Seewölfe Paket 17. Roy Palmer. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Roy Palmer
Издательство: Bookwire
Серия: Seewölfe - Piraten der Weltmeere
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9783954397754
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sie sich über ihre Zukunft keinen Illusionen mehr hinzugeben.

      4.

      Die Stufen der Stiege knarrten und ächzten, doch sie hielten dem Gewicht der Männer stand. Morsch und brüchig mochten sie zum Teil schon sein, aber doch nicht so, daß sie unter der ersten größeren Belastung nach langer Zeit der Nichtbenutzung sofort krachend zusammenbrachen. Dazu war das Holz zu hart. Es handelte sich, wie Dan im Licht des Kienspans zu erkennen glaubte, um gutes Eichenholz.

      Erich von Saxingen rammte den Kienspan, den er wieder entfacht hatte, in einem Eisenhalter fest, den er in der Kellerwand entdeckt hatte. Somit war für Licht gesorgt, und er hatte doch die Hände frei, um die Gefangenen mit von Kreyes Hilfe in das Verlies hinunterzubefördern.

      Unter wüsten Flüchen trugen sie zuerst Dan und dann Piet in den Keller, Piet aber entglitt ihren Händen, als sie sich auf den unteren Stufen der steilen Leiter befanden, und stürzte so hart und unglücklich, daß er sich um ein Haar den Hinterkopf an der Steinmauer aufgeschlagen hätte.

      Erich von Saxingen glitt auf den Stufen aus und stieß mit dem rechten Knie gegen die Mauer. Die Verwünschungen, die er ausstieß, waren mit das Lästerlichste und Gemeinste, was Piet jemals in der deutschen Sprache vernommen hatte.

      »Bruno, zur Hölle mit dir!« fuhr von Saxingen auch seinen Kumpan an. »Kannst du nicht aufpassen? Wenn uns die Kerle jetzt schon krepieren, können wir mit ihnen nichts mehr anfangen. Und wenn ich mich verletze und nicht mehr laufen kann, ist das ebenfalls schlecht für uns.«

      »Es ist nicht meine Schuld, daß wir gestolpert sind und er uns weggerutscht ist«, verteidigte sich Bruno von Kreye.

      »Nein? Ist es vielleicht meine Schuld?«

      »Das habe ich nicht gesagt.«

      »Aber du gibst es mir zu verstehen!« stieß von Saxingen aufbrausend hervor. »Langsam habe ich das Gefühl, hier stimmt was nicht!«

      »Du übertreibst«, sagte von Kreye mit mürrischem Gesichtsausdruck. »Hör endlich mit dem Geschrei auf.«

      Der andere sah ihn aus wütend funkelnden Augen an. »Ich schreie, so viel und so oft es mir paßt, klar? Es gibt weit und breit kein anderes Haus, also können wir gar nicht gehört werden.«

      »Und was ist, wenn sich noch mehr Verfolger in der Umgebung befinden?« fragte Bruno von Kreye.

      »Fängst du jetzt wieder damit an?«

      »Es könnte ein Aufgebot aus Rügenwalde unterwegs sein.«

      »Unmöglich«, sagte Erich von Saxingen. »Nur die beiden Idioten hier haben uns verschwinden sehen und waren schnell genug in den Sätteln, um uns verfolgen zu können. Es gibt sonst niemanden, der uns auf den Fersen sitzt, wie oft soll ich dir das noch sagen? Wir sind hier völlig sicher.«

      »Schon gut«, sagte Bruno von Kreye.

      Von Saxingen nahm den Kienspan wieder aus der Wandhalterung und kehrte nach oben zurück. Bruno von Kreye folgte ihm. Der Kellerraum wurde in tiefe Finsternis gehüllt.

      Dan und Piet lauschten den Schritten, die über ihnen auf den Holzbohlen polterten. Die Bohlen wurden von dicken Balken getragen, aber sie bogen sich doch etwas durch und knarrten dabei. Staub rieselte zu Boden. Etwas wurde oben zurechtgerückt, offenbar handelte es sich um einen Tisch oder einen Stuhl.

      In der Tat hatten die beiden in einer Ecke des Hüttenraumes einen wackligen Tisch entdeckt, der erst im Licht des Kienspans zu sehen gewesen war. Bruno von Kreye säuberte ihn vom Schmutz und von den Spinngeweben, die ihn überzogen, dann plazierten sie ihn gemeinsam in der Mitte des Raumes. Der Span verbreitete nach wie vor sein flackerndes rötliches Licht. Erich hatte ihn in eine Lücke zwischen zwei Mauersteinen gesteckt.

      »So«, sagte Erich von Saxingen. »Jetzt brauchen wir bloß noch zwei Sitzgelegenheiten, dann haben wir es so richtig gemütlich. Steht da drüben nicht ein Hackklotz?«

      »Richtig.« Bruno von Kreye holte den Klotz und setzte ihn vor dem Tisch mit einem krachenden Laut auf dem Boden ab. Die Bohlen erzitterten, es fiel wieder Staub in den Keller.

      Dan und Piet husteten jedoch nicht. Sie waren bemüht, jedes Geräusch zu vermeiden. Sie preßten die Lippen zusammen und atmeten durch die Nasenlöcher ein und aus. Piet hatte die Benommenheit, die ihn nach seinem Sturz erfaßt hatte, rasch wieder abgeschüttelt und schob sich ganz vorsichtig auf seinen Kameraden zu.

      »Ich sehe mich draußen nach einem zweiten Klotz um«, sagte von Saxingen gerade. »Außerdem will ich Wasser von dem Bach holen, ich habe nämlich eine ganz trockene Kehle.«

      »Ich auch«, sagte Bruno von Kreye. »Ein tüchtiger Schluck Wasser ist jetzt genau das richtige für uns.«

      »Bier wäre besser«, brummte von Saxingen, dann verließ er die Hütte und rammte die quietschende Tür hinter sich zu.

      Piet lag jetzt dicht neben Dan.

      »Weißt du was?« wisperte er. »Ich könnte mich selbst ohrfeigen.«

      »Weil wir diesen beiden Hurensöhnen auf den Leim gegangen sind?« flüsterte Dan. »Ich mich auch. Aber das würde uns wenig nutzen.«

      »Wir hätten die beiden bei unserem Besuch auf dem Saxingen-Gut tüchtiger versohlen sollen«, raunte Piet. »Sie haben die Jacke nicht voll genug gekriegt. – Der eine ist doch dieser Erich von Saxingen, nicht wahr?«

      »Ja, und der andere heißt Bruno von Kreye. Ich war bei der Befreiung von Gisela von Lankwitz ja auch mit dabei und konnte genau verfolgen, wie sich Shane und Matt mit den Kerlen befaßten. Mein Gott, Piet, sag mir, daß es nicht wahr ist. Sag mir, daß sie noch lebt.«

      »Sie ist tot«, sagte Piet mit kaum wahrnehmbarer Stimme. »Und keiner kann sie wieder auferstehen lassen.«

      »Wer hat deiner Meinung nach den Schuß auf sie abgegeben?«

      »Von Saxingen«, entgegnete Piet. »Aber von Kreye scheint damit nicht ganz einverstanden zu sein, wenn ich das richtig mitgekriegt habe.«

      »Der Teufel soll die beiden holen«, zischte Dan. »So ein Mist, daß wir ausgerechnet ihnen in die Hände fallen mußten. Die warten doch nur darauf, sich an uns rächen zu können.«

      »Aber sie müssen erst Hugo von Saxingen befreien, und dazu brauchen sie uns – als Geiseln.«

      »Piet«, flüsterte Dan. »Ich weiß noch nicht, wie ich es anstellen soll, aber das eine schwöre ich dir – ich befreie mich von diesen Fesseln. Und dann helfe ich auch dir. Ich schaffe es.«

      »Still jetzt«, wisperte Piet. »Sonst hören sie uns noch.«

      Sie schwiegen und konnten aus den Geräuschen, die sich der Hütte näherten, schließen, daß von Saxingen zurückgekehrt war. Die Tür öffnete sich, und er sagte: »Hier, hilf mir mal, Bruno, ich hab einen zweiten Klotz gefunden. Wasser habe ich auch. Und sieh mal, was ich noch gefunden habe.«

      Bruno von Kreye trat in die offene Tür und nahm ihm den schweren Holzklotz ab, den er wieder zum Tisch schleppte und dort auf dem Boden absetzte. Er wandte sich um und sah im Schein des blakenden Kienspans, wie von Saxingen einen vollen Wasserschlauch und eine dickbauchige grüne Flasche hereintrug.

      Von Saxingen kicherte. »Ich habe den Schlauch von meinem Pferd losgebunden und bin dabei auf die Flasche gestoßen«, erklärte er. »Hölle und Teufel, ich hatte doch glatt vergessen, daß ich sie mir in Reval in die Satteltasche gesteckt hatte, bevor wir losritten. Nun rate mal, was für ein edler Tropfen da drin ist?«

      »Korn, nehme ich an?«

      »Nein. Es ist Beerwurz, echter samländischer Beerwurz. So ein Tröpfchen haben wir uns jetzt wirklich verdient.«

      Erich von Saxingen war von dem Umtrunk, der sie erwartete, völlig hingerissen und dachte an nichts anderes mehr, nur noch daran. Er erweckte nicht den Eindruck eines Mannes, der vor kurzem eine junge Frau getötet hatte und damit zum Mörder geworden war. Er schien die