Aufbrechen. Tsitsi Dangarembga. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Tsitsi Dangarembga
Издательство: Bookwire
Серия:
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9783944666686
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und ermüdend die vorhandenen Aufgaben waren, bevor nicht Babamukuru, bei dem verlassenen Haus angekommen, zu den Feldern hinausfuhr.

      Manchmal trug Babamukuru kurze Hosen, wenn er uns besuchte. Falls wir alle auf den Feldern waren, nahm er eine Hacke zur Hand und arbeitete eine Zeitlang mit, bevor er mit meinem Vater und Nhamo zur Heimstätte zurückfuhr. Dort hörte er sich den Bericht meines Vaters an: über unsere Verspätung beim Bestellen der Felder; wie die Kühe des Nachbarn unsere Felder plünderten; dass Babamukuru einen Stacheldraht besorgen solle, der Affen und Kühe fernhalten würde. Wenn Babamukuru keine kurzen Hosen trug, kehrten sie sofort zum Haus zurück. Meine Mutter band sich dann mit zusammengekniffenen Lippen die kleine Rambanai enger an den Rücken und arbeitete schweigend weiter. Die wilden Schwünge ihrer Arme, wenn sie einen Maisstängel griff und abschälte, hielt Netsai und mich vom leisesten rebellischen Murmeln ab. Wir stellten uns vor, wie dieser wilde Arm meiner Mutter zischend eine Rute über unsere Beine ziehen würde, und das machte uns sehr vorsichtig. Netsai legte meiner Ansicht nach übertrieben los, wenn meine Mutter schweigend wütend wurde. Sie hätte ein unanständig großes Stück Feld abgeerntet, eine peinliche Anzahl Kolben gesammelt, wenn ich mich nicht geschämt hätte, mich von meiner kleinen Schwester bei der Arbeit übertreffen zu lassen und so das Gesicht zu verlieren. Wir folgten den Spuren des Autos meines Onkels, wenn die Sonne sich zu neigen begann, und trieben die Kühe zurück in ihren Kral, denn es gab für diese Aufgabe außer Nhamo keinen anderen jungen Mann in unserer Familie. Wir beeilten uns sehr, um nicht zu spät zur Vorbereitung des Abendessens zu kommen. Ich selbst sah Babamukuru ungern in kurzen Hosen, denn in seiner Missionskleidung war er eine würdevolle Erscheinung, und so wollte ich ihn sehen.

      An den Tagen, an denen Babamukuru zu Besuch kam, töteten wir einen Hahn. Oder vielmehr, wir töteten einen Hahn, wenn wir einen entbehren konnten, sonst nur eine Henne. Wir töteten auch ein Huhn, wenn Nhamo nach Hause kam, ob mit Babamukuru oder allein. Netsai und ich trieben den Vogel in eine Ecke und fingen ihn schließlich, nachdem wir lange vergeblich nach Luft und Federn geschnappt hatten, bei der Jagd unterstützt von den Freudenschreien der kleinen Rambanai, die oft in Heulen endeten, wenn ihr der Vogel auf der Flucht vor uns ins Gesicht flog.

      An jenem bestimmten Novembernachmittag, an dem wir Nhamo zu Hause erwarteten, beschloss meine Mutter, ihr Gemüse zu bewässern – Raps, covo, Tomaten, derere und Zwiebeln –, welches sie auf einem Stück Land anbaute, das meiner Großmutter gehört hatte, in der Nähe der Hütte, aber doch eine Viertelstunde zu Fuß entfernt. Meine Mutter und ich gingen gemeinsam von den Feldern und trieben die Rinder vor uns her, bis wir den Gemüsegarten erreichten, wo wir uns trennten; sie ging bewässern, ich zur Hütte, die nicht gebrauchte Viehpeitsche in der Hand, denn das Vieh war genauso begierig nach Hause zu kommen wie ich. Unsere Schatten fielen länglich nach Osten, denn die Sonne ging hinter den Hügeln unter. Es war schon nach sechs. Zu dieser späten Zeit war ich sicher, Nhamo schon zu Hause vorzufinden, doch als ich vom Rinderkral heraufkam, sah ich nur Rambanai und Netsai im sandigen Hof vor der Küche spielen. Sie spielten nhodo, oder vielmehr spielte Netsai, und Rambanai warf nur die Steine hoch und protestierte lautstark, wenn Netsai wieder an der Reihe war. Rambanai war zu jung, um einen Stein in die Luft zu werfen, mehrere andere Steine aufzuheben und dann den ersten Stein im Fall zu fangen. Netsai wusste dies sehr wohl, aber sie genoss es trotzdem, Rambanai beim nhodo zu schlagen.

      Sobald Rambanai mich sah, kam sie angelaufen und protestierte heftig gegen die unfaire Netsai, doch in ihrer unverständlichen Sprache, so dass allein ihr Mienenspiel mir sagte, was sie meinte.

      „Ruhig jetzt“, sagte ich beruhigend, nahm sie in die Arme und setzte sie mir auf den Schoß. „Ich werde nhodo mit dir spielen. Das wird fein. Hat Nhamo dich sein Gepäck abholen lassen?“ fragte ich Netsai.

      „Nein, Schwester Tambu“, antwortete sie. „Mukoma Nhamo ist noch nicht gekommen.“

      „Er ist noch nicht gekommen?“ Ich war noch nicht beunruhigt, denn der Drei-Uhr-Bus war oft ein Vier- oder Fünf-UhrBus. Ich war sogar erleichtert. Ich würde den Hahn nicht töten müssen. „Dann vielleicht morgen, wenn ihn Babamukuru im Auto mitnehmen kann.“

      Wie ich Nhamo kannte, wusste ich, dass er nicht so spät am Tage zu Fuß ankommen würde, denn dann müsste er sein Gepäck selbst tragen, auch wenn es nicht viel war, denn er ließ seinen schweren Koffer bei Babamukuru zurück. Er hatte gewöhnlich nicht mehr als eine kleine Tasche bei sich, die seine Bücher sowie ein oder zwei Paar khakifarbene kurze Hosen enthielt, die einzigen seiner Kleidungsstücke, die er nicht zu ruinieren fürchtete, wenn er sie zu Hause trug. Manchmal hatte er auch eine Plastiktüte bei sich, die allerlei Krimskrams wie Zucker und Tee, Seife, eine Zahnbürste und Zahnpasta enthielt. Der Zucker und der Tee waren meist Geschenke meiner Tante für meine Mutter, doch Nhamo behielt sie für sich. Er trank dann süßen schwarzen Tee und las seine Bücher, während wir unsere Arbeit im Haus erledigten. Dies belustigte meine Mutter. Wenn sie ihn dabei erwischte, schimpfte sie ihn aus und schickte ihn zum Viehhüten, aber wenn sie davon erzählte, lachte sie. „Der Junge mit seinen Büchern! Er wird eines Tages einen hervorragenden Lehrer abgeben, bei all dem Lesen!“

      Jedenfalls war sein Gepäck nie zu schwer für ihn. Und trotzdem trug er es nie selbst. Stattdessen ließ er irgend etwas, einige Bücher, eine Plastiktüte, eine Kleinigkeit, nur des Prinzips wegen bei den Geschäften am Busbahnhof zurück, denn er stand auf freundschaftlichem Fuß mit allen. So konnte er Netsai losschicken, die Sachen zu holen, sobald er zu Hause ankam. Wenn er großzügiger Laune war, erbot er sich, währenddessen auf Rambanai aufzupassen, die noch auf unsicheren Beinen stand. Wenn er seinen wahren Charakter zeigte, erklärte er grinsend, es sei nicht Aufgabe eines Mannes, auf Kinder aufzupassen, und Netsai, die noch jung, aber groß für ihr Alter war, band sich das Baby auf den Rücken, um so das Gepäck zu holen. Wenn es für sie allein zu viel war, begleitete gelegentlich ich sie. Da ich wusste, dass er keine Hilfe brauchte, dass er uns nur seine Macht demonstrieren wollte, seine Autorität, uns zwingen zu können, Sachen für ihn zu erledigen, hasste ich es, das Gepäck meines Bruders zu holen. Fast so groß wie er, war ich, wenn er mich verärgert hatte, imstande, ihm ein Holzscheit aus dem Feuer ins Gesicht zu werfen. Also piesackte er mich nur wenig. Dafür bekam Netsai ab, was an mir vorbeiging. Nhamo machte es Spaß, ihr beim kleinsten Anlass den Stock zu geben. Um des Friedens willen ging ich mit meiner Schwester bis zu den Geschäften, wenn sie Hilfe brauchte, und den ganzen Weg brummten wir wütend vor uns hin und schimpften über die Faulheit unseres Bruders. Man wundert sich vielleicht, wieso ich nicht für meine Schwester eintrat und meinem Bruder sagte, er solle sein Gepäck selbst tragen. Ich tat es, als er Netsai diesen Auftrag zum ersten Mal gab. Er erklärte sich bereit selbst zu gehen, doch nachdem ich in die Küche zurückgegangen war, führte er Netsai außer Hörweite und verprügelte sie kräftig mit einem dünnen Pfirsichzweig. Arme Netsai! Sie erzählte mir, sie sei den ganzen Weg bis zu den Geschäften gerannt. Und dann fragte sie mich, wieso ich sie nicht gleich hätte gehen lassen?! Zuerst dachte ich, sie stelle wegen der Schläge so eine dumme Frage, doch später wurde mir klar, dass es ihr wirklich nichts ausmachte, Nhamos Gepäck zu tragen, wenn es nicht zu viel für sie war. Sie war ein süßes Kind, von der Sorte, die später eine reizende, traurige Frau abgeben.

      Das war nicht das einzige Unsympathische an meinem Bruder. Dieser unser Nhamo war voller unvernünftiger Ideen. Selbst nach all diesen Jahren glaube ich, dass es in unserem Heim gesünder zuging, wenn er nicht da war. Damals war ich mir jedenfalls sicher. Ich erinnere mich, an jenem Novembernachmittag Erleichterung empfunden zu haben. Da ich nun den Hahn nicht töten und zubereiten musste, brauchte ich mich nur um das sadza und das Gemüse zu kümmern. Das war keine Arbeit, so dass ich noch zum Garten zurückgehen und meiner Mutter helfen konnte. Der Gedanke an meine Mutter, die so hart, so allein arbeitete, deprimierte mich stets, aber schließlich beschloss ich, das Abendessen vorzubereiten, damit sie sich nach ihrer Heimkehr ausruhen konnte. Denn ich wusste, wenn es noch Arbeit gab, nachdem sie das Wässern beendet hatte, würde sie sich weiter abrackern.

      „Was ist los, Schwester Tambu?“ fragte Netsai und riss mich aus den Gedanken. Ich bewegte Rambanai auf meinen linken Schenkel und spürte, dass mein Knie eingeschlafen war.

      „Was ist los, Schwester Tambu?“ erkundigte sich Rambanai. Typisch Netsai, eine Frage zu stellen, die ich nicht beantworten konnte. Ich wollte meinen