Seewölfe Paket 11. Roy Palmer. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Roy Palmer
Издательство: Bookwire
Серия: Seewölfe - Piraten der Weltmeere
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9783954395002
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konnten, und aus Angst vor den Salzwasserkrokodilen und den Haien nicht hinter ihm herschwimmen wollten, hatten sie einfach der Galeone signalisiert, sie solle eingreifen. Der spanische Kapitän hatte daraufhin sofort gehandelt und einen Kanonenschuß zur Warnung über den Sträfling hinweggejagt – das explosionsartige Geräusch, das der Teniente und die anderen Männer der beiden Pinassen und der Schaluppe vernommen hatten.

      Danach hatte der Kapitän wahrscheinlich auch das Musketenfeuer auf den Kerl eröffnen lassen, weil dieser sich nicht ergeben wollte, und so hatte man Young schließlich aus der See aufgefischt – entweder tot oder lebendig.

      Er, Moratin, brauchte diesen Hund von einem Engländer jetzt nur noch abzuholen. Im Triumph würde er ihn ins Lager schaffen und dabei etwas von dem Lob ernten, das Don Felix für die Ergreifung des Kerles aussprechen würde.

      Leandro Moratin gab das Zeichen, auf die Galeone zuzumanövrieren und in Lee längsseits zu gehen.

      Kurze Zeit später, als die Pinasse an der Bordwand des großen Dreimasters längsseits schor, blickte der Teniente nach oben und sah den Kopf eines Mannes, der sich über das Schanzkleid schob.

      Der Mann rief in perfektem Kastilisch: „Der Capitán Don Pedro de la Barca erwartet den Führer der Pinasse und eine Abordnung von Soldaten in seiner Kammer. Bitte entern Sie auf, Senores!“

      Moratin hatte von einem Kapitän de la Barca noch nichts gehört, aber darüber wunderte er sich in diesem Augenblick nicht.

      Tatsächlich gab es einen de la Barca, und er war auch ein Schiffskapitän gewesen, aber jener Mann hieß Victor, nicht Pedro, mit Vornamen und saß am heutigen Tag wahrscheinlich immer noch auf der Insel Tabu fest, wo die Seewölfe ihn seinerzeit zurückgelassen hatten.

      Doch all dies konnte Moratin nicht wissen.

      Er dachte nur an den entflohenen Kettensträfling, legte deshalb den Kopf in den Nacken und die Hände als Schalltrichter an die Mundwinkel und schrie zu dem Mann der Galeone hinauf: „Haben Sie den Hund von einem Engländer?“

      „Selbstverständlich!“ rief der Mann – Ben Brighton – zurück, und das entsprach ja auch der Wahrheit.

      „Lebt er noch?“ wollte Moratin nun wissen.

      „Ja. Er ist nur am linken Bein verwundet.“

      „Ausgezeichnet!“ rief der Teniente. „Er wird sich noch wünschen, so schnell wie möglich zu sterben, das schwöre ich Ihnen! Er und sein Kumpan haben einen unserer Kameraden bestialisch umgebracht!“

      „Und einen zweiten Soldaten heute morgen im Dschungel!“ schrie Ben Brighton.

      „Ah! Das ist ja ungeheuerlich!“

      „Entern Sie nur auf, Senor!“

      „Mein Name ist Moratin – Teniente Leandro Moratin!“

      „Gut, Teniente. Wir warten auf Sie!“

      Moratin drehte sich zu seinen Soldaten um. „Ihr habt es gehört. Fünf Mann mit mir, die beiden anderen bleiben als Bootswachen hier unten zurück.“ Rasch hatte er die Männer ausgewählt, die ihn begleiten sollten, und nur wenig später enterten sie nacheinander an der bereithängenden Jakobsleiter auf.

      Sie mußten sich bei dem starken Seegang mit aller Kraft an den hölzernen Sprossen festklammern, sonst wären sie abgerutscht und in die Tiefe gestürzt. Immer wieder knallte die Jakobsleiter gegen die Bordwand des im Wasser bockenden und gierenden Schiffes, und einmal schlug Moratin mit seiner ganzen Bauchpartie gegen die Wand. Er und seine fünf Begleiter waren froh, als sie endlich auf der Kuhl der Galeone angelangt waren.

      Im nächsten Moment schlug ihre Stimmung jedoch ins Gegenteil um, denn neun, zehn und noch mehr Gestalten wuchsen neben und hinter ihnen hoch und ließen Handspaken und Belegnägel auf ihre Köpfe, Schultern und Hälse niedersausen. Die Spanier wollten sich ihrer Haut wehren, aber es ging alles viel zu schnell. Im Nu waren sie überwältigt, sanken auf die Planken und regten sich nicht mehr. Keiner hatte schreien können, um die beiden anderen unten in der Pinasse zu warnen, und ihr Stöhnen war im Heulen des Sturm-windes untergegangen.

      Hasard beugte sich über den Teniente, nahm diesem den Helm ab und stülpte ihn sich über. Er richtete sich wieder auf, beugte sich über das Schanzkleid und winkte den beiden Soldaten in der Pinasse zu.

      „Festmachen und raufkommen!“ schrie er ihnen zu, wobei er sich redlich Mühe gab, die Stimme des wakkeren Leandro Moratin nachzuahmen.

      Die beiden Soldaten fielen darauf herein und enterten ebenfalls auf, nachdem sie die Pinasse an der Bordwand vertäut hatten. In dem Gischt, der die Pinasse einhüllte, hatten sie wirklich nicht erkennen können, daß es nicht Moratin, sondern der vermeintliche Don Pedro de la Barca gewesen war, der sie gerufen hatte – und in diesem Sturmjaulen und Pfeifen klangen für sie fast alle Stimmen gleich, vor allen Dingen dann, wenn sie so gutes Spanisch sprachen, daß sie weiß Gott keinen Verdacht schöpfen konnten.

      Die Erkenntnis kam auch für diese beiden erst auf der Kuhl der „Isabella“, als wieder die Spaken und Koffeynägel geschwungen wurden und auf sie einprasselten. Auch sie brachen zusammen und streckten sich neben ihren Landsleuten aus.

      „Großartig“, sagte Carberry und rieb sich die Hände. „So einen Riesenspaß hab ich schon lange nicht mehr gehabt, Sir.“

      „Dann freu dich, Ed“, sagte der Seewolf. „Dies war erst der Anfang. Das eigentliche Husarenstück folgt erst jetzt – und wehe dir und den anderen, wenn ihr euch auch nur einen Schnitzer erlaubt!“

      Schweigend hatte Don Felix Maria Samaniego dem Bericht der Gruppenführer gelauscht. Die beiden Landtrupps waren im Lager eingetroffen, und jetzt trugen die Offiziere ihre Hiobsbotschaft vor: Morgan Young war entwischt, und ein Schiff, in dessen Großtopp man für kurze Zeit die englische Flagge gesehen zu haben glaubte, hatte ihn in einem kühnen Manöver an Bord genommen.

      „Beschreiben Sie mir diese Galeone ganz genau, Senores“, sagte der Kommandant.

      Das taten die Offiziere, und sie gaben sich die größte Mühe, die Größe, Breite und Länge, die mutmaßliche Armierung, die Decksaufbauten und die Länge der Masten so präzise wiederzugeben, als könnten sie dadurch noch etwas retten.

      „Gut“, sagte Don Felix am Ende zu ihrem Erstaunen. „Ich glaube zu wissen, um welches Schiff es sich da handelt. Ich bin in Malakka, auf Kalimantan und auf den Philippinen gewesen, bevor ich die Aufgabe übernahm, diese Festung zu errichten, das ist Ihnen allen bekannt. Ich habe oft genug Erstaunliches und Erschreckendes über eine Galeone dieser Bauart und deren Besatzung vernommen, denn überall, wo sie aufgekreuzt war, hat sie in unseren Kolonien Angst und Panik verbreitet. Meiner festen Überzeugung nach ist es die ‚Isabella VIII‘. – das Schiff des Seewolfes. ‚El Lobo del Mar‘ hat Morgan Young zu sich an Bord geholt, und Young wird ihm erzählen, daß hier im Lager noch andere englische Gefangene sitzen.“

      „Was bedeutet das, Senor Comandante?“ fragte einer der Offiziere.

      „Daß der Seewolf nicht davor zurückschrecken wird, Airdikit einen Besuch abzustatten, um seine Landsleute zu befreien. Für ihn ist das eine Ehrensache, er sieht es als seine Pflicht an, sie herauszuhauen.“

      „Das werden wir nie zulassen!“ rief ein anderer Offizier erbost aus. „Wir werden sein Teufelsschiff in der Hafenbucht zusammenschießen.“

      „Wie?“

      „Mit den Geschützen, die bereits auf der Festung stehen, und mit den fahrbaren Kanonen, die wir am Ufer aufbauen.“

      „Ja“, sagte Don Felix. „Aber ich bezweifle, daß er mit seiner ‚Isabella‘ in eine solche Falle geht. Senores, dieser Mann ist gewitzt und mit allen Wassern gewaschen. Er ist bekannt für seinen Ideenreichtum und die Vielfalt seiner Strategien. Ich schätzte, er wird sich eine List einfallen lassen, um hier einzubrechen und das Palisadenlager zu öffnen.“

      „Was sollen wir tun, Don Felix?“ fragten die Männer.

      „Als erstes verdreifachen wir die Wachen. Dann rollen