Ohne Vorgänger waren auch diese Ereignisse nicht. Sklavenprobleme oder die Teilnahme von Sklaven an Verschwörungen und Gewaltaktionen werden mehrfach aus den Jahrhunderten zwischen 500 und 184 v. Chr. überliefert. Das Neue war aber, dass nun regelrechte Sklavenkriege ausbrachen. Auslöser auf breiter Basis waren die wirtschaftlichen Verhältnisse in Süditalien und Sizilien, wo die seit dem 3. Jh. installierte römische Herrschaft zu einer ausgedehnten Viehwirtschaft im Besitz relativ weniger Latifundienherren geführt hatte. Die Domänenherren beschäftigten auf ihren riesigen Gütern Sklaven als Hirten, die schon wegen ihrer notwendigen Beweglichkeit und wegen der Sommerweiden in den Bergen kaum zu kontrollieren waren. Hirtenarbeit war nur dann erfolgreich, wenn sich die Hirten gegen Raubtiere und Viehdiebe wehren konnten, weshalb diese Hirten mindestens Speere und Messer trugen. In der Zeit der Republik jedenfalls waren die mit der Falx, einem Sichelmesser (Abb. 10), und mit einem Speer ausgerüsteten Hirten ein normaler Anblick. Im Jahr 308 v. Chr. befand sich ein römischer Amtsträger mit seinem Sklaven auf einer Geheimmission von Rom nach Nordosten durch Etrurien und Umbrien hindurch zur Stadt Camerinum, dem heutigen Camerino in den Marken. Ihre Verkleidung bestand nach Livius aus der Hirtenkleidung mit dem Sichelmesser und je zwei Lanzen; in dieser Aufmachung konnten sie offensichtlich unbehelligt weite Distanzen durchwandern, ohne aufzufallen. Dies lässt den Schluss zu, dass der Anblick bewaffneter Wanderhirten alltäglich war.
Abb. 10
Sichelmesser der Hirten auf den großen römischen Domänen. Aus dem Fund von Neupotz/Pfalz aus dem 3. Jahrhundert n. Chr. Die Sichelmesser der späten Republik sahen ähnlich aus. Eisen. Speyer, Historisches Museum der Pfalz.
Hirten auf den ausgedehnten Weideflächen bildeten den Rückhalt der Revolte des Eunus und Kleon im ersten Sklavenkrieg in Sizilien 136 – 132 v. Chr. Einer der Führer der Aufständischen, Eunus, war ein Syrer, den die Aura der Wundertätigkeit umgab, und der auch als Wahrsager tätig gewesen war. Eunus konnte sich angeblich auf eine Kerntruppe von 4.000 bis 6.000 Hirten stützen. Der Aufstand erfolgte in Enna, der beherrschenden Stadt im Zentrum der Insel. Die auslösende Person war der Großgrundbesitzer Damophilos, der seine Sklaven besonders grausam behandelte. Die Führer des Aufstands, Eunus und sein Gefolgsmann Kleon aus Kilikien, verzeichneten Anfangserfolge im Osten und Süden Siziliens. Die Römer konnten unter dem Consul Puplius Rupilius diesen ersten Sklavenkrieg erst im Jahr 132 v. Chr. beenden. Er kostete laut Diodor Tausenden von Sklaven das Leben.
Der zweite sizilische Sklavenkrieg begann eine Generation später im Jahr 104 v. Chr. Auslöser war ein Senatsbeschluss zur Freilassung aller jener Sklaven, die aus verbündeten Staaten in römisches Gebiet verkauft worden waren. Als in Sizilien die erwarteten Freilassungen nach einiger Zeit stockten (vermutlich auf Druck der Großgrundbesitzer), begann der Aufstand. In Westsizilien war der Kilikier Athenion Führer der Insurgenten; er unterstellte sich später dem Salvius, den die Aufständischen zum König wählten. Salvius nahm den Beinamen Tryphon an und imitierte in seinem Aufzug sowohl hellenistisch-griechisches Königtum wie den römischen Consulat (Liktorenbegleitung, Toga mit Purpurstreifen); er starb 102 v. Chr. eines natürlichen Todes. Der Consul Mucius Aquillius konnte erst 101 v. Chr. den Krieg beenden. Bemerkenswert war dabei ein archaischer Auftritt: Aquillius tötete den feindlichen Anführer Athenion im Zweikampf.
Die beiden römischen Sklavenkriege waren herausragend, aber keineswegs singulär in der Mittelmeerwelt. Es gab einige kleinere, lokale Sklavenrevolten, die auch erfolglos blieben, wie der Aufstand der Bergwerkssklaven von Laurion in Attika (spätes 2. Jh. v. Chr.), ferner Erhebungen auf dem Sklavenmarkt von Delos sowie in Minturnum und Sinuessa (Süditalien; alles um 133 v. Chr.). Kein reiner Sklavenkrieg war der fehlgeschlagene Aristonikosaufstand in Kleinasien (132 – 129 v. Chr.). Aristonikos, unehelicher Bruder des letzten Königs von Pergamon, Attalos III., stellte sich gegen das Testament seines Bruders, der Pergamon den Römern vermacht hatte (133 v. Chr.). Aristonikos beanspruchte Pergamon für sich und stützte sich auf die arme Landbevölkerung, während die großen Städte ihm nicht folgten. Er gab seiner Bewegung eine starke sozialrevolutionäre Richtung, gliederte viele Sklaven in sein Heer ein und verkündete einen Sonnenstaat mit Sonnenbürgern (Heliopoliten). Das Thema der sozialen und wirtschaftlichen Gerechtigkeit war damit angeschlagen, wenn es auch durch die Niederlage des Aristonikos 129 v. Chr. nur von kurzer Dauer war.
In der späten Republik war die immer mehr anwachsende Zahl bewaffneter unfreier Hirten eine dauernde Gefahrenquelle; aus ihnen konnten sich politische Aufstände wie auch Räuberbanden rekrutieren, was bereits antike Autoren festgehalten haben. Dass freilich in Sizilien ein Sklave in der späten Republik allein wegen des Besitzes einer Jagdwaffe ans Kreuz geschlagen wurde, hing mit der Hysterie der Spartacuszeit zusammen und entspricht nicht dem normalen Bilde. Im Übrigen sind gerade auf Sizilien die Gründe für das rapide Anwachsen bewaffneter Banden im 2. Jh. v. Chr. nicht ganz in Schwarz-Weiß-Manier zu sehen. Es hat den Anschein, dass die Großgrundbesitzer ihre eigenen unfreien Hirten absichtlich bewaffneten, um die freien Kleinbauern zu unterdrücken. Auch Strafaktionen der römischen Provinzialverwaltung gegen diese Banden wurden nicht zuletzt von den römischen Domänenherren behindert.
Dass die Römer in den beiden sizilischen Sklavenkriegen lange Jahre brauchten, um einen Feind zu besiegen, der weder mit den Puniern noch mit den Kelten oder den Makedonen vergleichbar war, hatte auch einen Grund in der politischen Gesamtlage. Während des ersten Sizilienkrieges kämpfte Rom in Spanien bis 133 v. Chr. im keltiberischen Aufstand. Im gleichen Jahr übernahm Rom das ihm testamentarisch übereignete Reich Pergamon und richtete dort die Provinz Asia ein. Die Sklavenrebellion im Osten Siziliens war ein Nebenkriegsschauplatz. Ähnlich war die Lage im zweiten sizilischen Sklavenkrieg. Als er 104 v. Chr. begann, hatte Rom gerade im Jahr zuvor katastrophale Niederlagen in Südfrankreich gegen das Germanenvolk der Kimbern hinnehmen müssen. In jener Zeit, als die wandernden Germanen als ein Wetterleuchten der späteren Völkerwanderungszeit an Roms Nordgrenzen auftauchten, waren die Sklaven Siziliens ein zweitrangiges Problem. Die Entscheidungsschlachten gegen die Germanen waren Roms Siege bei Aquae Sextiae in der Provence 102 v. Chr. über die Teutonen und bei Vercellae westlich von Mailand 101 v. Chr. über die Kimbern. Das Ende des Sklavenkrieges in Sizilien war dagegen weniger auffällig.
Abb. 11
Gladiatoren waren ein beliebtes Motiv der römischen Dekorationskunst. Nur wenige Darstellungen stammen aus der Zeit des Spartacuskrieges; die meisten sind kaiserzeitlich wie hier die Mosaiken aus der großen römischen Villa von Zliten in Libyen (Tripolitanien). 2. Jh. n. Chr.
Spartacus und Sacrovir
Anders als die regional auf Sizilien beschränkten ersten beiden Sklavenkriege entwickelte sich der Spartacusaufstand zu einem Krieg in ganz Italien. Moderne Schriften und Filme haben seit dem 19. Jh. Spartacus noch bekannter gemacht, als er im Altertum je gewesen ist. Der Gladiator Spartacus begann im Jahre 73 v. Chr. in Capua eine Revolte, als ihm mit etwa 70 Gefährten die Flucht aus einer Gladiatorenkaserne gelang (Abb. 11). Der Aufstand war im Frühjahr 71 v. Chr. beendet. Die Revolte brachte den Aufständischen zuerst einige Erfolge, an denen auch als Anführer die beiden Gallier Krixos und Oinomaos beteiligt waren. Am Ende war aber Spartacus der alleinige Führer des Aufstandes. Die römischen Legionen waren durch Kriege in Kleinasien und Spanien gebunden, und man nahm in Rom die Affäre zuerst auch nicht ernst. Als man sich nach einigen blamablen Niederlagen tatsächlich anstrengte, hatten die Aufständischen keine Chance mehr