abgeschüttelt sein“ (D. Diderot). Manche kommen zu einem ganz anderen Ergebnis: „Die Dankbarkeit der meisten Menschen ist nichts als eine geheime Begierde nach größeren Wohltaten“ (La Rochefoucauld). Es kommt auch auf das Ausmaß der zugrunde liegenden Tat an: „Wer für alles gleich Dank begehrt, der ist selten des Dankes wert“ (J. Trojan). Interessant ist auch der Standpunkt von Ewald v. Kleist: „Wer sich viel über Undankbarkeit beschwert, ist ein Taugenichts, der niemals aus Menschlichkeit, sondern aus Eigennutz andern gedient hat.“ Jetzt wird es deftig: „Wenn die Sonne auf einen Misthaufen scheint, so antwortet er mit Gestank“ (Sprichwort). Und mit Bezug zum Tier: „Wenn die Sau satt ist, stößt sie den Trog um“ (aus Holland). So kommen wir zu dem unbefriedigenden Ergebnis: „Dankbarkeit ist in den Himmel gestiegen und hat die Leiter mitgenommen“ (aus Polen).
► Fazit: „Wer heute für seine guten Taten Dank erwartet, wird leider oft enttäuscht.“* Der Textdichter Lothar Peppel stellt erstaunt fest: „Waren das noch Zeiten, als man den kleinen Finger reichte, und sie einem nur die ganze Hand nahmen.“ „Undank und Unverschämtheiten sind leider heute weit verbreitet. Aber das sollte uns nicht abhalten, auch ohne Dank weiterhin Gutes zu tun.“* Der Journalist Walter Ludin sagte einmal: „Der schönste Dank ist jener, der aus lauter Freude vergessen wird.“ Oder die Meinung von W. Schlichting: „Rechne nie auf Dank und du wirst zuweilen angenehm überrascht sein.“ Ganz anders hat sich Shakespeare in seinem Werk „Was ihr wollt”. (Viola) geäußert: „Ich hasse Undank mehr in einem Menschen als Lügen, Hoffahrt, laute Trunkenheit, als jedes Laster, dessen starkes Gift das schwache Blut bewohnt.“ Ähnlich auch der Ausspruch:
„Ich hasse jeden, dessen Dankbarkeit erlischt“
(Euripides)
Und der Heilpraktiker E. Blanck stellt fest: „Ich erwarte keinen Dank mehr, nur weniger Undank.“ In der Erziehung sollte dem Phänomen des Dankens wieder mehr verpflichtende Beachtung geschenkt werden: „Heute gewinnt man vielfach den Eindruck, als wenn alles selbstverständlich sei und vor allem bei noch jungen Menschen mitunter die Wahrnehmung der Rechte gegenüber den Pflichten dominiere.“* „Wir danken zu wenig und fordern zu viel“ (S. Wittlin). Dennoch: Wir gläubigen Menschen stehen zur zur Dankbarkeit: „Das Gefühl für Dank und Liebe ist die Quelle des Glaubens“ (Pestalozzi).
2.4.5 Vertrauen
Das Vertrauen134 ist die subjektive Überzeugung von der Richtigkeit bzw. Redlichkeit von Personen, von Handlungen anderer Menschen oder auch von sich selbst. Es basiert auf einer Vertrauensgrundlage (z. B. die Vertrauenswürdigkeit eines Freundes oder das gegenseitige Vertrauen der Partner in der Ehe) und ist eine durch Erfahrung bekräftigte Hoffnung auf Erfüllung von erwünschten Gegebenheiten. Es ist ein elementarer Tatbestand des sozialen Lebens.135 C.F. Hebbel äußerte sich dazu so: „Vertrauen ist die größte Selbstaufopferung.“ Dabei wird das Zutrauen in die eigenen Fähigkeiten als Selbstvertrauen136 bzw. als Selbstwertgefühl137 bezeichnet. Das Gegenteil von Vertrauen ist Misstrauen. M. Gandhi war ein guter Mensch und kommt zu den Ergebnis: „Misstrauen ist ein Zeichen von Schwäche.“ Ist das wirklich so?
► Ein deutsches Sprichwort verdeutlicht: „Vertrauen strahlt Zuversicht und Güte aus.“ Und es galt immer: „Vertraue dem, der dir vertraut ist“ (V. Frank). Obwohl das auch Grenzen hat, wie es Missbrauch mancher Kinder bestätigt. Deshalb sollte man Kinder auf solche Gefahren hinweisen und sie vor zu viel Zutrauen warnen. Wenn die Menschen erwachsen werden, sollte sie aber ihr Leben nicht auf der Basis von Misstrauen verwirklichen. Trotzdem sollte kein Mensch unvorsichtig sein. Für die Liebe gelten sowieso ganz andere Gesetzmäßigkeiten. Grundsätzlich gilt für wachsende Partnerschaften: „Ohne Vertrauen kann die