Nicht alle samskaras sind Wunden, die geheilt werden müssen. Sie können auch Kraftspender sein. Linda berichtete mir von einem seltsamen Erlebnis, während sie als Kurier in London arbeitete. Die Tätigkeit bedeutete, dass sie jeden Tag lange Strecken zu Fuß zurücklegen musste. Sie konnte nicht mit der U-Bahn oder dem Bus fahren, weil sie so viele Adressen zwischen den Haltestellen aufsuchen musste:
Zuerst war ich nur todmüde. Meine Füße taten mir am Abend so weh, dass ich nicht glaubte, eine Woche in diesem Job durchzuhalten. Aber dann erlebte ich einen merkwürdigen Durchbruch.
Eines Tages merkte ich, dass ich in einer Art Hypnosezustand lief. Es war, als würde ich lange, beschwingte Schritte machen. Als würde ich kaum den Boden berühren, auch wenn ich mir sicher bin, dass mein Gang auf andere Leute ganz normal wirkte. Aber ich fühlte mich wie ein anderer Mensch - ein hoch gewachsener Mann, der der Bote eines Stammes war.
Auch in diesem Leben hatte ich sehr lange Strecken zurücklegen müssen. Aber ich hatte es in dieser besonderen Gangart gemacht, und das kam mir wieder, während ich als Kurier durch London lief. Es war, als würde mein Körper sich daran erinnern, wie es funktionierte, und als würde er die Kontrolle übernehmen.
Ich hätte es wohl als Fantasiegespinst abgetan, wäre da nicht die Tatsache gewesen, dass das lange Gehen mich nicht mehr ermüdete. Ich glaube, mein Körper hat das Problem gelöst, indem er ein früheres Selbst anrief, das wusste, wie man es meisterte.
Die Weisheit des Körpers
Der Körper hat seine eigene Weisheit. Er bewahrt unsere Erinnerungen an frühere Leben auf, bis wir bereit sind, damit umzugehen. Seine Krankheiten können wichtige Mitteilungen an uns sein. Er sorgt für uns in vielerlei Hinsicht, die über das rein Physische hinausgeht.
In der Tradition der Schamanen hieß es, dass der Initiierte in Stücke gerissen und dann mit magischen Kräften wieder zusammengefügt würde. Krisen, Wunden oder Krankheiten, die einen spirituellen Durchbruch mit sich brachten, waren Zeichen dafür, dass der Große Geist den Betroffenen für eine höhere Rolle auserkoren hatte.
Für die meisten von uns klingt das wie etwas aus einer so fremden Welt, dass wir nicht erwarten, diese Art von Erfahrungen durchzumachen. Doch die schamanischen Initiationen basierten auf der natürlichen Art und Weise, wie sich der spirituelle Weg für jeden von uns entfaltet. Obwohl unsere Kultur keine besonderen Rituale dafür kennt, findet derselbe Vorgang auch in unserem Leben statt.
Dieses Wissen ermöglicht es jedem, die Prüfungen des Lebens durch das Verständnis ihrer höheren Bedeutung umzuwandeln - ein Prozess, der im Zentrum der traditionellen schamanischen Initiation steht.
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Das Bewusstsein der Pflanzen
Eine uralte mystische Beziehung zur Natur windet sich wie eine grüne Schlingpflanze um unsere Erinnerungen an schamanische Zeiten. In jener Zeit wussten wir noch, dass jedes Lebewesen eine Seele hat. Deshalb achteten wir alle Lebensformen und kannten ihre geheimen Sprachen. Mutter Natur teilte ihre unendlichen Nähr- und Heilquellen mit uns, und wir honorierten das in unseren Ritualen und Zeremonien.
In ihrer Regression beschrieb Kass ein Leben, das sich diesen Traditionen verschrieben hatte. Sie lebte in einer kleinen Waldgemeinde. Ihre beiden Schwestern und sie waren die geachteten Stammesältesten der kleinen Gemeinschaft:
Wir leben in Hütten aus Holz ... Tierfellen ... Steinen ... Lehm. Alle Spalten sind mit Moos zugestopft. Die Hütten sind warm und gemütlich. Die Rückwände der Hütten sind aneinandergebaut und verstärkt. Sie bilden einen Schutzwall um unser Dorf.
Meine Schwestern und ich leben mit all unserer Medizin in einem Raum, in dem wir die Menschen heilen können, in einer besonders großen Hütte. Wir arbeiten mit dem inneren Geist der Pflanzen, Bäume und Tiere. Die Natur zeigt uns, wie man gute Medizin macht - wie man durch besondere Magie Heilung herbeiführt.
Wir sehen, was im Wald vor sich geht. Die Männer fragen uns, bevor sie auf die Jagd gehen. Wenn der Geist des Tieres bereit ist, zeigt es uns, wo man es finden kann.
Wir können voraussehen, was geschehen wird. Wir spüren es im Wind. Wir wissen, wann schlechtes Wetter im Anmarsch ist. Wir können sehen, ob ein Mensch krank ist, bevor er es selber weiß.
Was Kass beschrieb, war eine uralte matriarchalische Gesellschaft, die in Harmonie mit der Natur lebte, statt zu versuchen, sie zu kontrollieren und zu dominieren. Seit die westliche Zivilisation davon abgekommen ist, sind Pflanzen und Tiere für sie nur noch physische Objekte im Dienst der Menschheit.
„Seit Jahrhunderten sind die westlichen Gesellschaften spirituelle Taubstumme, die vergessen haben, wie man mit der Natur kommuniziert“, sagt der Schamane Eduardo Calderon Palomino aus Peru.
In den letzten Jahrzehnten hat sich das Blatt jedoch stetig gewendet. Es fing mit einigen wenigen Forschern an, die den Mut hatten, sich gegen die etablierten Meinungen aufzulehnen. Lyall Watsons Buch Geheimes Wissen: Das Natürliche des Übernatürlichen (Klotz, 5. Auflage 2001), The Secret Life of Plants von Tompkins und Bird und Rupert Sheldrakes ausführliche Untersuchungen und Schriften zeigen, dass die Natur zweifellos ein eigenes Bewusstsein hat.
In seinem Buch Das holographische Universum. Die Welt in neuer Dimension (Droemer Knaur, 1994) schreibt Michael Talbot: „Sogar ein Stein ist in mancher Weise lebendig, da Leben und Intelligenz nicht nur in jeder Materie vorhanden sind, sondern auch in Energie, Zeit und Raum - dem Stoff, aus dem das gesamte Universum gemacht ist.“
Diese Entdeckungen sind aus den Büchern ins wahre Leben gekommen. Während Eileen Caddy in den 1960ern in Glastonbury wohnte, erlebte sie eine spirituelle Offenbarung über ihren Lebenssinn. Sie und ihr Ehemann Peter folgten ihrer inneren Führung und zogen in die Nähe des Dorfes Findhorn in Schottland. Dort pflanzten sie einen Gemüsegarten an. Um das Gedeihen der Pflanzen zu fördern, fingen sie an, mit den Geistern der Natur zu kommunizieren. Ein paar Jahre später waren sie für die riesigen Gemüsepflanzen berühmt, die in ihrem Garten wuchsen, nur weil sie mit den Pflanzen sprachen.
Heute ist die Findhorn-Stiftung eines der größten internationalen Ökozentren in Großbritannien. Tausende von Menschen aus aller Welt leben dort, auch wenn sie kein Riesengemüse mehr anbauen. Jemand, der viele Jahre in Findhorn lehrte, sagte mir, das sei, weil die Geister der Natur den Menschen deutlich gemacht hätten, dass es nicht mehr nötig sei. Der Beweis war erbracht worden, und das übermäßige Wachstum war für die Pflanzen zu anstrengend. Heute konzentriert sich die Stiftung auf Ökologie, alternative Medizin und die Veröffentlichung von Sachbüchern.
Das neueste Ökozentrum, in dem Pflanzenwunder geschehen, befindet sich in Damanhur. Anfangs bescheiden am Fuße des Piemont in den italienischen Alpen gelegen, hat sich die Damanhur-Stiftung in ein internationales Großprojekt mit Zweigstellen in Europa, Japan und den USA entwickelt. Seit 1975 experimentieren die Mitarbeiter mit Pflanzenkommunikation. Mittlerweile haben sie ein Gerät erfunden, das elektrische Veränderungen in einer Pflanze aufspüren kann. Alle Lebewesen produzieren als Reaktion auf ihre Umwelt schwankende elektrische Signale. Das Gerät von Damanhur zeigt, wie stark Pflanzen reagieren, wenn man mit ihnen spricht oder sie gießt.
Auch haben die Forscher eine Methode gefunden, mit der sie diese Reaktionen in Musik umwandeln können. Sobald die Pflanzen gelernt hatten, auf diese Weise zu kommunizieren, begann ein außergewöhnliches Zusammenspiel. Heute lieben die Pflanzen es geradezu, mit Notenskalen zu spielen und mit Hilfe eines Synthesizers ihre eigene Musik zu machen.
Die gewöhnlich eher konservative Welt der Wissenschaft hat außerdem damit begonnen, das Bewusstsein der Pflanzen zu erforschen. Im Februar 2012 zeigten Wissenschaftler der Universität von Exeter in einem Dokumentarfilm,