Beutewelt VI. Friedensdämmerung. Alexander Merow. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Alexander Merow
Издательство: Автор
Серия:
Жанр произведения: Короткие любовные романы
Год издания: 0
isbn: 9783957444011
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Knirps musste sich noch ein wenig gedulden.

      „Eines Tages wird er ein führender Mann in der Freiheitsbewegung werden“, prophezeite Wilden immer wieder, ständig betonend, dass man den Jungen so früh wie möglich in Artur Tschistokjows Jugendorganisation einbinden müsse. Die Begeisterung seiner Tochter hielt sich diesbezüglich hingegen in Grenzen.

      „Er soll nicht so enden wie Frank. Ein Held in unserer Familie reicht vollkommen aus“, erwiderte sie ihrem Vater dann und begann oft einen Disput mit ihm.

      So vergingen die Tage trotz gelegentlicher Meinungsverschiedenheiten in sorgloser Ruhe und besonders Frank genoss es, einmal keinen seiner Soldaten um sich zu haben. Auch seinem Hobby, dem Battle-Hammer-Spielen, ging er jetzt wieder intensiv nach und verbrachte mit HOK viele aufregende und entspannende Stunden. So konnte es bleiben, dachte sich Kohlhaas. Doch er wusste auch, dass man ihn im Ernstfall nicht nach seiner Meinung fragen würde.

       Erholsame Tage

      Während in den Grenzen des Nationenbundes die Zeichen auf Frieden standen, hatten sich Indien und Südchina zu regelrechten Schlachtfeldern entwickelt. Die ODV-Seuche war in den letzten Monaten Schritt für Schritt in den indischen Norden vorgerückt und schließlich durch Nepal über die Grenze nach China gekrochen. Mittlerweile häuften sich auch die ODV-Erkrankungen in Afrika und Indonesien.

      Doch Indien war nach wie vor am schlimmsten von der Epidemie betroffen. Über 400 Millionen Menschen waren bereits an ihren Folgen gestorben oder im Zuge der chaotischen Zustände auf dem Subkontinent verhungert. Ganze Landstriche waren entvölkert und komplette Städte aufgegeben worden. Hungerrevolten tobten beinahe täglich in den urbanen Zentren des Landes, die sich teilweise mit riesigen Schutzwällen vom Rest der Welt abschotteten. Die Präsenz von GCF-Truppen war in den letzten Wochen noch einmal erhöht worden und nun begann auch Südchina langsam in Panik und Anarchie zu versinken. Inzwischen meinten Millionen Inder und Chinesen, dass die Weltregierung sie im Stich gelassen hätte und die zunehmenden Proteste in den Straßen der großen Metropolen entluden sich immer öfter in blutigen Auseinandersetzungen mit der Polizei und den GCF-Besatzungstruppen.

      Anfang August wurde die von der ODV-Epidemie schwer betroffene südchinesische Stadt Kunming zum Ort schwerster Unruhen, die von den internationalen Streitkräften mit brutaler Militärgewalt niedergeschlagen werden mussten. In ganz Asien begann es nun zunehmend zu brodeln und der Weltverbund hatte alle Hände voll zu tun, seine Macht mit einer Mischung aus Gewalt, Einschüchterung und vorgespielter Betroffenheit zu erhalten. Sehnsüchtig blickten die Menschen in diesen Regionen auf die freien, aufblühenden Länder von Artur Tschistokjow und Haruto Matsumoto, die ihnen fast wie paradiesische Orte erschienen. Diese Tatsache erhöhte zugleich die Gefahr von Revolutionen und Aufständen um ein Vielfaches, was den Weltverbund dazu veranlasste, noch mehr Soldaten nach Asien zu schicken.

      Außerdem waren auch die islamischen Rebellen im iranischen Hochland und im Irak wieder aktiver geworden. Sie setzten ihren Partisanenkrieg fort und hatten sich neu formiert. Die unterschwelligen Vorwürfe, dass der Nationenbund der Rus sie mit Waffen und Geld unterstütze, konnten zwar nicht bewiesen werden, doch sie standen weiterhin im Raum.

      Aber da sich die Weltregierung in Bezug auf Russland und Japan den Frieden auf die Fahnen geschrieben hatte, hielt sie sich vorerst mit allzu offenen Anschuldigungen zurück.

      Artur Tschistokjow kam die Gesamtsituation jedenfalls zu Gute und obwohl ihm von Seiten seiner Berater und Kabinettsmitglieder weiterhin Kritik entgegenschallte, setzte der russische Souverän seine Politik der Versöhnung unbeirrt fort.

      „Oh, nein!“, jammerte Frank, während HOK eine durchsichtige Plastikscheibe über einige seiner Battle Hammer Miniaturen legte.

      „Das nenne ich einen Volltreffer!“, jubelte der korpulente Informatiker; seine schwabbeligen Backen zuckten vor Freude.

      „Wie stark ist der Zauberspruch denn?“, wollte Kohlhaas wissen. Besorgt starrte er auf den Spieltisch.

      „Hmmm …“, machte HOK und blätterte in einem zerfledderten Regelbuch herum. „Das ist … Moment … Das ist der ‚Blitz der Mondgöttin‘. Der hat Stärke 16!“

      HOK grinste verschlagen, während sein Gegenspieler kreidebleich wurde.

      „Stärke 16?“

      „Ja, in der Tat! Stärke 16!“, betonte HOK.

      Der verschrobene Informatiker ließ ein paar Würfel über den Spieltisch rollen und stieß einen Jubelschrei aus.

      „Die Orks sind alle platt, Frank!“

      „Mist!“, knurrte Kohlhaas. „Aber die haben immer noch magische Schilde …“

      „Dann sind sie bei einer 6 nicht platt!“, bemerkte HOK hämisch.

      Frank vergeigte seinen Würfelwurf gründlich. Seine Orks wurden, zumindest symbolisch, in die ewigen Jagdgründe geschickt und verschwanden wieder in einem kleinen Pappkarton.

      „Du bist dran“, sagte HOK.

      „Dieser verdammte Magier mit seinen Mondzaubern“, wetterte Kohlhaas. Dann ließ er seine Orks vorrücken.

      „Meine Gnoggreiter greifen die Elfen an“, sagte er.

      „Kommst du überhaupt so weit?“

      „Ja, sicher! Die haben einen Angriffsradius von 30 Zentimetern. Die haben nämlich ein spezielles Banner“, erklärte Frank und warf einen Blick auf seine Armeeliste.

      „Was denn für ein Banner?“, wollte HOK wissen.

      „Das Banner des Gorkiorki!“

      „Das Banner des Gorkiorki?“, rief der Computerfreak entsetzt.

      „Ja, genau!“, bemerkte Frank mit einem frechen Grinsen und rückte seine Orkreiter an die Elfen heran.

      „Verflucht!“

      „Tja, jetzt sind die Spitzohren dran!“

      „Ich glaube auch“, stöhnte HOK, den Untergang seines großen Elfenregiments erwartend.

      Nach einigen Würfelwürfen machten sich die Elfen aus dem Staub und lösten bei den benachbarten Truppen Panik aus.

      „Dann mach mal deine Muttests, Dicker!“, höhnte Kohlhaas.

      Es dauerte nicht lange, dann hatte HOK sämtliche Würfe gemacht und wirkte nun gar nicht mehr so siegessicher.

      „Jetzt laufen auch noch die Speerträger weg! Mist! Mist! Mist!“, schimpfte der Computerexperte und raufte sich die verbliebenen Haare auf dem Kopf.

      „So sind die Spitzohren halt …“, neckte ihn Frank. Er stieß einen lauten Lacher aus.

      „Das sieht nicht gut aus …“, murmelte HOK.

      „Sehe ich auch so, denn der da steht mit seinen Gnoggreitern an deiner Flanke“, meinte Kohlhaas. Er deutete auf seinen Orkgeneral.

      Der dickliche Informatiker rieb sich nachdenklich das Kinn, um dann die Arme in die Höhe zu werfen. Er begann damit, seine Elfen vom Spieltisch abzuräumen.

      „Es hat keinen Zweck mehr. Die können sich eh nicht mehr sammeln. Das war’s für meine Armee. Glückwunsch, Frank!“

      HOK gab auf und reichte Kohlhaas die speckige Hand über das liebevoll gestaltete Schlachtfeld. Jetzt fühlte sich der Sieger des Spiels wieder wie ein echter General und musterte seine Orks mit Stolz.

      „Super, Jungs!“, lobte er seine Miniaturen, während HOK seine kleinen Elfen rügte und in eine Holzkiste packte.

      „Ich hätte noch einen zweiten Mondmagier nehmen sollen!“, warf er sich vor und ging hart mit sich ins Gericht.

      „Was soll’s! Man kann ja auch nicht immer gewinnen. So ist Battle Hammer eben …“, baute ihn Frank auf.

      „Warum habe ich keinen zweiten Mondmagier