Seewölfe Paket 28. Roy Palmer. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Roy Palmer
Издательство: Bookwire
Серия: Seewölfe - Piraten der Weltmeere
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9783954399963
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mit Mustafa und den Zwillingen eingetroffen. „Es könnte ein Trick sein.“

      Hasard nickte und beugte sich über den Mörder. Aber dieses Mal bediente sich der Mann keiner Finte. Er war wirklich ohnmächtig. Hasard drehte ihn auf den Rücken und zog ihm die Kapuze vom Kopf.

      9.

      Mac Pellew trat langsam näher. Mit verkniffenem Gesicht blickte er auf den Mörder, der fünf Menschenleben auf dem Gewissen hatte.

      „Da haut’s mich doch gleich um“, sagte er plötzlich. „Den kenne ich doch!“

      Hasard sah den zweiten Koch und Feldscher der „Santa Barbara“ überrascht an. „Ist das dein Ernst?“

      „Klar.“

      „Wo bist du ihm begegnet?“ fragte der Seewolf.

      Mac schnippte mit den Fingern. „Jetzt fällt’s mir wieder ein. In der Kasbah. Ja, wir waren doch unterwegs, um Proviant einzukaufen. Da lief uns der Kerl über den Weg, und Ed meinte, ich sollte ihn mal anquatschen. Das hab ich getan. Aber der Kerl verstand ja kein Wort. Sagte nur ‚Yallah, yalla‘ oder so was Ähnliches und war weg. Irgendwie kam er mir nicht ganz echt vor.“

      „Das war auch einer seiner Tricks“, sagte Hasard mit einem Blick auf den immer noch besinnungslosen Täter. „Donegal hatte also recht. Der Mörder ist ein Einheimischer.“

      Sultan Quabus bin Said erschien und trat auf Hasard, Mac und den Bewußtlosen zu.

      „Er ist mein Halbbruder“, sagte er tonlos.

      „Was?“ Mac war völlig verdutzt.

      „Viele Jahre hat er bei mir im Palast gelebt“, erklärte der Sultan. „Damals, als der alte Brunnen noch existierte. Hassan war beim Bau dabei. Deshalb kennt er sich so gut aus. Eines Tages erwischte ich ihn mit einer meiner Lieblingsfrauen. Ich verstieß die Frau und entsandte Hassan in die Stadt, wo er den Beruf des Muftis, des Gesetzeskundigen, erlernte. Er war froh, daß er am Leben bleiben durfte. Ich hatte Gnade vor Recht ergehen lassen. Es wurde sehr still um Hassan. Er führte ein einfaches, zurückgezogenes Leben. Bald erinnerten sich die wenigsten daran, daß er mein Halbbruder ist. Er soll aber mit den Portugiesen paktiert haben – mit diesem Moravia. Das habe ich heute abend von einem meiner Spitzel erfahren, der sich in Masquat umgehört hat.“

      „Aha“, sagte Mac. „Der bestochene Mufti.“

      „Auch ein Kadi hat Bakschisch erhalten“, fuhr der Sultan fort. „Er ist bereits seines Amtes enthoben. Nach den Portugiesen lasse ich suchen. Sie sind offenbar nicht aufzufinden.“

      „Sie wollten mein Schiff überfallen“, sagte der Seewolf.

      „Sie werden das schwer bereuen“, erwiderte Quabus bin Said. „Ihre Waren sind beschlagnahmt. Sie werden an die rechtmäßigen Eigentümer zurückerstattet. Viele Bestohlene hielten ihren Mund, weil sie Angst vor Repressalien durch die Bande hatten. Das wird es in Zukunft nicht mehr geben.“

      „Du tust gut daran, deine Augen offenzuhalten.“

      „Du hast sie mir geöffnet, Kapitän Killigrew.“

      „Ich habe nur das getan, was ich für meine Pflicht gehalten habe“, entgegnete Hasard.

      „Und du hast Zaira gerettet“, sagte Quabus bin Said.

      „Auch eine Pflichtsache“, sagte Mac.

      „Ich werde dir ewig dankbar sein, Kapitän Killigrew“, sagte der Sultan ergriffen. „Ich werde deinen Mut und deinen Einsatz nicht vergessen.“

      Hassan, der Mörder, war zu sich gekommen. Er spuckte verächtlich vor den Männern aus.

      „Verräter deiner Rasse!“ beschimpfte er seinen Halbbruder. „Nur ein Schakal wie du kann gut Freund mit einem Giaur werden!“

      Wächter traten heran, um den Mann zu packen.

      „Und was hast du getan? Gelder hast du von den Portugiesen angenommen“, erwiderte Quabus bin Said.

      „Nur zum Schein! Ich hätte sie alle umgebracht, diese Bastarde, diese Giaurs – wenn ich deinen Thron übernommen hätte!“

      „Das war also dein Ziel.“

      „Das! Denn nur ein richtiger Mann, der wie ein Araber und Sohn Allahs denkt und handelt, kann in Masquat herrschen!“

      „Die Hitze der Sommertage hat dich um den Verstand gebracht, du erbärmlicher, hinterhältiger Wurm“, sagte der Sultan so ruhig wie möglich. „Du bist ein Satan in Menschengestalt. Warum hast du nicht mich angegriffen, wenn du meinen Platz wolltest?“

      „Das hätte ich noch getan!“ schrie Hassan.

      „Nur eine Memme wie du vergreift sich an wehrlosen Frauen!“ stieß der Sultan wutentbrannt aus. „Du bist ein Aasfresser!“

      „Ich wollte dich langsam zermürben!“ heulte Hassan.

      „Dafür wirst du furchtbar sterben“, sagte Quabus bin Said. Er klatschte in die Hände und nickte den Wächtern zu. „Führt ihn ab.“

      Hassan vollführte eine Drehung. Die Wächter wollten ihn packen, aber der magere Kerl entriß einem von ihnen den Säbel. Hasard wollte eingreifen, doch dann sah er, welche Absicht der Attentäter hatte. Hassan rammte sich die Klinge selbst in den Leib.

      „So stirbt ein gläubiger Muselman“, stöhnte er noch. Dann brach er zusammen.

      Der Kutscher, der mittlerweile auch eingetroffen war, untersuchte den Mann.

      „Tot“, sagte er.

      „So hat ein räudiger Hund sein Leben ausgehaucht“, sagte Quabus bin Said. „Ich hätte ihn schon, früher töten sollen.“

      „Ein Fanatiker“, sagte der Seewolf. „Er hätte immer wieder gewissenlos gemordet, bis er sein Ziel erreicht hätte.“

      „Schafft ihn fort“, sagte der Sultan zu seinen Wächtern. „Ich will ihn hier nicht mehr sehen.“

      Der Tote wurde fortgetragen. Hasard, der Sultan, Mac, Mustafa, die Zwillinge und alle anderen verließen den Harem. Am Ausgang stand Zaira, nunmehr vollständig angekleidet. Stumm drückte sie dem Seewolf die Hand. Tränen standen in ihren Augen.

      „Ich wäre tot, wie Lamia“, sagte sie. „Wenn du nicht gewesen wärest, Efendi.“

      Hasard nickte ihr aufmunternd zu. Dann stand er im Park und blickte zum Himmel auf. Es war eine klare, wolkenlose Nacht. Eine Last war von seinem Herzen genommen worden. In Masquat würden die Dinge wieder ihren geregelten Lauf nehmen.

      „Freunde“, sagte Hasard zu seinen Mannen. „Es wird Zeit, daß wir nachsehen, wie es unseren Arwenacks ergangen ist.“

      „Aye, Sir“, erwiderte Mac mit sauertöpfischer Miene. „Wahrscheinlich gibt’s ein paar Knochen zu flicken.“

      „Wo ist eigentlich Plymmie?“ fragte Hasard.

      Die Zwillinge deuteten zum Hof. Plymmie war ein Riesennapf mit Leckerbissen vorgesetzt worden. Frischer Hammel und Leber. Anordnung vom Sultan. Es schien ihr ausgezeichnet zu schmecken. Zufrieden wedelte sie mit dem Schwanz.

      Masquat bot immer wieder neue Überraschungen. Am Morgen nach der Schreckensnacht führten Soldaten des Quabus bin Said den Portugiesen Silvestro Moravia in den Hafen. Sie hatten ihn gefaßt, als er mit benommenem Kopf versucht hatte, sein Gewölbe zu betreten.

      Jetzt erhielt er, was er verdiente: zwanzig Stockhiebe auf die Fußsohlen. Danach konnte er nur noch humpeln. Er mußte Masquat für immer Verlassen und konnte froh sein, daß ihn der Sultan nicht hatte vierteilen lassen.

      Die Männer der „Santa Barbara“ wohnten dem etwas makabren Schauspiel von Bord ihres Schiffes bei.

      „Wo stecken eigentlich die anderen Kerle?“ fragte Ben Brighton. „Der Glatzkopf zum Beispiel?“