staubsaugen,
Töpfe abspülen,
kochen und noch mal kochen.
Gut gelaunt sein.
Nicht zu oft vor den Kindern weinen.
Singen oder auch nicht singen, je nach Laune der Kinder.
Geschichten erzählen, Geschichten vorlesen.
Zuhören, was die Kinder erzählen, obwohl man etwas anderes denken und etwas anderes tun muss.
Zuhören und so tun, als ob man es versteht.
Sich dafür schämen.
Unendlich geduldig sein.
Alles erklären.
Verkatert Frühstück machen.
Verständnis haben.
Immer in den eigenen Gedanken unterbrochen werden.
Immer den eigenen Rhythmus von jemand anderem bestimmen lassen.
Lego bauen.
Stifte anspitzen.
Fünftausendmal die gleichen Spiele spielen.
Lieben, lieben, lieben.
Grenzen respektieren.
Eigene Grenzen setzen.
Eigene Grenzen immer wieder übertreten lassen.
Einkaufen.
Kochen.
Waffeln backen.
Hintern abwischen.
Kotze aus der Bettwäsche und den eingepinkelten Hosen waschen,
Betten beziehen.
Staubsaugen.
Arien üben, die außer mir vermutlich kein Mensch je hören wird, täglich siebenhundert Bewerbungsbriefe abschicken.
Fingernägel schneiden.
Ponys schneiden.
Lustige Drachen aus Transparentpapier basteln.
Kuscheltiere nähen und hinterher die ganzen Schnipsel wegfegen, angemalte Steine und festgeklebte Nudeln aufsammeln, den Boden sauberlecken, weil mir das Wasser abgestellt wurde.
Den ganzen Kitamassenmailzirkus verfolgen.
Ritterburgen und Zoos aus Kaplasteinen bauen, Bausteine, die ich nicht mal kenne, du Arschloch«, sagt sie dem Mann. »Los, Schuhe aus!«
Der Aufzug glänzt verschwommen. Sie weiß nicht, warum sie weint. In kleinen Schrittchen stemmt sie sich über den Teppich. Die Schuhe sind wirklich zu klein. Aber sie kann gehen. Ihr ist so übel. Sie merkt, wie die Angst sich in ihr formt, sie sieht Kinderhände, aber die Körper fehlen, einzelne Hände, sie kann sie nicht zusammenkriegen.
Die Aufzugstüren gleiten auseinander, der strenge Roomboy kommt ihr entgegen. Neben ihm jemand, der sehr geschäftlich wirkt, und ein grauhaariger Mann mit Arztkoffer. Der Roomboy zeigt mit dem Finger: »Das ist sie!«
»Ihnen ist nicht gut?«, fragt der Geschäftliche.
»Geht Sie das was an?« Sie schluckt ihre Rotze herunter. Ihr Finger berührt den E-Knopf.
Der Mann greift ihr an die Schulter. »Dann geht es Ihnen wohl besser, das freut mich zu hören. Und gut, Sie noch anzutreffen«, sagt er. »Wir konnten Sie gestern leider nicht erreichen. Es gibt ein kleines Problem mit Ihrer Kreditkarte, Sie haben doch bestimmt noch andere Zahlungsmöglichkeiten? Und es gab ein Versehen, einer Dame wurde ein Einkauf mit Kleidung geschickt, der unglücklicherweise an der Rezeption bei Ihnen gelandet ist? Diese Tüte bräuchten wir selbstverständlich zurück. Waren Sie denn gestern noch auf der Premiere?«
Er schaut sie an, von oben bis unten. Ihre Haut kribbelt. Die Handflächen kleben. Der Magen an der Schädeldecke. Was für eine Premiere? Der Mann stinkt. Raucherschweiß und Aftershave. Der Teppich riecht nach Hund.
Sie reißt sich los, er bleibt irritiert stehen.
Während die Aufzugtüren sich schließen, hört sie den Mann ohne Schuhe sagen: »Nein, ich kenne sie auch nicht.«
Sie nimmt sich vor, erst außerhalb des Hotels zu kotzen. Auf dem begrünten Mittelstreifen, an einer auch bei Hunden sehr beliebten Stelle.
Man kann ja viele Dinge steuern. Mit hohem Fieber eine Premiere singen, eine Geburt überleben, obwohl man währenddessen merkt, das geht nicht, das ist zu groß, es lebt schon mehr, als man vorher ahnte, und die Schmerzen hebeln jede eigene Wahrnehmung aus. Sie hatte immer das Gefühl, einen Vertrag mit ihrem Körper schließen zu können, dem zufolge er erst nach dem Erbringen einer bestimmten Leistung zu seinem Recht kommen durfte.
Bis auf die Straße, das ist diesmal das gesetzte Ziel.
Der Aufzug spuckt sie in hellen Marmor. Sie schwankt auf einen Tisch mit vielen Vasen zu. Blitzschneller Richtungswechsel. Dahinten das Licht, sehr fern hinter dem vor Betriebsamkeit surrenden Foyer. Sie presst den Mund zusammen. Denn wenn das hier danebengeht, halten die sie fest. Schneller. Sie rammt zwei Männer in Polohemden, die sie anstieren. Sie weicht aus. Das Plätschern eines Springbrunnens knallt ihr entgegen, überall Sessel und Tische. Der Boden ist weich unter ihren Füßen, ein Teppich, beige-bordeaux gemustert. Eine Gruppe Frauen strecken ihre Pos für ein Gruppenfoto zusammen. Parfums kreischen durcheinander. Der Geruch von Kaffee weht herüber, ihre Übelkeit drückt gegen den Gaumen. Sie beugt sich nach vorn, ihre Beine versuchen, nachzukommen.
Eine Frau von der Rezeption rauscht auf sie zu, weiße Bluse, geknotetes Tuch, sie ruft etwas. Wieder Richtungswechsel. Vom Klavier metallischer Chopin. Sie wühlt sich zwischen eine Rentnergruppe, aufgeblasene Stirnen, glänzend gekämmte Haare, Sahnegeruch von Cremes. Die Frau von der Rezeption nähert sich, wird von einem Mitglied der Rentnergruppe aufgehalten. Die Schuhe sind viel zu klein. Sie fixiert die Drehtür, holt tief Luft und stolpert ihr entgegen, der Mund ist voll, sie presst die Lippen aufeinander, nur noch wenige Meter nach draußen, sie trippelt, schluckt, die Säure drängt von innen gegen die Lippen. Ein Mann mit einer rosa Papiertüte steuert aus der Drehtür auf sie zu, ihre Beine bremsen, ihr Oberkörper wirbelt nach vorn, mit Nähmaschinenschrittchen in die Drehtür, sie fliegt nach draußen.
Sie stürzt zwischen den Taxis auf die Straße, ein Page in dunkelroter Uniform zieht sie zurück, ein Touristenbus donnert vorbei, seine Hand auf ihrem Rücken, sie reißt sich los, sieht zur Mittelinsel. Gras und eine Mülltonne, ein Fahrrad bremst. Sie prescht durch das Orange einer Touristenfahrradgruppe über die Straße, der überquellende Mülleimer neben einer Bank, ein Busch, sie weicht der Hundekacke aus und hält sich beim Kotzen die Haare aus dem Gesicht.
Ausgewrungen fällt sie auf die Bank. Vergorene Sommerluft, überall Moder und Dreck. Der Hals kratzt, der Kopf sticht. Wo fängt sie an? Wann hat sie die Kinder zuletzt gesehen? Wo waren sie? Sie kann sich nicht erinnern.
Panik steigt auf. Atmen. Tiefer. Sie legt sich hin, schließt die Augen.
Sie hält ihre weichen Hände. Auf ihrer linken Brust liegt der Flaum eines schweren Kopfes. In ihrer rechten Hand spürt sie die weichen Fingernägel einer Kinderhand, die beim Einschlafen zuckt.
Sie hat sie ins Bett gebracht. Wo ist dieses Bett?
Sie waren zusammen. Ein kleines Zimmer. Zwei aneinandergestellte Betten aus billigem Holz. Gelbe ausgekochte Bettwäsche. Sie hatten keine Schlafsachen, keine Schlafanzüge, keine Zahnbürsten. Kein Buch zum Vorlesen. Sie haben sich sofort ins Bett gelegt. Sie in die Mitte auf die Ritze, in ihren Armen die Kinder. Neben das Bett hatte sie auf beiden Seiten Stühle geschoben. Nein, nur auf der einen Seite einen breiten Stuhl, auf der anderen die einzige Kommode in diesem Zimmer. Die Kommode war schwer, sie quietschte laut beim Schieben, aber so konnte der Kleine nicht rausfallen in der Nacht. Sie hatten alle nacheinander noch einmal gepinkelt, im Flur gab es eine kleine Toilette mit starkem Pfirsichduft. Dann lagen sie im Bett. Neben ihnen ein Zahnputzbecher mit lauwarmem Wasser aus der Leitung, denn die