Seewölfe Paket 17. Roy Palmer. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Roy Palmer
Издательство: Bookwire
Серия: Seewölfe - Piraten der Weltmeere
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9783954397754
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gegen das gespannte Seil und stießen ein entsetztes Wiehern aus. Das eine Tier bäumte sich auf, das andere strauchelte und stürzte. Dan und Piet flogen wie von einem Katapult abgeschossen aus den Sätteln, und Dan konnte dabei sogar noch von Glück sagen, daß er nicht den Tod fand. Das stürzende Pferd überrollte sich auf dem Waldboden und hätte ihn unter sich zerquetscht, wenn er nicht weit von ihm fort befördert worden wäre.

      Dan und Piet landeten aber dennoch unsanft. Piet streifte mit seinem Hinterkopf einen Baumstamm, schlug zu Boden und blieb reglos liegen. Der Anprall hatte ihm das Bewußtsein geraubt. Dan knallte mit dem Rücken auf den Boden und gab einen keuchenden Laut von sich.

      Durch die harte Landung blieb ihm die Luft weg. Während er noch verzweifelt Atem zu holen betrachtete, kroch Bruno von Kreye aus dem Hinterhalt auf ihn zu und hob seine Pistole.

      Dan war zu benommen und bemerkte den Gegner nicht. Und nach seinen Waffen tastete er rein instinktiv erst in diesem Moment, doch auch diese Reaktion erfolgte bereits zu spät. Von Kreye war heran und nahm die Pistole noch ein Stück höher. Dann ließ er sie auf Dans Kopf niedersausen. Der Knauf am Kolbenende traf, Dan verlor die Besinnung.

      Von Kreye grinste höhnisch. »Das hast du nun davon, du Esel«, sagte er. »Du und dein Kumpan, ihr wäret wohl besser in Rügenwalde geblieben.«

      Erich von Saxingen war unterdessen ebenfalls aufgesprungen und kümmerte sich um die beiden Pferde. Es war ihnen nichts zugestoßen, das gestrauchelte Tier hatte sich wieder erhoben und tänzelte zwar noch nervös auf der Stelle, wurde von Erich von Saxingen aber sogleich durch besänftigende Worte zur Ruhe gebracht. So auch das andere Tier – er verstand es, sie zu beschwichtigen und ihr Vertrauen zu gewinnen.

      Schon immer hatte er sich dem Umgang mit Pferden und Hunden besser zu widmen gewußt als dem mit den Menschen. Menschen gegenüber kannte er wie sein Bruder Hugo weder Liebe noch Freundschaft, nur jene derbe Art von Jovialität, wie sie auf dem Gut der Saxingens üblich war.

      Mit der Leutseligkeit und der Gönnermiene war es aber immer dann sehr schnell vorbei, wenn ihnen ein Besucher aus irgendeinem Grunde nicht mehr paßte. Dann konnte die auf Bier und Schnaps gegründete rohe Kumpanei sehr schnell in offenen Haß umschlagen.

      »Den Pferden ist nichts passiert«, sagte Erich von Saxingen.

      »Gut«, raunte von Kreye ihm zu. »Soll ich die zwei Narren hier fesseln und knebeln? Oder erledigen wir sie gleich?«

      Von Saxingen näherte sich mit den Pferden und verharrte dicht bei den bewußtlosen Gefangenen. Er sah auf sie hinunter und konnte im Mondlicht, das durch die Wipfel der Erlen fiel, ihre Gesichter recht gut erkennen.

      »Hurensöhne!« zischte er wütend. »Sie waren bei dem Überfall auf unser Gut dabei. Ich sehe sie noch vor mir, wie sie auf uns einschlugen und alles zu Bruch hauten.«

      »Ich kann mich nur an diesen Killigrew und an den graubärtigen Bastard erinnern, der mich außer Gefecht gesetzt hat«, sagte von Kreye. »Und an den Kerl, der dir mit seinem eisernen Haken zugesetzt hat.« Vor seinem geistigen Auge erschienen die Gesichter von Big Old Shane und Matt Davies, die unter Hasards Führung der Orgie auf Gut Saxingen zu einem abrupten Ende verholfen hatten.

      »Ja, schon gut«, sagte von Saxingen aufgebracht. »Hör auf, ich will das jetzt nicht mehr wissen. Die zwei hier waren dabei, daran gibt es keinen Zweifel.« Er trat zweimal mit dem rechten Fuß zu und traf Dan in die Seite. Piet erwischte er hingegen an der Schulter. Doch sie stöhnten nicht, zu tief war ihre Bewußtlosigkeit.

      »Was ist nun?« fragte Bruno von Kreye ungeduldig und griff nach seinem Messer. »Soll ich sie abstechen oder nicht?«

      »Nein«, erwiderte Erich von Saxingen. »Vielleicht brauchen wir sie noch als Geiseln.«

      »Weil noch mehr Verfolger in der Nähe sein könnten? Zum Teufel, auf was haben wir uns bloß eingelassen!«

      »Langsam, das meine ich nicht«, zischte von Saxingen. »Was ist los mit dir? Hast du vergessen, daß wir Hugo suchen? Ich bin davon überzeugt, daß er noch am Leben ist.«

      »Wie kannst du da so sicher sein?«

      »Ich habe es mir während unserer Flucht überlegt. Besonders für diesen Killigrew ist mein Bruder ein viel zu wichtiger Gefangener, den er nicht kurzerhand aufhängen oder ersäufen wird. Ja, und auch Manteuffel ist nicht versessen darauf, Hugo umzubringen. Sonst hätte er das nämlich schon in Reval getan.«

      »Warum hast du dann die Frau erschossen?«

      »Die hatte es sowieso verdient!« stieß von Saxingen mit verzerrtem Gesicht hervor. »Los jetzt, hilf mir. Wir fesseln und knebeln die Hurensöhne, dann schaffen wir sie von hier weg. Hier sind wir noch nicht sicher. Wir müssen zusehen, daß wir uns irgendwo verkriechen.«

      Bruno von Kreye hielt es für wichtig, vorerst nichts mehr zu äußern. Er konnte sich mit den anderen immer noch herumstreiten, obwohl dabei sowieso nichts herauskam. Dennoch hielt er es nicht für richtig, daß Erich von Saxingen aus dem Hinterhalt auf Gisela von Lankwitz geschossen hatte. Es war eine brutale, frevelhafte Tat gewesen, die selbst er, von Kreye, für verabscheuungswürdig hielt.

      Sie legten den beiden Gefangenen, die nach wie vor bewußtlos waren, Stricke an, banden ihnen die Hände auf dem Rücken fest und schlangen die Fesseln auch um ihre Fußknöchel so stramm zusammen, daß sie sich nicht mehr um einen Deut rühren konnten. Danach stopften sie ihnen ein paar Fetzen Stoff, die sie ihrem Sattelgepäck entnahmen, als Knebel in die Münder und vergewisserten sich, daß sie sich nicht lockern konnten.

      Dann hoben sie zuerst Dan und anschließend Piet vom Waldboden auf und legten sie über die Rücken ihrer Pferde. Sie banden sie fest, so daß sie nicht von den Sätteln rutschen konnten, prüften den Sitz der Stricke, zupften noch mal hier und noch mal da herum und waren endlich davon überzeugt, daß sie ihnen nicht entwischen konnten und sie die beiden auch nicht verlieren würden.

      Bruno von Kreye hob das Seil vom Boden auf und rollte es zusammen. Sie hatten gewußt, daß sie Verfolger im Nacken gehabt hatten. In Rügenwaldermünde hatten sie das Hufgeräusch noch deutlich genug hinter sich vernommen. Statt jedoch mit den Musketen auf sie zu schießen – von Saxingens Waffe hätte ohnehin erst nachgeladen werden müssen –, hatten sie beschlossen, ihnen eine Falle zu stellen.

      Das hatte prächtig geklappt und sie konnten zufrieden mit sich sein. Sie verwischten sorgfältig alle Spuren, erst dann stiegen sie in die Sättel ihrer Pferde und zogen die Tiere mit Dan O'Flynn und Piet Straaten hinter sich her.

      Die beiden Junker verschwanden mit ihren Gefangenen in der Dunkelheit. Es würde so leicht keinem Verfolger gelingen, ihre Fährte wiederaufzunehmen.

      Etwa eine Stunde später zügelte Erich von Saxingen plötzlich sein Pferd. Von Kreye folgte seinem Beispiel, wußte aber nicht so recht, warum sein Kumpan angehalten hatte.

      »Da vorn«, flüsterte Erich von Saxingen. »Siehst du es nicht?«

      »Was ist da – eine Behausung?«

      »Ja, eine Hütte, wenn mich nicht alles täuscht. Eine Hütte am Rande eines Waldes. Für uns könnte sie das ideale Versteck sein.«

      »Zuerst müssen wir uns davon überzeugen, daß sie nicht bewohnt ist«, sagte Bruno von Kreye. »Licht brennt ja nicht, aber das ist noch kein sicheres Zeichen dafür, ob die Hütte verlassen ist.«

      »Wir sehen nach«, flüsterte Erich von Saxingen. »Los, wir verlieren sonst nur unnötig Zeit.«

      Sie trieben die Pferde durch leichten Schenkeldruck voran und näherten sich der Hütte, indem sie einen Bogen schlugen und sich am Saum des Waldes entlang anschlichen.

      Als die Distanz nur noch höchstens zwanzig Yards betrug, bedeutete von Saxingen seinem Begleiter durch eine Gebärde, auf ihn zu warten. Von Kreye blieb also bei den Gefangenen zurück, die sich inzwischen zu regen begannen. Er zog seine Pistole, ließ sie nicht aus den Augen und war bereit, jeden Fluchtversuch der beiden sofort mit einer Kugel zu ahnden.

      Erich von Saxingen glitt aus dem Sattel und pirschte auf das Gebäude zu.