Seewölfe Paket 11. Roy Palmer. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Roy Palmer
Издательство: Bookwire
Серия: Seewölfe - Piraten der Weltmeere
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9783954395002
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ihn ins Bewußtsein zurückgerufen. Entsetzt wollte er hochfahren, doch Hände drückten ihn auf sein Lager zurück.

      „Nun mal immer mit der Ruhe“, sagte eine rauhe Stimme. „Mit zappeligen Patienten haben wir auf diesem Schiff nicht viel im Sinn.“

      Young hob den Blick und sah über den Kopf und die Schultern eines Mannes hinweg, der sich offensichtlich um seine Blessur bemühte, genau in das derbe, narbige Gesicht eines riesigen Kerls, der ein Kinn wie ein Rammklotz und Schultern so breit wie ein Schiffsschapp hatte.

      „Die Krokodile, mein Gott, die Krokodile“, stammelte Morgan Young.

      „Hol’s der Teufel“, sagte der Narbenmann unwirsch. „Ich bin kein Krokodil, du Witzbold, ich bin der Profos auf diesem Kahn. Mein Name ist Edwin Carberry, verdammt noch mal, und solange ich hier meines Amtes walte, herrschen Ordnung und Disziplin, verstanden?“

      „Verstanden, Sir“, erwiderte Young beeindruckt von so viel Autoritätsgebaren.

      Der andere Mann hob jetzt seinen Kopf und lächelte Young freundlich zu. „Keine Angst, Freund, so wüst sind die Sitten an Bord der ‚Isabella‘ nun auch wieder nicht – und bellende Hunde beißen bekanntlich nicht.“

      „Wie war das eben, Kutscher?“ fragte Carberry drohend.

      „Mister Carberry, Sir, ich erkläre unserem Patienten nur, daß er hier unter Freunden ist und daß es um seine Beinwunde nicht so schlimm bestellt ist, wie man anfangs vielleicht denken konnte.“

      „Aha.“

      „Ich habe das linke Bein abgebunden und die Fleischwunde desinfiziert, also ausgebrannt und mit Tinktur gesäubert. Nach der Kugel habe ich aber vergeblich gesucht, die steckte nämlich nicht in der Wade.“

      „Na, ein Glück“, brummte der Profos.

      Der Kutscher reichte Young die Hand. „Willkommen an Bord der ‚Isabella‘. Ich bin der Feldscher, du kannst dich darauf verlassen, daß du hier anständig gesundgepflegt wirst.“

      Young ergriff die ihm dargebotene Hand und schüttelte sie. Er stellte fest, daß er keine Handschellen und keine Kette mehr trug, und hob verwundert die Augenbrauen.

      Der Kutscher lachte. „Ferris hat dir die Kette gleich abgenommen, als wir dich an Bord gehievt hatten. Ich schätze, du fühlst dich jetzt ein wenig erleichtert.“

      „Mächtig erleichtert, Sir.“

      „Nenn mich Kutscher, so rufen mich hier alle.“

      „In Ordnung, Kutscher. Habe ich viel Blut verloren?“

      „Nur ein paar Gallonen, aber du kommst schon wieder auf die Beine, Mann“, sagte Carberry in seiner üblichen schroffen Art. „So, und jetzt hört mit eurem albernen Geschwafel auf. Zur Sache: Wie ist dein Name?“

      „Morgan Young.“

      „Engländer?“

      „Mein Gott, das hört man doch – sowohl an seiner Aussprache als auch an seinem Namen“, stöhnte der Kutscher.

      „Kutscher, halte die Futterluke, du bist nicht gefragt worden“, fuhr der Profos ihn an. „Nun, Young?“

      „Ich bin wirklich Engländer. Gebürtig aus Southampton.“

      „Ekliges Nest“, meinte Carberry. „Aber besser als gar nichts. Fein, daß wir dich aufgefischt haben, was, wie? Ich hab schon gedacht, du wärst ein Don oder vielleicht ein Ire oder ein Schotte, der sich als Engländer ausgibt …“

      „Selig sind die geistig Armen“, murmelte der Kutscher, vorsichtshalber aber auf lateinisch, wie Doktor Freemont es ihm seinerzeit mal beigebracht hatte. Er schickte einen Blick zur Balkendecke der Achterdeckskammer hoch, mit dem er die außerirdischen Mächte um Vergebung für die polternde, ungeschickte Art des Profos bat, mit Neulingen umzugehen. Viele mutige Männer hatten sich schon zutiefst erschrokken, als sie dem Narbenmann zum erstenmal begegnet waren.

      „… und du sollst mich nicht immer unterbrechen, Kutscher!“ führte Carberry seine Rede zu Ende. „Sonst setze ich dich doch noch mit deinem Hintern in die heiße Suppe, die du uns vorzusetzen wagst.“

      „Ja, Sir“, sagte der Kutscher. Man sollte es schließlich nicht zu weit treiben.

      Carberry trat dicht vor Morgan Young hin und drückte ihm ebenfalls die Hand. „Wir Engländer müssen zusammenhalten, was, Morgan?“

      „Sicher, Sir. Wie kann ich mich für meine Rettung bedanken?“

      „Warte, ich sage jetzt unserem Kapitän Bescheid“, brummte Carberry. Er schritt durch den wankenden Schiffsraum zur Tür, öffnete sie und rief in den Gang hinaus: „Sir, du kannst ihn dir anschauen. Er ist nicht abgekratzt, sondern aufgewacht und scheint auch schon wieder recht munter zu sein!“

      „Hasard?“ fragte Morgan Young verdutzt und blickte den Kutscher an.

      Der erwiderte: „Ja. Philip Hasard Killigrew. So heißt unser Kapitän.“

      Youngs Augen weiteten sich. „Das gibt’s doch nicht. Philip Hasard Killigrew – der Seewolf. Ich werd verrückt!“

      7.

      Wütend hatten die beiden Landtrupps der Spanier vom Ufer aus verfolgt, wie die Männer der fremden Galeone den Kettensträfling Young geborgen hatten. Jetzt wandten sie sich ab und verschwanden wieder im Busch, um ins Gefangenenlager von Airdikit zurückzukehren und Don Felix Maria Samaniego Bericht zu erstatten.

      Zwei andere Soldaten hatten bereits den Leichnam ihres von Morgan Young getöteten Kameraden zurück in die Strafkolonie geschafft, dorthin, wo der junge Spanier Romero inzwischen wie ein Hund verscharrt worden war.

      Die beiden zwanzigköpfigen Suchtrupps hatten einen totalen Mißerfolg zu verzeichnen. Ihre Führer wußten nicht mehr weiter, sie waren ratlos und brauchten neue Befehle von ihrem Kommandanten, wie jetzt zu verfahren war.

      Für den Rückmarsch ins Lager brauchen sie mindestens eine Stunde Zeit.

      Die jeweils acht Mann Besatzung der beiden Pinassen und der Schaluppe hingegen, die auch im Morgengrauen noch rund um die Einfahrt zur geschützten Ankerbucht von Airdikit nach dem verschwundenen Engländer gefahndet hatten, hatten derweil die Explosion der Flaschenbombe vernommen und auch wie aus weiter Ferne Geräuschfetzen gehört, die wie das Krachen von Musketen klangen.

      Der Teniente, der den kleinen Verband leitete, beschloß, selbst mit seiner einmastigen Pinasse nach Südosten zu segeln und nach der Ursache für die Schießerei zu forschen. Die zweite Pinasse und die Schaluppe indes sollten weiterhin vor der Einfahrt zur Bucht patrouillieren und den in nordwestlicher Richtung verlaufenden Küstenstreifen kontrollieren, der während der Nacht noch nicht abgesucht worden war.

      Der Teniente hieß Leandro Moratin.

      Teufel auch, dachte er, während seine Männer die Pinasse wendeten und mit neuem Kurs an den Wind brachten, sollten die Landtrupps diesen verfluchten englischen Bastard wirklich doch noch gestellt haben?

      Wenig später sichtete Moratins Ausguck Mastspitzen an der südöstlichen Kimm und kurz darauf die vollständigen Masten einer Galeone, die mit aufgegeiten Segeln da lag.

      Was er von der Entdeckung dieses Schiffes nun halten sollte, wußte der Teniente Moratin nicht. Er nahm sich aber fest vor, den Dingen auf den Grund zu gehen.

      Deshalb steuerte er seine Pinasse mit unverändertem Kurs auf die Dreimast-Galeone zu, die ihrerseits beigedreht im Wind liegenblieb.

      Hasards breitschultrige Gestalt erschien im Rahmen der Tür zur Achterdeckskammer. Carberry rückte ein Stück zur Seite und hielt sich am Schapp fest, damit er nicht ins Wanken geriet und durch den Raum stolperte. Hasard lehnte sich gegen den Türrahmen und blickte zu Morgan Young und zum Kutscher.

      Young setzte sich auf, obwohl der Kutscher es ihm untersagt hatte, und salutierte, wie ein Kadett der Royal Navy es nicht