Eine verborgene Welt. Alina Tamasan. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Alina Tamasan
Издательство: Автор
Серия:
Жанр произведения: Любовное фэнтези
Год издания: 0
isbn: 9783957444585
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geschieht damit?“ Der junge Gniri sah auf die helle fettige Paste.

      „Wir reiben dich damit ein!“

      „Was? Warum das denn?“

      „Nun ziere dich nicht. Deine Mutter hat etwas Blütenessenz darunter gemischt. Du wirst duften wie eine frische Frühlingswiese und genauso schön glänzen wie deine Jacke.“ Rangiolf runzelte die Stirn und sah seinen Vater verdrießlich an. „Vertrau mir! Das Zeug macht Haut und Fell weich und glänzend. Wenn ihr später die Hochzeitsnacht genießt, wirst du es mir danken!“ Der alte Gniri grinste breit und entblößte eine Reihe langer spitzer Zähne. Rangiolf wiegte ergeben den Kopf.

      „Meinetwegen“, gab er nach. „Du kannst mir den Rücken einreiben. Danach lässt du mich bitte allein, den Rest mache ich selbst.“ Gabra kicherte leise vor sich hin. Dann begann er den Rücken seines Sohnes zu bearbeiten. Die behaarten und borstigen Stellen wurden gleich mit einbezogen und anschließend noch einmal gekämmt.

      „Dann ziehst du die Hose an, die dir deine Mutter bringen wird. Sie hat sie erst vor Kurzem extra für dich anfertigen lassen!“

      „Hose?“, zischte Rangiolf und atmete geräuschvoll aus. „Muss das sein?“ Noch mehr als Oberbekleidung hasste er Hosen.

      „Mein Junge, du musst schön sein, die Hose wird dich nicht umbringen, und ich rate dir …“, er hielt inne und sah ihm eindringlich in die Augen, „zupfe während der Zeremonie nicht dauernd an den Hosenbeinen, hast du verstanden?“

      „Ja, Papa.“

      „So ist’s gut, mein Junge. Ehe ich’s vergesse: In diesem Tiegel findest du etwas ganz Besonderes, wenn du es siehst, wirst du wissen, was es ist. – Und nun lasse ich dich allein.“ Rangiolf griff in den Tiegel und schnupperte an der Paste, die weiß und ölig an seinen Fingern klebte. Sie roch wirklich nach Frühlingswiese. Er begann sich langsam einzureiben. Seine Mutter hatte ihm die Hose gebracht und als er endlich fertig war, kam er doch nicht umhin, seine nunmehr glänzende Erscheinung zu bewundern.

      „So, mein Kind, nun sitzt auch dein Haar richtig, schau!“ Irukye hielt ihrer Tochter den Spiegel vor die Nase. „Ich habe Zöpfe hineingeflochten, und über deiner Stirn den Blumenkranz, siehst du?“ Finilya staunte. Sie sah ja aus wie eine dieser Edelfrauen der alten Zeit, von denen ihr Pythera manchmal erzählt hatte. Plötzlich klopfte es an der Tür.

      „Das muss die Prozession sein“, gluckerte die alte Gniri aufgeregt und fuhr sich nervös durch das Haar. „Sitzt bei mir auch alles gut?“

      Finilya sah ihre Mutter an. Sie trug einen prächtigen bunten Rock, der wie ein Zigeunerrock geschnitten war und aus abertausenden Zellulosefasern bestand, die durch langes Klopfen geschmeidig gemacht und dann eingefärbt worden waren. Wie alle Gniri liebte Irukye kräftige Farben und so war auch dieses Kleidungsstück aus einem Flickenteppich unendlich vieler farbenfroher Stricke und Bänder gewirkt.

      „Ich habe ihn mir selbst genäht“, sagte sie nicht ohne Stolz. „Es hat Jahre gedauert, das Material zu sammeln und die Fasern herzustellen, und noch mal so viele Jahre zu nähen und zu färben, aber es hat sich gelohnt! Ich wollte es zur Hochzeit meiner Ältesten fertig haben und die Mutter war mir gnädig.“ Irukye strich sich über ihren nackten Oberkörper, den eine prachtvolle Blumen- und Blätterkette zierte.

      „Du siehst wunderschön aus, Mama“, sagte Finilya und dachte wehmütig, dass sie auch gerne so einen feinen Rock getragen hätte, anstatt dieses unbequeme Menschenkleid. Es klopfte erneut an der Tür.

      „Wo ist Rìa? Dieser Kerl! Ich hoffe, er hat sich schön herausgeputzt!“

      „Ich glaube, er ist mit Pythera auf dem Weg zu Rangiolf“, sagte Finilya und öffnete die Tür. Auf der Träger-Plattform des Hauses stand Retasso. In der einen Hand trug er einen Lampion, die andere streckte er ihr entgegen. Als er die Gniri erblickte, konnte er sein Erstaunen nicht verbergen. Finilya konnte in seiner Mimik jedoch nicht lesen, ob er ihren Aufzug schön oder einfach nur lächerlich fand.

      „Ich bin Retasso, der Ovate, ich möchte dich zu Bräutigam und Ehe führen“, begrüßte er sie förmlich. Finilya verbeugte sich lächelnd und ergriff seine Hand. Irukye konnte ihre Freude kaum verbergen. Sie lachte breit und rieb sich aufgeregt ihre bekrallten Hände. Geschickt kletterten sie am Baumstamm herab, wobei Retasso darauf achtete, Finilya mit ihrem Kleid zu helfen. Unten erwartete sie die Prozession, bestehend aus Fackelträgern, den zahlreichen Verwandten der Braut und Gabra. Rangiolfs Vater ergriff Finilyas rechte Hand, während Retasso zu ihrer Linken ging. Gemeinsam schritten sie den Weg entlang. Finilya konnte es kaum fassen, dass sie heute heiratete. Hingerissen sah sie in die Gesichter der sie umgebenden Leute.

      „Bist du fertig?“, erklang es jenseits der Tür.

      „Ja, Mama“, antwortete Rangiolf. Yhsa trat ein und legte ihre Hand auf den Mund.

      „Was ist?“, fragte der Gniri erschrocken.

      „Du … siehst gut aus, mein Sohn“, lächelte sie, „wie“, ihre Augen wurden feucht, „fast wie Gabra damals, du siehst ihm so ähnlich.“

      „Du siehst auch wunderschön aus, Mama. Wer hat dir die Haare gekämmt?“

      „Meine Nachbarin.“

      „Dein Rock ist auch sehr schön, Mama! Die Perlen glänzen so schön und blinken.“

      „Perlen?“ Yhsa blickte an sich herab, „ah, die meinst du, ja“, sie lächelte. „Es ist ganz eigenartig“, fügte sie nachdenklich hinzu, „in letzter Zeit lassen immer mehr Menschen sie liegen. Ich nehme an, sie wissen, dass wir sie lieben.“ Fasziniert strich sie mit ihren Fingern über die bunten Glasmurmeln. „Gabra hat lange dafür gebraucht, Löcher hineinzubohren, sie sind nämlich äußerst hart!“

      „Liegen sie dort, wo du die Wäsche wäschst?“ – Yhsa nickte.

      „Ja, ich teile sie mit den anderen Frauen, deswegen sind es nicht viele. Ah, du hast dich eingerieben. Hast du denn auch in den anderen Tiegel geschaut?“

      „Ich habe es nicht gewagt“, gab Rangiolf kleinlaut zu.

      „Da!“ Sie schob den Deckel beiseite und wies auf die zähe rote Paste. „Kennst du das? Ist eigentlich was zu essen, eigentlich, aber die hier, die ist nur zum Kauen, wir haben ein paar Zutaten rein getan, die sie ein wenig zäher machen.“

      „Ah, das ist das Zeug, auf dem du und Gabra immer herumkaut, kann das sein?“, erkundigte sich Rangiolf stirnrunzelnd.

      „Genau! Als verheirateter Mann darfst du das auch tun! Du musst etwas davon kauen, bis dein Mund rot ist. Aber Achtung: Wegen der Zutaten darfst du die Paste nicht herunterschlucken. Spucke sie einfach hier rein, wenn du fertig bist.“ Sie hielt ihm ein kleines Schälchen unter die Nase. Rangiolf griff widerstrebend in das Gefäß und schob sich etwas von der Paste in den Mund. Es schmeckte süßlich herb und war zugleich ein wenig säuerlich. Die geschmackliche Ähnlichkeit zu dem roten Brei, den sie sonst aßen, war zwar gegeben, aber doch nicht so stark, wie er erwartet hatte.

      „Zeig mal“, forderte ihn seine Mutter auf. Ihr Sohn öffnete den Mund, und die alte Gniri lugte hinein. „Wunderbar. Nun kannst du den Rest ausspucken.“ Rangiolf tat wie ihm geheißen. – Plötzlich klopfte es an der Tür. Mutter und Sohn fuhren erschrocken zusammen.

      „Mach auf, mein Sohn“, rief Yhsa aufgeregt, „das wird Pythera sein!“ Mit zitternden Knien wankte Rangiolf zur Tür und öffnete sie. Pythera stand mit einem Lampion vor ihm und streckte ihm die Hand entgegen.

      „Ich bin die Druidin Pythera und geleite dich zu Braut und Ehe“, begrüßte sie ihn. Rangiolf nickte höflich und ergriff ihre Hand.

      „Wie schön, dass ihr alle gekommen seid“, begrüßte er die Wartenden gerührt. Sein Blick fiel auf einen älteren Gniri, er verbeugte sich lächelnd vor ihm.

      „Mein Sohn, ich hoffe, ich darf dich so nennen“, sagte Rìa und ergriff Rangiolfs Hand, „ich freue mich, dass du und meine Tochter zusammen gefunden habt.“ Er lächelte so herzlich,