Seewölfe Paket 11. Roy Palmer. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Roy Palmer
Издательство: Bookwire
Серия: Seewölfe - Piraten der Weltmeere
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9783954395002
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      Ferris Tucker fing als erster an zu lachen und fiel fast von der Leiter. Das Lachen pflanzte sich fort.

      „Huch!“ brüllte Carberry mit seiner Donnerstimme. „Dieser Affenarsch ein Werkzeug Gottes! Habt ihr das gehört, Männer?“ Er beugte sich über das Schanzkleid der Steuerbordseite und schrie nach unten: „Du lausiger Schinder, du stinkender Käse aus den Niederlanden, du angegammelte Schellfischleiche – weißt du, was du bist? Ein armer Irrer bist du! Ein Irrer, über den man sich totlachen kann! Sir, dürfte ich dich bitten, einige Schritte zur Seite zu treten? Ich habe hier ’ne Abfallpütz vom Kutscher. Die würd ich dem Gotteswerkzeug gern über den Schädel kippen. Sind auch ein paar abgeknabberte Hühnerbeinchen dabei!“

      „Mister Carberry!“ sagte Hasard streng. „Ich möchte doch sehr bitten.“

      „Schade“, sagte Ed Carberry enttäuscht.

      „Sie lehnen es ab, an meiner Seite zu kämpfen?“ zischte der Kapitän.

      „Erraten. Mein Profos nannte Sie einen armen Irren. Dem ist wohl nichts hinzuzufügen, allerdings würde ich das Eigenschaftswort ‚arm‘ mit ‚gemeingefährlich‘ austauschen. Ein armer Irrer ist harmlos. Aber Irre wie Sie rotten Völker aus und fühlen sich noch dazu von Gott aufgerufen, wobei ich den Verdacht hege, daß Sie den Gottesauftrag nur als Tarnmäntelchen für Ihre habgierigen Ziele benutzen. Meine Männer haben über Sie gelacht, und es ist auch lachhaft, wenn es nicht so traurig wäre. Aber ich sehe schon, Sie verstehen kein Wort. Sie wollen andere Ansichten gar nicht verstehen. Trotzdem gebe ich Ihnen den Rat: Segeln Sie ab! Suchen Sie sich eine unbewohnte Insel – es gibt genug hier –, und gründen Sie dort Ihr Reich, wo Zucht und Ordnung herrschen. Vielleicht finden sich ein paar Verrückte, die Ihre Gegenwart ertragen. Aber lassen Sie die Menschen dieser Insel und jene, die sich aus anderen Ländern hier niedergelassen haben, zufrieden. Das wäre im Sinne Gottes, so wie ich ihn verstehe.“

      „Menschen dieser Insel?“ Der Kapitän lachte verächtlich. „Das sind Affen! Sparen Sie sich Ihre Belehrungen!“ Und von oben herab setzte er hinzu: „Entweder, Sie kämpfen auf meiner Seite …“

      „Oder?“

      „Oder meine Schiffe schießen Sie zusammen, wenn Sie feige Fahnenflucht begehen wollen. Noch gewähre ich Ihnen eine Gnadenfrist, sich zu besinnen. Wenn Ihr Ruderbruch repariert ist, erwarte ich Ihre Meldung, daß Sie bereit sind, gegen den gemeinsamen Feind zu kämpfen …“

      „Sir!“ rief Ben Brighton nach unten. Er stand auf dem Achterdeck. „Ich schlage vor, diesen Burschen bei uns in die Vorpiek zu sperren. Dann ist endlich Ruhe!“

      Wie in der Nacht zuckte die Rechte des Kapitäns zur Pistole. Batuti tippte ihm auf die Schulter. Als de Jonge sich zu ihm umdrehte, etwas irritiert, sauste Batutis Handkante nach unten und prellte ihm die Pistole aus der Hand. Lässig stieß sie der riesige Gambia-Neger mit dem Fuß weg.

      Er blickte Hasard an: „Vorpiek, Sir?“

      Hasard schüttelte den Kopf. „Bring ihn aus dem Werftgelände. Der Kerl beschmutzt nur unsere Vorpiek.“

      Batuti fletschte die weißen Zähne, schnappte sich den Kapitän am Kragen, hievte ihn etwas hoch und trug ihn am ausgestreckten Arm zum Werfttor. De Jonge zappelte und brüllte.

      Hinter dem Werfttor stellte ihn Batuti auf den Boden und trat ihm kräftig in den Hintern. Der Kapitän schoß, Kopf voraus, durch die Luft, schrammte über die Katzenköpfe und landete nach zehn Yards.

      „Das war für den Nigger!“ rief ihm Batuti hinterher.

      6.

      De Jonge schäumte über vor Wut und Haß. Der Feldscher der „Zwarte Leeuw“, hatte seine aufgeschrammten Knie verbinden und sein lädiertes Kinn einsalben müssen. Der Kapitän ruhte in seiner Koje und trank Genever – der war nur für ihn reserviert. Die Flaschen standen auch in der Kapitänslast. Die Offiziere tranken Dünnbier. Die Mannschaften erhielten brackiges Wasser, es sei denn, sie durften an Land gehen und sich in den Kneipen betrinken.

      Stunden brütete de Jonge vor sich hin, ab und an von Wut und Haß geschüttelt.

      Nach fünf Stunden, es ging bereits auf den Abend zu, befahl er den Profos zu sich. Die vier Galeonen draußen auf Reede waren wieder vor Anker gegangen.

      Der Bulle wurde von den Wanten losgebunden und war mehr tot als lebendig. Drei Männer mußten ihn zu de Jonge schleppen, vor dem er kaum gerade stehen konnte.

      „Reiß dich zusammen, Kerl!“ herrschte ihn de Jonge an und winkte die drei Männer hinaus.

      Sie verschwanden.

      Genüßlich trank der Kapitän, in der Koje ruhend, seinen Genever und betrachtete aus schmalen Augen den schwankenden Profos, dem das Hemd in Fetzen und blutverkrustet vom Leibe hing.

      „Jan Swammerdam“, sagte er nach einer Weile. „Ich habe beschlossen, dich zum Tode durch den Strang zu verurteilen. Du bist ein Tier. Ungeziefer bist du. Wiederhole: ich bin Ungeziefer!“

      Der Bulle blickte ihn stumpf an und bewegte die Lippen. Undeutlich sagte er: „Ich bin Ungeziefer.“

      „Kapitän“, sagte de Jonge. „Oder hast du das vergessen?“

      „Kapitän“, wiederholte der Bulle.

      „Sage den ganzen Satz, Jan Swammerdam.“

      „Ich bin Ungeziefer, Kapitän.“ Der Bulle schwankte.

      „Setz dich, mein Guter“, sagte de Jonge und deutete auf einen Hocker. Wieder trank er einen Schluck Genever.

      „Danke, Kapitän“, murmelte der Bulle und sackte auf den Hocker. Er stierte den Kapitän an und leckte sich über die Lippen.

      „Magst du einen Genever, Jan Swammerdam?“ fragte de Jonge.

      „Sehr gern, Kapitän. Sie sind sehr gut zu mir.“

      Der Profos durfte sich einen Genever einschenken.

      Der Kapitän hob sein Glas.

      „Wir trinken auf deinen Tod, Jan Swammerdam“, sagte er.

      Sie tranken. Der Bulle goß den Genever wie Wasser in die Kehle. Dann schnappte er nach Luft. Etwas später verlor sich der stumpfe Ausdruck in seinen Augen.

      „Du hast noch eine Chance, Jan Swammerdam“, sagte de Jonge. „Deine letzte, allerletzte Chance, um dich zu bewähren. Vielleicht rettet dich das vor dem Strang. Vielleicht habe ich auch die Güte, dich dann wieder als Profos einzusetzen und Gnade walten zu lassen. Du hast gesündigt, Jan Swammerdam. Wiederhole: ich habe gesündigt!“

      „Ich habe gesündigt, Kapitän.“

      „Schenke uns noch von dem Genever ein, Jan Swammerdam.“

      Der Bulle stand von dem Hocker auf, nahm die Flasche von dem Bord neben der Kapitänskoje, schenkte dem Kapitän ein, dann sich und ging zurück zu dem Hocker. Mühsam setzte er sich.

      „Hat sie sich gewehrt, Jan Swammerdam?“ fragte der Kapitän. In seinen Augen war ein Glitzern. „Du hast es mir schon einmal erzählt. Aber erzähle mir mehr. Wie war es?“

      Der Bulle duckte sich etwas und stierte in eine Ecke.

      „Sie ging an dir vorbei?“ fragte der Kapitän. Seine Stimme war plötzlich heiser.

      „Ja, Kapitän. Sie ging an mir vorbei.“

      „Wie ging sie vorbei? Zeig es mir!“

      Der Bulle stand auf. Er atmete heftig. Auch seine Augen glitzerten jetzt.

      „So, Kapitän.“ Er ging an dem Hokker vorbei, bewegte stöhnend die Schultern, dann die Hüften.

      „Und dann?“ Der Kapitän keuchte.

      „Ich riß sie zu Boden.“

      „Und dann?“