4 Vgl. den Beitrag von Astrid SCHLEGEL in diesem Buch.
5 Helmut SANDER, Das Herkules-Bauwerk in Kassel-Wilhelmshöhe, Kassel 1981, S. 185 u. 186.
6 GIS = Geoinformationssystem.
7 Analyse der Sichtbarkeit des Herkules in einem 50 km Radius auf Basis aktueller und historischer Landnutzungsdaten und eines digitalen Höhenmodells, Cindy BAIERL, unveröffentlicht Kassel 2010, S. 5.
8 Cindy BAIERL, wie Anm. 6, S. 12.
9 Paul HEIDELBACH (wie Anm. 2) zitiert auf S. 128 die Rechnung des Malers Werners: „Auf des Herrn Brigadier von Hattenbach befehl habe Ich auf dem winderkasten gearbeitet […] wie auch das postament wo Herculus aufsteht, auch grau und weiße steinfarbe aufwendig angestrichen, und inwendig das gantze Eißenwerk, aller wegen mit starcker öhlfarbe angestrichen, das eß nicht rosten kan, wie auch den Herculis…“ Dies lässt vermuten, dass die Kupferfarbe längere Zeit erhalten blieb bzw. bleiben sollte, wie es auch in den Bildern von Jan van Nickelen dargestellt ist.
10 Dieter HANKEL, Lothar GLEBE, Kassel-Steig. Ein Panoramawanderweg rund um das Kasseler Becken, Kartographische Kommunale Verlagsgesellschaft, Nordhausen, 2. Aufl. 2014; www.kassel-steig.de; www.alpenvereinaktiv.com/Volltextsuche/Kassel-Steig.
11 Der Verfasser (A. S.) dankt dem Vorstand des Vereins für die konstruktive Zusammenarbeit bei seinen Recherchen.
12 Zu dieser Schätzung sei Folgendes vermerkt: Wenn man als Durchschnittswert für 1 Fuß 30 Zentimeter ansetzt, ergeben 1000 Fuß 300 Meter. Die Höhendifferenz zwischen dem Sockel des Herkulesbauwerks mit der Höhe von 526 m NN und dem Wasserspiegel der Fulda als tiefsten Punkt der Stadt Kassel mit der Höhe von 135 m NN beträgt 391 Meter.
13 David August von APELL, Cassel in historisch-topographischer Hinsicht nebst einer Geschichte und Beschreibung von Wilhelmshöhe und seinen Anlagen, Marburg 1805, Zweiter Teil Nr. 24, S. 58–59.
14 Vgl. den Beitrag von Helmut BERNERT in diesem Buch.
F. W. Bernstein: Er – hoch oben
Dispersionsfarbe auf ungrundierter Bast-Badematte, 163 × 60,5 cm, 2016
F. W. Bernstein (eigentlich Fritz Weigle), geb. 1938 in Göppingen, deutscher Lyriker, Grafiker, Karikaturist und Satiriker. Er begründete zusammen mit u. a. Robert Gernhardt, Eckart Henscheid, F. K. Waechter, Chlodwig Poth und Hans Traxler die Neue Frankfurter Schule, deren Publikationsorgan ab 1979 das Satiremagazin Titanic wurde. Bernstein lebt und arbeitet in Berlin-Steglitz. Berühmtes Zitat: „Die schärfsten Kritiker der Elche / waren früher selber welche.“ 2008 Kasseler Literaturpreis für grotesken Humor.
1 Heinrich Christoph Jussow: Entwurf für ein Denkmal auf dem Bowlinggreen, angeblich für Landgraf Carl, 1791
Der Herkules im Kasseler Stadtbild
Christian Presche
Hoch über der Stadt, auf der Bergkette des Habichtswalds, überragt der Herkules weithin sichtbar das Kasseler Becken. In vielen Stadtansichten des 18. und frühen 19. Jh. ist er daher ein selbstverständlicher Bestandteil des Kasseler Stadtbildes. Tatsächlich aber lag jener Höhenzug damals noch weit vor der Stadt, und als in den 1760er- und 70er-Jahren die heutige Wilhelmshöher Allee als Verbindung angelegt wurde, verlief sie noch auf ganzer Länge zwischen Gärten, Wiesen und Feldern. Im späten 19. und frühen 20. Jh. machte die rasante städtebauliche Entwicklung es dann auch abseits dieser Achse möglich, das Landschaftsbild mit dem Herkules wirkungsvoll in städtebauliche und architektonische Konzepte einzubeziehen.
1. Die Weißensteiner (Wilhelmshöher) Allee
Als Landgraf Friedrich II. ab 1764 die Sommerresidenz Weißenstein weiter ausbauen ließ,1 knüpfte er – in starker, kostensparender Vereinfachung – auch an Projekte des frühen 18. Jh. an: Dies galt für die Form des Gartenparterres ebenso wie für die heutige Wilhelmshöher Allee, hatte doch schon Landgraf Carl geplant, die Hauptachse des Karlsbergs bis zur Stadt zu verlängern.2 Die Allee ersetzte dabei eine alte Landstraße, die durch die Dörfer Wahlershausen und Wehlheiden hindurchgeführt hatte. 1767/68 wurde die neue Achse zunächst von Weißenstein bis zum heutigen Rathenauplatz angelegt, wo sich ein verbliebener Straßenabschnitt nach Kassel anschloss (heute Königstor); 1776/77 wurde die Allee dann geradlinig bis zur Stadt verlängert, wo sie auf die Königsstraße traf.3
Während die Straße heute mit ca. 40 m Breite eine großzügige Sicht auf das Bergpanorama bietet und kaum noch als Allee wahrnehmbar ist, maß sie ursprünglich nur rund 20 m, bei einem Achsabstand beider Baumreihen von ca. 12 m zueinander. Der Blick war somit viel stärker fokussiert als heute, was die Wirkung von Kaskaden und Herkules als point de vue noch steigerte. Unmittelbar vor Kassel wurde die Allee meist von großen Gärten mit Gartenhäusern gesäumt, und vor allem im Umkreis der Dörfer Wehlheiden und Wahlershausen begleiteten bald zweigeschossige, vorstädtische Häuser die Straße.4
Den Ausbau der hessischen Landstraßen hatte bereits Landgraf Carl als wichtiges Infrastrukturprojekt initiiert,5 und nach dem Siebenjährigen Krieg wurde rings um Kassel die Anlage möglichst geradliniger Chausseen verstärkt vorangetrieben. Alleebäume dienten als Witterungs- und Sonnenschutz für die Reisenden und als Regenschutz für die Straßenoberfläche. Anfangs pflanzte man vor allem Weidenbäume, nach der Mitte des 18. Jh. bevorzugt Laubbäume wie Kastanien, Linden oder Pappeln.
Unterbrochen war die im Herkules gipfelnde Sichtachse nur durch das alte Weißensteiner Schloss. Als Landgraf Wilhelm IX. nach 1785 den Hang zu einem modernen englischen Landschaftspark umgestalten ließ, wollte er 1791 sogar ganz auf einen mittleren Schlossbau6 verzichten: Zwischen den beiden neuen Schlossflügeln (Weißenstein- und Kirchflügel)7 wäre die Achse der Allee unmerklich in den Park übergangen und hätte erst in Kaskaden und Herkulesmonument ihren Endpunkt gefunden (Abb. 1).8 Nur der Beharrlichkeit des landgräflichen Bauinspektors Heinrich Christoph Jussow, dem die neue Parkgestaltung oblag, ist das heutige Corps-de-Logis zu verdanken