Achtung Lebensgefahr!. Ernst Künzl. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Ernst Künzl
Издательство: Автор
Серия:
Жанр произведения: Историческая литература
Год издания: 0
isbn: 9783945751879
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       Abb. 7

      Soldaten der römischen Berufsarmee des 1. Jahrhunderts n. Chr. Auftritt der Römercohorte Opladen im Archäologischen Park Xanten 2007. Die Gruppe wird von einem Feldzeichenträger (Signifer) und einem Signalbläser (Cornicen) angeführt.

      Das römische Reich war ein in Oberklassen und Unterklassen gegliederter Ständestaat. Vom politischen Einfluss her war ein römischer Bürger nicht automatisch deshalb von Bedeutung, weil er römischer Bürger war. Wer politisch Karriere machen wollte, musste versuchen, in die Adelschichten (Ordines honestiores) aufzusteigen. Der städtische Verwaltungsadel (Ordo decurionum), der Ritterstand (Ordo equester) und darüber der Senatorenstand (Ordo senatorius) bestimmten die Geschicke des Reiches, und das war zusammengenommen eine dünne Oberschicht von kaum mehr als schätzungsweise 1 % der auf 60 bis 80 Millionen Menschen geschätzten Reichsbevölkerung. Die Unterklassen (Ordines humiliores), ob römische Bürger, Freigelassene oder Sklaven, stellten den politisch passiven Teil der Bevölkerung, auch wenn sie zahlenmäßig dominierten.

      Die Legion war ein Spiegelbild dieses Ständestaates. Die theoretisch 6.000 Legionäre einer Legion waren freie römische Bürger (Ingenui), gehörten aber den Unterklassen an. Jede Legion besaß daneben fünf Militärtribune aus dem Ritterstand sowie einen Militärtribun aus dem Senatorenstand; der Legionskommandeur (Legatus legionis) war ein Senator. Die adeligen Militärtribunen und Kommandeure trugen eine historisierende Bewaffnung, vor allem den sog. Muskelpanzer (Abb. 8). Schätzt man schon den Anteil des Adels in der Gesamtbevölkerung der frühen Kaiserzeit auf kaum mehr als 1 %, so lag der Adelsanteil der Offiziere in einer Legion (7 auf 6.000) im Promillebereich. Die Legion war dennoch ein zwar enges, aber vorhandenes Nadelöhr: Jährlich konnte aus jeder der 30 Legionen der erste Centurio (Primus pilus) in den Ritteradel aufsteigen.

       Abb. 8

      Die Führung des Reiches: Der römische Kaiser in militärischer Tracht als Träger der obersten Befehlsgewalt. Kaiser Traian (98 – 117 n. Chr.) im reich verzierten Panzer (sog. Panzerstatue). Aus Gabii bei Rom. Marmor. H. 2 m. Paris, Louvre. Kopie in Aalen, Limesmuseum.

       Abb. 9

      Besitzermarke eines römischen Soldaten aus Frankfurt am Main-Heddernheim. Bronze. Die vermutlich auf Leder montierte Marke vermerkt:

       Aus der centuria (Hundertschaft) des Valerius Flavinus;

      (Besitz des) Iulius Secundus. Um 100 n. Chr. Frankfurt am Main, Archäologisches Museum.

      Die Armee war im Römerreich die größte geschlossene Gruppe von Waffenträgern, wobei der römische Soldat zwar Besitzer seiner Waffen war, aber nicht Eigentümer (Abb. 9). Er hatte ein Waffendepositum zu bezahlen, was eine Art Kaution war. Er durfte aber seine Waffen nicht automatisch verkaufen, wenn es ihm gut schien, weil er z. B. beim Verkauf viel mehr Gewinn erzielen konnte als er es durch die Rückzahlung seines Depositums erhalten hätte. In den Digesten finden sich Notizen über Verlust und Verkauf von Waffen. In einem Brief aus Carlisle in Nordengland berichtet der Decurio Docilis im frühen 2. Jh. seinem Präfekten über den Verlust einiger Waffen wie Lanzen und Schwerter.

      Vorgeschriebene Waffenkennzeichnungen mit Namen, Centurie und Kohorte werden für das spätantike 4. Jh. bei Vegetius erwähnt. Außerdem ist in der frühen Kaiserzeit zu bedenken, dass bestimmte Waffen, darunter das Schwert, auch vom Waffenmeister (Custos armorum) in der Waffenkammer der Kommandantur (Principia) verwahrt wurden. Die Nachrichten sind nicht immer klar zu deuten. Als sich im Jahr 69 n. Chr. die Rheinarmee auf die Seite des Vitellius schlug, wurden aus Köln, Trier und dem Lingonengebiet (um Langres) Mannschaft, Pferde, Waffen und Geld bereitgestellt, wie Tacitus berichtet; welcher Art diese Waffen waren und woher sie ursprünglich kamen, wird jedoch nicht gesagt.

      Wer durfte also im antiken Römerreich zur Prinzipatszeit außerhalb der Armee Waffen tragen? Schon die antiken Schriftzeugnisse ergeben ein variables Bild. Daneben ist man auf die archäologischen Zeugnisse angewiesen. Der Archäologe hat immer Primärquellen in der Hand, anders als der Philologe, der seine Texte aus den vielfältigen Redaktionen späterer Abschreiber rekonstruieren muss. Aber der Vorteil der Primärquellen wird oft von den Problemen der antiken Wirklichkeit überdeckt, haben wir doch archäologisch immer die letzte der Realitäten vor uns, die außerdem meist unkommentiert ist: Wenn der Archäologe einen Gegenstand in einem bestimmten Kontext im Boden findet, kann er längst noch nicht sicher sein, dass sich das Objekt auch in einem ihm vorher zugedachten Zusammenhang befindet.

      Man findet immer wieder römerzeitliche Waffen an den unterschiedlichsten Stellen. Ein großer Teil der archäologischen Waffenfunde kommt aus einem nichtmilitärischen Zusammenhang, seien es Grabbeigaben, Weihegaben in Heiligtümern, Verwahrfunde (Hortfunde) oder schlicht verlorene Dinge. Allein die Menge nichtmilitärischer Waffenfunde lässt bereits die Vermutung zu – unabhängig von den antiken literarischen Zeugnissen –, dass außerhalb des Militärs unzählige Waffen im Umlauf gewesen waren. Wie die Römer dies juristisch sahen, erhellt ein Blick auf die Waffengesetze der späten Republik und der beginnenden Kaiserzeit (s. u. Kap. 3 und 6).

      Auch in den vom Senat verwalteten Provinzen, in denen keine Legionen stationiert waren, ist mit der Präsenz von Militär zu rechnen. Abgesehen von den über das gesamte Reich hinweg aktiven Spezialeinheiten wie den Nachrichtendiensten und Kurieren, den Zollbehörden oder dem Personal des Cursus publicus, waren in den senatorischen Provinzen in der Regel kleinere Teile von Auxiliareinheiten (Hilfstruppen) zur Unterstützung der Verwaltung stationiert. Auch dies ist bei archäologischen Waffenfunden an vermeintlich rein zivilen Orten zu beachten.

KAPITEL 2 Das historische Trauma: Sklavenaufstände und Gladiatorenrevolten

      Roms Haltung bestimmten Problemen gegenüber war nicht frei von irrationalen Gefühlen. Dazu gehörte die Angst vor Kelten und Germanen. Zu den schlimmsten Erfahrungen der beginnenden Kaiserzeit unter dem Alleinherrscher Augustus zählte die Niederlage im Teutoburger Wald 9 n. Chr. gegen die Germanen unter Führung des Arminius. Die damals wieder einsetzende Angst in Rom hatte historische Gründe und war mit der einzigen Eroberung Roms durch fremde Heere verbunden, die in der Geschichte der römischen Republik stattfand: Am 18. Juli 387 v. Chr. unterlag das Aufgebot der Stadt Rom an der Allia nördlich von Rom den Kelten, die unter ihrem Führer Brennus von der Poebene her über Etrurien nach Süden vordrangen. Die Römer haben dieses Datum immer als Dies ater (Schwarzen Tag) ihrer Geschichte betrachtet.

      Die Kelteninvasion erzeugte in Rom einen Komplex, die Keltenangst (Metus Gallicus). Das zeigte sich im Laufe der Geschichte wieder, als Rom 150 Jahre nach der Brennuskatastrophe im Jahr 225 v. Chr. einen nächsten großen Gallierkampf zu bestehen hatte. Mit den Kriegen gegen die Gallier verbanden sich in der Zeit der römischen Republik die Phänomene des Metus Gallicus und des Tumultus Gallicus (Staatsnotstand wegen der Gallier). Später hat man die Keltenangst auf die Germanen übertragen, was umso leichter geschehen konnte, da für die Römer vor der Zeit Caesars zwischen Kelten und Germanen kein Unterschied bestand. Den sprichwörtlichen Furor Cimbricus und Furor Teutonicus, also die kimbrische und die teutonische Berserkerwut, haben die römischen Dichter Lucanus und Juvenal erst viel später formuliert.

      Zu den historischen Erfahrungen der