Seewölfe Paket 10. Roy Palmer. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Roy Palmer
Издательство: Bookwire
Серия: Seewölfe - Piraten der Weltmeere
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9783954394999
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Duc – Masot hatte es zumindest in Aussicht gestellt, daß wir uns die Frauenzimmer heute nacht mal so richtig vornehmen dürfen.“

      Der Riese grinste plötzlich. „Ja, stimmt, ich kann mich daran erinnern. Du meinst also, es ist kein eigenmächtiges Handeln von mir, wenn ich die wilden Weiber an unserem kleinen Fest teilhaben lasse?“

      „Genau das meine ich“, erwiderte Picou. Er grinste jetzt auch – noch ein wenig hinterhältiger und begieriger als Grand Duc.

      Grand Duc dachte wieder nach, dann hob er den Kopf und sagte entschlossen: „Also gut. Ich fahre selbst mit dem Boot zur ‚Saint Vincent‘ ’rüber und hole die Frauenzimmer. Picou, du begleitest mich. Nimm noch zwei andere als Rudergasten mit, verstanden?“

      „Ja.“ Picou drehte sich um und lief zu den Feuern zurück.

      Wenig später schwamm das eine Beiboot der Piraten-Galeone, das die Männer zum Übersetzen auf die Insel benutzt hatten, frei im flachen Wasser der Lagune. Grand Duc, Picou und zwei andere Freibeuter setzten sich unter den Hochrufen der anderen auf die Duchten und pullten los.

      3.

      Sie hatten sich bis zum Vordecksschott der Backbordseite vorgepirscht, ohne auch nur den geringsten Laut zu verursachen. Andai öffnete behutsam das Schott zur Kuhl. Hauula war neben ihm, hinter ihnen drängten sich Mara, die beiden jungen Männer Numil und Moho, und weiter achtern im Schiffsgang standen geduckt die übrigen Mädchen, jungen Frauen und Männer.

      Das Schott stand nun spaltbreit offen, und Andai und Hauula spähten über die Kuhl zu den drei Männern, die sie nahe der Gräting undeutlich sehen konnten.

      „Wo ist der vierte?“ wisperte Hauula.

      „Vielleicht auf dem Achterdeck“, gab Andai genauso leise zurück.

      „Oder über uns?“

      „Möglich ist es. Auf jeden Fall sind es vier Ankerwachen.“

      „Wir müssen sie überlisten. Irgendwie.“

      „Das schaffen wir nie“, flüsterte Andai. „Wir haben im Vordeck nur ein paar hölzerne Knüppel als Waffen gefunden. Damit können wir sie nicht überwältigen. Niemals!“

      „Nur, wenn sie uns den Rücken zukehren“, raunte Hauula.

      „Den Gefallen tun sie uns nicht.“

      Sie wandte ihm das Gesicht zu und musterte ihn im Dunkel des Niedergangsschachtes. Er konnte ihre Augen schimmern sehen.

      „Andai“, flüsterte sie. „Ich könnte dafür sorgen. Daß sie abgelenkt werden, meine ich. Ich gehe zu ihnen und dann …“

      „… schießen sie dich nieder. Nein.“ Er hielt sie am Arm fest.

      „Auf ein Mädchen schießen sie nicht.“

      „Weißt du das?“

      „Sie werden mich packen, um sich einen – einen Spaß mit mir zu erlauben. Ganz bestimmt tun sie es.“

      Seine Finger schlossen sich noch fester um ihren Unterarm. „Und in der Zwischenzeit fallen wir über sie her? Ja, ich begreife schon, wie du das meinst. Aber es klappt nicht. Als erstes werden sie sich fragen, wie du überhaupt dein Verlies verlassen konntest. Hast du daran gedacht?“

      „Still“, raunte sie.

      Über ihren Köpfen waren jetzt dumpfe Laute zu vernehmen. Schritte – sie bewegten sich auf den Planken der Back, also auf dem Deck, das sich genau über ihnen erstreckte. Die Schritte polterten die Stufen des Niedergangs der Backbordseite hinunter. Andai, Hauula, Mara, Numil, Moho und die anderen erstarrten und hielten unwillkürlich den Atem an.

      Eine Männerstimme sagte etwas in der seltsamen, für die Insulaner unverständlichen Sprache der Freibeuter. Mit den knarrenden Schritten, die sich zügig über die Planken bewegten, schien diese Stimme dem Vordecksschott näher und näher zu rücken.

      Andai hätte das Schott jetzt gern wieder geschlossen, aber er wagte es nicht. Er ließ Hauulas Arm los und umklammerte mit beiden Händen fest den hölzernen Belegnagel, den er beim Durchsuchen des leeren Mannschaftslogis’ entdeckt hatte. Er hob die primitive Waffe und war bereit, sie dem Ankömmling kräftig übers Haupt zu ziehen.

      „He!“ sagte draußen die Stimme. „Grand Duc und drei andere von uns pullen mit der Jolle herüber, habt ihr’s schon gesehen?“

      „Nein“, antwortete eine der drei Ankerwachen bei der Kuhlgräting. „Hast du eine Ahnung, was die wollen?“

      „Ja, ich hab so eine Ahnung, daß sie sich was zum Zeitvertreib holen wollen“, sagte der, der gerade von der Back heruntergestiegen war.

      Die anderen drei lachten.

      Andai, Hauula und ihre Brüder und Schwestern atmeten auf, denn die Stimme dieses Sprechers entfernte sich jetzt doch von ihnen. Im nächsten Moment vermochte Andai auch die Gestalt dieses Kerles zu sehen, denn der Pirat wanderte von der Backbord- zur Steuerbordseite des Schiffes hinüber, und das Schott versperrte dem Insulaner zu diesem Bereich der Galeone hinüber nicht die Sicht.

      Der Mann von der Back gesellte sich zu seinen drei Kumpanen. Alle vier traten sie jetzt an das Schanzkleid der Steuerbordseite, lehnten sich leicht über und spähten in die Nacht.

      „Ja, es stimmt, da kommt die Jolle“, sagte der eine.

      Jolle – dieses Wort hatte Andai verstanden. Und er wußte auch, daß die „Saint Vincent“ ihre Steuerbordseite dem Strand der großen Lagune zugekehrt hielt. Die Wachtposten blickten jetzt also dort hinüber und mußten im flackernden Schein der Lagerfeuer die Umrisse des Bootes gut erkennen können.

      Andai wandte sich zu den anderen um. „Das Boot – diesmal nähert es sich wirklich“, flüsterte er ihnen zu. „Wir müssen jetzt handeln. Jetzt oder nie …“

      „Ich bleibe an deiner Seite, Andai“, wisperte Hauula.

      Andai schob das Schott noch ein Stück weiter auf – gerade so weit, daß der Spalt groß genug war, um einen Mann seiner Statur durchzulassen. Dann glitt er als erster hinaus auf die Kuhl, gefolgt von Hauula. Nach und nach schlüpften auch die anderen ins Freie. Als die Hälfte der Insulaner das Vordeck verlassen hatte, befanden sich Andai und Hauula bereits auf der Höhe der Gräting, schlichen sich an die Rükken der vier Piraten heran und hoben die Koffeynägel, die sie beide in den Händen hielten.

      Numil und Moho waren mit zwei, drei Schritten neben Andai und Hauula. Numil hatte sich mit einer Handspake bewaffnet, Moho verfügte nur über ein Stück Planke, das er aus der Werkstatt des Schiffszimmermanns hatte entwenden können.

      Die vier braunhäutigen Gestalten wuchsen hinter den Piraten hoch. Bevor ihre Schlagstöcke auf die Köpfe der Freibeuter niedersausten, nahm der Mann von der Back eine vage Regung hinter sich wahr, wandte den Kopf und gewahrte im nächsten Atemzug Moho, der mit drohend verzerrter Miene direkt hinter ihm stand.

      Der Mann von der Back gab einen heiseren Laut von sich, griff zur Pistole und wollte sie aus dem Gurt reißen, aber seine Reaktion erfolgte zu spät.

      Moho schlug zu.

      Im selben Moment ließen auch Andai, Hauula und Numil ihre Knüppel auf die Häupter der Gegner niederhageln. Alle Schläge waren gut gezielt und von größter Wirksamkeit. Die Franzosen brachen zusammen und sanken schlaff auf die Planken der Kuhl.

      Andai hielt seinen Belegnagel bereit, um gleich noch einmal zuzuhauen, aber er sah, daß dies nicht nötig war. Die vier Piraten waren bewußtlos.

      Andai blickte über das Steuerbordschanzkleid zu den Lagerfeuern und konnte nun auch die Konturen des näher gleitenden Bootes erkennen.

      Hauula, Numil und Moho hatten sich über die reglosen Gestalten gebeugt und waren dabei, ihnen die Waffen abzunehmen – die Pistolen, Entermesser, Säbel und Messer.

      Die anderen Insulaner