5.3Wenn mein krankes Kind nicht essen kann oder mag
6.1Das Kind isst mit – Ernährung der Mutter
6.2Stillen und Berufstätigkeit
6.4Kariesprophylaxe beim Kleinkind
7.2Wiederaufnahme der Stillbeziehung nach dem Abstillen
8Adressen, Links und weiterführende Literatur
Einige Worte vorweg
Liebe Eltern,
in Deutschland kommt jedes Jahr etwa eines von hundert Kindern mit einem Herzfehler zur Welt. Ein Teil dieser Kinder startet mit noch anderen Besonderheiten ins Leben – zum Beispiel einer Chromosomenstörung und/oder Erkrankung eines weiteren Organsystems. Dank unserer fortgeschrittenen Medizin sind die meisten angeborenen Herzfehler heute gut behandelbar. Über 90 Prozent dieser Kinder erreichen das Erwachsenenalter. Nichtsdestotrotz ist die Diagnose für die (werdenden) Eltern ein Schock. Auf Mutter und Vater stürmen viele Gefühle ein. Schließlich wünschen sich Eltern für ihr Kind den bestmöglichen Start ins Leben. Für ein Neugeborenes oder einen Säugling mit angeborenem Herzfehler oder einer anderen Erkrankung bedeutet dies: die optimale, der Schwere der Erkrankung angepasste, medizinische Versorgung. Und: die Ernährung mit Muttermilch.
Muttermilch ist in ihrer Zusammensetzung unnachahmlich, unterstützt das noch unreife Immunsystem des heranwachsenden Kindes und kann über die gesamte Lebensspanne vor einer Vielzahl von Erkrankungen schützen. Besonders für Babys, die krank und/oder zu früh zur Welt gekommen sind und nach der Geburt in einer Klinik behandelt werden müssen, ist Muttermilch wichtig, um Komplikationen vorzubeugen. Eine Mutter, die ihrem Kind Muttermilch gibt und ein Partner, der sie dabei unterstützt, leisten einen wichtigen Beitrag zur Genesung ihres Kindes. Und eine gelingende Stillbeziehung kann für Mutter und Kind sehr tröstend sein.
Dabei sind die Voraussetzungen für die Mutter eines kranken Kindes oft nicht optimal. Neugeborene mit angeborenem Herzfehler oder anderen schweren Erkrankungen werden häufig schon kurz nach der Geburt im Kreißsaal von ihren Müttern getrennt und zur Überwachung und Behandlung in eine Kinderklinik verlegt. Die räumliche Trennung vom Kind, der körperliche und vor allem psychische Stress für die junge Mutter können den Stillstart bzw. das In-Gang-Kommen der Milchbildung nach der Geburt ebenso erschweren wie der Umstand, dass das Neugeborene infolge seiner Erkrankung und Behandlung vielleicht kurz- oder längerfristig nicht in der Lage sein wird, selbst effektiv an der mütterlichen Brust zu saugen. Schlimmstenfalls stillt dann eine Mutter, die sich auf das Stillen gefreut hat und ihrem Kind Muttermilch geben wollte, früh ab, weil sie zu wenig Milch oder Beschwerden der Brust hat.
Ich hoffe, dieser Ratgeber kann euch den Start in das Leben mit eurem kleinen Wunder, und das ist euer Baby in jedem Fall, ein wenig erleichtern. Er informiert euch zu vielen Themen rund ums Stillen und die Ernährung mit Muttermilch. Stillen ist zwar ein natürlicher Vorgang, der seit Menschengedenken das Überleben des Homo Sapiens sicherte, andererseits will es von Mutter und Kind gelernt sein. Das Wissen über Faktoren, die das Stillen fördern oder stören können, ist wichtig. Dieses Buch gibt euch Antwort auf die Frage, wie die Muttermilchbildung angeregt und aufrechterhalten werden kann, wenn das Kind zeitweise nicht in der Lage ist, selbst an der Brust zu saugen. Und darüber, wie das kranke Kind beim Stillen unterstützt oder Muttermilch alternativ gefüttert werden kann. Aufgrund meiner persönlichen Betroffenheit als Mutter einer schwer herzkranken Tochter richtet es sich zwar in erster Linie an Eltern herzkranker Neugeborener und Säuglinge; die allgemeinen Empfehlungen gelten aber ebenso für die Muttermilchernährung von Kindern mit anderen Grunderkrankungen, insofern diese eine Ernährung mit Muttermilch zulässt.* Wurde die Erkrankung eures Kindes schon in der Schwangerschaft diagnostiziert, so könnt ihr euch mithilfe dieses Buches schon vor der Geburt über das Stillen und die Vorteile einer Ernährung mit Muttermilch informieren.
Auch wenn du als Mutter – egal aus welchem Grund – nicht stillen möchtest oder kannst und euer Baby künstliche Nahrung aus der Flasche bekommen soll, bekommt ihr als Eltern Informationen für den Aufbau einer guten Fläschchen-Beziehung. Denn an erster Stelle, noch vor der Art der Ernährung, steht die Bindung zum Kind!
Ich wünsche euch, eurem kranken Kind und eurer ganzen Familie viel Kraft und Zuversicht auf dem gemeinsamen Weg. Möge euer Kind gesund werden, und wenn dies nicht möglich ist und seine Lebenszeit begrenzt scheint, diese erfüllt sein mit viel Liebe und unzähligen glücklichen Momenten!
Herzlichst,
Julia Berg
*Bei bestimmten angeborenen Stoffwechselerkrankungen ist eine Ernährung mit Muttermilch ausgeschlossen (Galaktosämie) oder nur ein Teilstillen möglich (Phenylketonurie).
Über dieses Buch
Dieses Buch möchte euch werdenden und gewordenen Eltern mit Informationen zum Stillen von der Geburt des Kindes bis zum Abstillen versorgen. Aber es ersetzt nicht die Begleitung und Unterstützung durch eine erfahrene Hebamme oder Stillberaterin, vor allem wenn dies euer erstes Kind ist. Haltet ihr schon einige Monate vor dem geplanten Entbindungstermin nach einer Hebamme Ausschau, ist das optimal. So könnt ihr euch eine Betreuung für die Zeit nach der Geburt sichern und die Hebamme noch in der Schwangerschaft kennenlernen. Bei diesem Treffen kann die Hebamme euch unter anderem verschiedene Stillpositionen zeigen. Auch wenn dies nicht euer erstes Kind ist und du in der Vergangenheit größere Schwierigkeiten beim Stillen hattest, kann ein Beratungsgespräch in der Schwangerschaft helfen; ebenso, wenn du zum ersten Mal schwanger bist und Zweifel an deiner Stillfähigkeit hast. Plant ihr die Geburt in einer Kinderklinik, die weit von eurem Wohnort entfernt liegt, ist es sinnvoll, auch Kontakt zu einer Hebamme vor Ort aufzunehmen – denn es kann gut sein, dass ihr die ersten Wochen nach der Geburt mit dem Baby dort verbringen werdet. Diese Hebamme kann dich nach der Geburt in einem sogenannten Elternhaus der Klinik oder auf Station besuchen und euch gerade in den ersten Tagen und Wochen nach der Geburt mit Rat und Tat zur Seite stehen – auch über Stillthemen hinaus. Hebammen arbeiten ganzheitlich und kümmern sich um das körperliche und seelische Wohlbefinden der Mutter.
Wie wichtig die Ernährung mit Muttermilch vor allem für kranke Neugeborene und Säuglinge ist, ist in der Regel bei Ärztinnen und Pflegepersonal bekannt. Aber oft es