Beutewelt VI. Friedensdämmerung. Alexander Merow. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Alexander Merow
Издательство: Автор
Серия:
Жанр произведения: Короткие любовные романы
Год издания: 0
isbn: 9783957444011
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seinen Gast zu.

      „Stillgestanden!“, donnerte eine Stimme hinter dem Trupp Waräger gen Himmel und die edel uniformierten Soldaten standen stramm.

      Auch Frank fügte sich murrend dem Befehl, ließ das befremdliche Szenario an sich vorbeiziehen. Jetzt standen Artur Tschistokjow und das Oberhaupt des Weltverbundes voreinander und schenkten sich gegenseitig ein skeptisches Lächeln.

      „Willkommen in St. Petersburg!“, sagte Tschistokjow schließlich. Er schüttelte seinem Gast die Hand und verneigte sich höflich.

      „Vielen Dank, Herr Tschistokjow! Es ist mir eine Ehre, Sie endlich einmal persönlich kennenlernen zu dürfen!“, erwiderte der Weltpräsident und die beiden Politiker drehten sich leicht zur Seite, um in zahllose Kameras zu grinsen.

      Der Weltpräsident und Artur Tschistokjow unterhielten sich nun schon seit über einer Stunde, nachdem sie zuvor den üblichen Smalltalk ausgetauscht hatten. Der Vorsitzende des Weltverbundes bemühte sich, überaus freundlich und zuvorkommend zu erscheinen, um seinen Verhandlungspartner nicht zu beunruhigen. Sein russischer Gastgeber hingegen wirkte heute keineswegs so, als sei er in Höchstform, und überließ ihm zunächst das Reden.

      „Wie haben Sie es geschafft, Ihre Freiheitsbewegung der Rus buchstäblich aus dem Nichts aufzubauen, Herr Tschistokjow? Bei all dem Widerstand, dem Sie sich entgegenstellen mussten?“, fragte der Logenbruder.

      „Nun, ich war der festen Überzeugung, dass man sich gegen Leute wie Sie wehren muss!“, gab Artur Tschistokjow mit einem breiten Lächeln zurück.

      „Ach, Herr Tschistokjow, ich hoffe, dass es in Zukunft weniger Reibereien zwischen der Weltregierung und dem Nationenbund geben wird. Wir werden sicherlich keine Freunde werden, aber wir müssen uns auch nicht mehr mit Hass und Feindschaft gegenüberstehen …“, erwiderte der Weltpräsident.

      „Dann sorgen Sie doch bitte dafür, dass die ständige Hetze und Verleumdung gegen mein Land und meine Person in den internationalen Medien eingestellt wird“, sagte der abtrünnige Staatschef ernst.

      „Darüber können wir sicherlich sprechen, Herr Tschistokjow.“

      „Das wäre jedenfalls eine Grundlage für weitere Gespräche, Herr Weltpräsident.“

      Artur Tschistokjows Gegenüber musterte diesen mit einem aufgesetzten Lächeln. Er faltete langsam die Hände.

      „Gut, darauf kann sich der Weltverbund einlassen …“

      „Ich werde ja sehen, ob Sie Wort halten.“

      „Ja, natürlich werden Sie das, Herr Tschistokjow. Und ich will ehrlich zu Ihnen sein: Die Weltregierung möchte keinen Krieg mit Russland, da wir andere Probleme haben. Daher wollen wir mit dem Nationenbund verhandeln.“

      „Die ODV-Seuche und die Zwangsregistrierungen binden Ihre Kräfte zurzeit sehr, nicht wahr?“, stichelte Tschistokjow nun.

      „Die ODV-Epidemie ist nun leider einmal ausgebrochen, was uns alle sehr schockiert, und größere GCF-Kontingente sind notwendig, um für über zwei Milliarden Menschen die öffentliche Ordnung aufrecht zu erhalten.“

      „Naja, aber die Dezimierung der Erdbevölkerung hat ja auch etwas Gutes, oder nicht?“, bemerkte der russische Souverän.

      Kopfschüttelnd winkte der Weltpräsident ab. Dann lächelte er kalt. „Vermeiden Sie doch bitte diese versteckten Anschuldigungen uns gegenüber. Das sind alberne Verschwörungstheorien, Herr Tschistokjow. Gut, ich weiß, Sie glauben, dass wir diese Seuche künstlich erschaffen haben, aber über derart absurde Dinge möchte ich heute nicht mit Ihnen sprechen, denn das gehört nicht zum Thema. Zudem bitte ich Sie, wenn wir schon einmal bei dieser Sache angelangt sind, solche Vorwürfe gegen den Weltverbund auch nicht mehr in den russischen Medien zu verbreiten.“

      Artur Tschistokjow nickte. „Wie Sie meinen, dann schrauben wir die gegenseitige Diffamierung zurück. Das wäre mir auch sehr recht.“

      Das zweithöchste Mitglied des Rates der Weisen und das offizielle Oberhaupt der Weltregierung schenkte seinem Verhandlungspartner einen Blick von mephistophelischer Fröhlichkeit, um dann zu bemerken: „Ich bewundere Sie, Herr Tschistokjow. Ihre Hartnäckigkeit und Ihre Entschlossenheit stehen der unseren in nichts nach. Wenn ich nicht auf der anderen Seite kämpfen würde, wäre ich vielleicht ihr treuester Anhänger …“

      Der russische Staatschef räusperte sich und sagte für einige Sekunden nichts, aber man merkte ihm an, dass er sich geschmeichelt fühlte.

      „Ich denke, dass ich auch ohne Sie auskomme!“, erwiderte er dann mit freundlicher Miene.

      „Wie wollen wir denn nun weiter vorgehen? Was soll ich dem Weltverbund sagen? Will der Nationenbund der Rus den Frieden oder nicht?“, wollte der Weltpräsident wissen.

      „Ja, definitiv. Ich lege keinen Wert mehr auf Krieg, wenn Sie uns nur endlich in Ruhe so leben lassen, wie wir es wünschen“, gab Artur Tschistokjow zurück.

      „Wie Sie und Ihre Mitstreiter es wünschen!“, berichtigte ihn sein Gegenüber mit ironischem Unterton. „Ich glaube kaum, dass alle Russen, Ukrainer und Balten mit ihrer Diktatur einverstanden sind.“

      „Und ich glaube, dass der Anteil der Russen, die mir freundlich gegenüber stehen, um einiges größer ist, als der Anteil derer, die in den von Ihnen …“

      „Ich wollte Ihnen nicht zu nahe treten, Herr Tschistokjow!“, unterbrach ihn sein Gast dezent.

      „Schon gut, Herr Weltpräsident!“

      Jetzt lehnte sich der Logenbruder ein wenig über den Konferenztisch und sah Artur Tschistokjow tief in die Augen. „Wird das neue Russland offen sein für Handelsbeziehungen mit dem Weltverbund?“

      Der russische Souverän überlegte kurz. Dann zuckte er mit den Achseln. „Das kann ich an dieser Stelle noch nicht sagen. Wie sollen diese Handelsbeziehungen denn aussehen, Herr Weltpräsident? Bisher haben Sie uns immerhin mit allen Mitteln boykottiert und isoliert.“

      „Das könnte sich ändern“, säuselte dieser.

      „Und was erwarten Sie von mir? Soll ich Ihre Banken wieder in mein Land lassen? Wollen Sie mir Kredite anbieten? Das können Sie vergessen!“, stellte Artur Tschistokjow klar.

      „Nein, aber eine wirtschaftliche Öffnung könnte der gebeutelten Ökonomie Russlands einige Vorteile bringen.“

      „Unserer Wirtschaft geht es gut und wir werden, von Japan abgesehen, von keinen anderen Handelspartnern abhängig sein. Aber es bewegt mich, dass Sie sich solche Sorgen um unser Wohlergehen machen, Herr Weltpräsident.“

      „Überlegen Sie es sich einfach in Ruhe. Unser Angebot steht. Die Weltregierung will Frieden und offene Handelsbeziehungen, das kann ich Ihnen jedenfalls versichern.“

      „Gut, ich werde darüber nachdenken“, versicherte der russische Staatschef.

      Sein Gesprächspartner nickte zufrieden und erklärte diese erste Verhandlung für abgeschlossen. Die beiden Politiker beendeten ihre interne Sitzung, verließen den kleinen Konferenzraum im Präsidentenpalast, um sich anschließend den vor der Tür lauernden Schwärmen von Journalisten und Kamerateams zu widmen. Das erste Friedengespräch zwischen Artur Tschistokjow und dem Weltpräsidenten war vorbei. Nun wartete noch eine lange Pressekonferenz auf die beiden Politiker.

      „Meilenstein auf dem Weg zum Weltfrieden!“, titelte am nächsten Tag die größte Zeitung Nordamerikas, während die Volkszeitung der Rus das hochbrisante Gespräch in St. Petersburg mit der Schlagzeile „Artur Tschistokjow kämpft für den Frieden!“ kommentierte.

      Es folgten unzählige Fernsehberichte und Reportagen auf sämtlichen Kanälen quer durch alle Länder des Erdballs und beide Seiten waren bemüht, sich als die jeweils größten Friedensapostel zu präsentieren.

      Es war jedenfalls eine Tatsache, dass Artur Tschistokjow das unerwartete Angebot des Weltverbundes in erster Linie mit seiner eigenen politischen Macht erklärte und verkündete, dass die Logenbrüder