Seewölfe Paket 11. Roy Palmer. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Roy Palmer
Издательство: Bookwire
Серия: Seewölfe - Piraten der Weltmeere
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9783954395002
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ob er in dieser Nacht oder später angreift, wir müssen uns darauf einstellen. Das bedeutet verstärktes Postengehen, und zwar rund um die ‚Isabella‘. Ich will die Kerle gar nicht erst an unser Schiff heranlassen. Darum schlage ich vor, daß du, Shane, mit zehn Männern um die ‚Isabella‘ herum Posten beziehst. Der Rest bleibt mit mir hier oben an Bord. Die Leiter wird eingeholt. Suche dir die zehn Männer aus, nur möchte ich Al Conroy hierbehalten. Bewaffnet euch mit Musketen, Pistolen und den Hieb- und Stichwaffen. Losung und Alarmruf wie immer ‚Arwenack‘. Unter Umständen lassen wir von hier oben aus ein paar Raketen steigen, damit es heller wird, sobald der Zauber losgeht. Alles klar?“

      „Keine Schonung?“ fragte Big Old Shane knapp.

      „Kampfunfähig genügt“, erwiderte Hasard. „Ich will kein Gemetzel. Die Burschen da drüben können nichts dafür, daß sie einen übergeschnappten Kapitän haben. Im übrigen schätze ich, daß er nicht dabei sein wird. Der fühlt sich zu Höherem geboren.“

      „Alles klar“, sagte Big Old Shane.

      Wenig später verließ er mit zehn Männern schwerbewaffnet die „Isabella“. Carberry war bei ihm. Sie verteilten sich um die Galeone. Als Hasard einen Rundgang oben auf der „Isabella“ unternahm und nach allen Seiten hinunterspähte, konnte er niemanden mehr entdecken. Das Werftgelände lag still und verlassen da.

      Stenmark, der an Bord geblieben war, und Al Conroy, den Stückmeister der „Isabella“, postierte Hasard auf der Back vor dem Fockmast, wo sie zwei der Gestelle aufbauten, mit denen sie die von Ferris Tucker und Al Conroy selbst gebastelten Höllenflaschen auf die Reise schicken konnten.

      „Beobachtet scharf die Reede“, sagte Hasard. „Wenn sie mit Booten kommen, müßtet ihr sie bei dem Mondlicht sehen. Laßt sie soweit heran, bis ihr sicher seid, mit den Flaschen zu treffen. Das wird ihnen den Spaß verderben, noch landen zu wollen.“

      „Aye, aye, Sir“, sagte Al Conroy.

      Mittschiffs, auf der Kuhl, sicherten Old O’Flynn und der Kutscher nach beiden Seiten. Hasard selbst übernahm das Achterschiff – mit seinen beiden Söhnen.

      Sir John saß auf der Großrah und hatte den Kopf im Gefieder versteckt. Arwenack strolchte über Deck und blieb schließlich achtern bei Hasard und seinen Söhnen.

      Das Warten begann.

      Von der Stadt her wurden die Geräusche von Stunde zu Stunde leiser. Aus dem Bambusdschungel weiter im Westen drangen die Laute streifender Tiere herüber. Hinter Palmen, beim Kampong der Fischer westlich der Werft, glühten Feuer. Zikaden zirpten. Weiße Gischt schäumte von der See her heran, brach zusammen und verebbte rauschend. Die vier Schiffe draußen auf der Reede wirkten mit dem Filigran der Masten und Rahen wie feine, hingetupfte Schwarzzeichnungen.

      Mitternacht verging.

      Eine Stunde später wurde Arwenack unruhig und fauchte leise. Gleichzeitig huschte der Kutscher heran und flüsterte: „Al und Sten haben ein Boot gesichtet, Sir, von Norden.“

      „Danke, Kutscher.“ Hasard lächelte. „Scheint loszugehen. Ben hatte also doch recht. Sag Al, er soll die drei Böller abfeuern.“ Er lächelte noch breiter. „Ben wird betrübt sein, sich von Suleika trennen zu …“

      Weiter gelangte er nicht.

      Al Conroy brauchte keine drei Böller zu lösen, und Ben Brighton brauchte sich nicht von Suleika zu trennen – er war gar nicht bei ihr gewesen.

      Denn es war seine Stimme, die draußen vor der Werft wie eine Fanfare den alten Schlachtruf der Seewölfe schmetterte.

      „Ar-we-nack! Ar-we-nack …“

      Jetzt brüllten seine vier Männer mit. Schüsse krachten, dann klirrten Blankwaffen, Schreie gellten, da und dort huschten aus der Werft Schatten zum Werfttor – Seewölfe, bereit, ihren fünf Kameraden beizustehen, die sich als erste auf die anrückenden Niederländer gestürzt hatten.

      Hasard biß die Zähne zusammen. Jetzt kämpften sie dort – und er stand auf der „Burg“ und schaute zu.

      Dieser Ben Brighton!

      Jäh fiel Hasard ein, was ihn irritiert hatte. Sie waren so merkwürdig steif auf der Leiter nach unten geklettert. Deswegen steif, weil sie unter ihrer Kleidung Waffen verborgen hatten.

      Diese verdammte Bande!

      Waren gar nicht an Land geschossen, sondern hatten vor der Werft Stellung bezogen, um die Kerle rechtzeitig abzufangen und die „Isabella“ zu warnen.

      Carberrys donnernde Stimme schallte herüber. Er verteilte Hiebe und Flüche. Wo seine breite Gestalt auftauchte, purzelten die Figuren.

      „Aufpassen hier achtern!“ rief Hasard seinen beiden Söhnen zu. „Ich schau auf der Back nach!“

      „Aye, aye, Sir!“ riefen die Bürschchen.

      Hasard eilte nach vorn. Aber auch dort konnte er nur Däumchen drehen und zusehen. Gerade zerplatzten am Himmel vier Raketen und beleuchteten Reede und Werftgelände mit magischem Licht. Und zwei Flaschen torkelten auf das Boot zu, das hastig in Richtung der „Isabella“ gepullt wurde. Die Männer auf den Duchten duckten sich, als es Sterne in allen Farben niederregnete.

      Nur waren die harmlos.

      Die beiden Flaschen waren es nicht. Eine explodierte am Bug und zerfetzte ihn wie morsches Holz. Die andere tauchte an der Backbordseite ins Wasser, es dauerte ein paar Sekunden, dann detonierte sie dumpf, eine Fontäne schoß hoch und kippte das Boot um.

      Die Männer quirlten im Wasser durcheinander und brüllten, als würden sie geröstet.

      „Der Bootsführer war der Profos der ‚Zwarte Leeuw‘“, sagte Stenmark zu Hasard. „Ich habe ihn deutlich genug erkannt.“

      „Habt ihr die Kerle gezählt?“ fragte Hasard.

      „Zehn mit dem Profos“, erwiderte Al Conroy.

      Das Feuerwerk am Himmel erlosch. Für Momente waren ihre Augen wie blind. Dann sahen sie, wie Big Old Shane an der Spitze von vier Männern zum Strand stürmte. Sie warfen sich ins Wasser und schienen nicht lange zu fakkeln, wobei sie im Vorteil waren, weil die Niederländer die Übersicht verloren hatten. Für sie mußte die Welt untergegangen sein. Und jetzt fielen diese wilden Kerle von dem Teufelschiff noch im Wasser über sie her.

      Wer es bis zum Ufer schaffte, ergriff die Flucht. Da und dort wurden sie noch im Werftgelände abgefangen und steckten weitere Prügel ein.

      Nach fast zehn Minuten war alles vorbei – meinte Hasard, der wieder auf dem Achterdeck stand. Weil Arwenack so laut herumkeckerte und Sir John, inzwischen wach geworden, auf der Großrah lamentierte, hörte er nicht den pochenden Laut mittschiffs auf der Steuerbordseite.

      Aber dort befand sich Old O’Flynn, und der hörte nicht nur den pochenden Laut, sondern sah auch, als er herumfuhr, was ihn verursacht hatte: ein krallenartiger Haken, an dem ein Seil hing.

      Mit diesen Dingern wurde geentert, wenn man mit Booten ein größeres Schiff kapern wollte. Man warf sie von unten hoch, und ihr Haken verfing sich im Schanzkleid.

      Old O’Flynn grinste und schlich zum Schanzkleid. Unten ruckte jemand am Seil, um festzustellen, ob der Haken festsaß.

      Er saß fest.

      Old O’Flynn wahrschaute niemanden. Kinkerlitzchen! Solche Sachen regelte er selbst. Offenbar hatte es einer von den Kerlen geschafft, sich ungesehen an die „Isabella“ heranzuarbeiten.

      Na warte, mein Bürschchen, dachte Old O’Flynn, du wirst dein blaues Wunder erleben.

      Er baute sich vor dem Haken auf, seine Krücke schwungbereit.

      Plötzlich sagte hinter ihm der Kutscher: „Spielst du Denkmal, Old Donegal?“

      „Schsch!“ zischte Old O’Flynn.

      Jetzt entdeckte der Kutscher den Haken und sah, wie sich das Seil bewegte. Er riß die Augen auf, faßte sich aber schnell und nahm