Homilien über den Brief an die Hebräer. Johannes Chrysostomos. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Johannes Chrysostomos
Издательство: Bookwire
Серия: Die Schriften der Kirchenväter
Жанр произведения: Документальная литература
Год издания: 0
isbn: 9783849660178
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schreite mit aller Herzhaftigkeit zum Kampfe; durchbrich die Reihen der Feinde, schlag dem Teufel in’s Gesicht und richte das Siegeszeichen auf! Wird jedoch der Religion kein Angriff bereitet, bedrängt Niemand unsere Dogmen und zwingt uns Niemand zu Dingen, die Gottes Willen widerstreiten, - ich spreche in Bezug auf das Leben, - so sei kein Sonderling! Das Leben des Christen muß reich sein an Blut, ja, reich an Blut, aber nicht indem man fremdes vergießt, sondern indem man bereit ist, sein eigenes fließen zu lassen. Mit solch entschlossenem Muthe wollen wir also unser eigenes Blut vergießen, wenn es für Christus sein soll, wie wenn man Wasser ausschüttet (und wie Wasser ist ja das Blut, das den Körper durchströmt), und mit einer solchen Leichtigkeit wollen wir unser Fleisch ausziehen, wie wenn man einen Mantel ablegt. Das wird aber der Fall sein, wenn wir nicht am Gelde kleben, nicht an den Wohnungen, wenn uns keine Leidenschaft fesselt, wenn wir an Nichts mehr hangen. Wenn schon Diejenigen, welche dem Soldatenleben sich widmen, Allem entsagen, sich stellen und dorthin marschiren, wohin sie der Krieg ruft, und Alles muthig ertragen: so müssen noch vielmehr wir, die wir Christi Streiter sind, also gerüstet dastehen und uns in Schlachtordnung stellen, um gegen die Leidenschaften den Kampf aufzunehmen. Es gibt jetzt keine Verfolgung, und möchte sie nimmer aufleben! Aber ein anderer Krieg ist zu führen: der Krieg gegen die Geldgier, gegen den Neid, gegen die anderen Leidenschaften. Von diesem Kriege spricht Paulus, wenn er sagt: „Wir haben nicht (bloß) zu kämpfen wider Fleisch und Blut.“114 Dieser Kampf dauert immerfort. Darum will er, daß wir immer unter den Waffen stehen. „Stehet denn,“ sagt er, „umgürtet,“ was auch für die jetzige Zeit gilt, wodurch er zeigt, daß man die Waffen nie ablegen dürfe. Schwer ist der Kampf durch die Zunge, schwer durch die Augen; diesen Kampf also sollen wir kämpfen; gewaltig ist der Kampf der Leidenschaften. Darum ergeht an den Streiter Christi der Ruf zu den Waffen. „Stehet denn,“ sagt er, „euere Lenden umgürtet,“ und fügt hinzu: „mit Wahrheit.“ Warum mit Wahrheit? Die Leidenschaft ist nämlich Täuschung und Lüge, wie auch David sagt: „Denn meine Lenden sind voll der Täuschungen.“115 Auch findet sich darin kein Vergnügen, sondern nur ein Schatten desselben. „Darum umgürtet,“ sagt er, „euere Lenden mit Wahrheit,“ d. h. mit wahrem Vergnügen, mit Sittsamkeit und Ehrbarkeit! Diesen Rath gibt er im Hinblick auf die Häßlichkeit der Sünde, und weil er will, daß alle unsere Glieder ringsum geschützt seien. „Denn der ungerechte Zorn,“ heißt es, „wird nicht ohne Strafe sein,“116 und er will uns umgeben mit Panzer und Schild. Denn ein wildes Thier ist der Zorn, das rasch dahinrennt, und man braucht tausend Wälle und Zäune, um es zu bewältigen und im Zaume zu halten. Und deßhalb hat Gott diesen Körpertheil, gerade wie von Stein, aus Knochen gebildet, indem er diese als Stütze verlieh, damit nicht, falls dieselben leicht zerbrochen oder durchschnitten würden, der ganze Körper (τὸ πν ζῶον) verderbe. Denn ein Feuer ist er (der Zorn), heißt es, und ein gewaltiger Sturm, und nicht leicht dürfte ein anderes Glied diese Gewalt aushalten können. Darum, sagen die Ärzte, sei auch dem Herzen die Lunge untergelegt, damit das Herz, gleichsam auf einem weichen Schwamme sich stützend, frei von der widerstrebenden harten Brust, ausruhe und durch die häufigen Schläge nicht verletzt werde. Wir bedürfen daher eines starken Panzers, um dieses Thier stets in Ruhe zu erhalten; aber auch das Haupt muß durch einen Helm geschützt sein. Denn weil der Verstand dort seinen Sitz hat, so kann daher, wenn die Pflichten erfüllt werden, Heilsames kommen, aber auch Unheil, wenn das Gegentheil stattfindet. Darum sagt er: „Und den Helm des Heiles.“ Denn das Gehirn ist weich von Natur, darum wird es wie von einer harten Schale durch den Oberschädel gedeckt. Für uns ist es aber die Quelle alles Guten und alles Bösen, indem dort die Erkenntniß ist von Dem, was pflichtmäßig geschehen oder nicht geschehen soll. Aber auch unsere Hände und Füße bedürfen der Waffen; - nicht diese Hände noch diese Füße, sondern wiederum die der Seele; jene, um zu besorgen, was nothwendig ist, diese, um dahin zu gehen, wohin sie die Pflicht ruft. Wir wollen uns so bewaffnen, daß wir die Feinde überwinden und die Siegeskrone erlangen in Christus Jesus, unserem Herrn, welchem mit dem Vater und dem heiligen Geiste sei Ruhm, Macht und Ehre jetzt und alle Zeit und von Ewigkeit zu Ewigkeit. Amen.

      Sechste Homilie.

       I.

      

       7-11. Darum, wie der heilige Geist sagt, heute, wenn ihr seine Stimme höret, verhärtet euere Herzen nicht, wie bei der Erbitterung am Tage der Versuchung in der Wüste. wo mich versuchten euere Väter, mich prüften und doch sahen meine Werke vierzig Jahre hindurch. Darum zürnte ich diesem Geschlechte und sprach: Immer irren sie mit ihrem Herzen, sie aber erkannten meine Wege nicht; so schwur ich denn in meinem Zorne: sie sollen nicht eingehen in meine Ruhe.

      Nachdem Paulus über die Hoffnung gesprochen und gesagt hatte, daß „wir sein Haus seien, wenn wir anders das Vertrauen und die herrliche Hoffnung bis an’s Ende festhalten,“ zeigt er des Weiteren, daß unsere Hoffnung eine feste sein müsse, und beweist Dieß aus der Schrift. Merket nun auf! Denn seine Darstellung ist etwas dunkel und die Sache selbst schwer zu verstehen. Darum ist es nothwendig, vorerst unsere Bemerkungen zu machen und euch den Unterrichtsstoff kurz auseinander zu setzen und hierauf die Rede auf den Text hinzulenken; denn alsdann werdet ihr meiner Anleitung nicht weiter bedürfen, sobald euch der Zweck des Apostels klargelegt ist. Paulus sprach über die Hoffnung, und daß es nothwendig sei, die Erwartungen auf die Zukunft zu setzen, und daß auf die Mühen des Lebens der Lohn und die Frucht und die Ruhe nicht ausbleiben würden. Dieses beweist er durch den Propheten. Und was sagt er? „Darum, wie der heilige Geist sagt, heute, wenn ihr seine Stimme höret, verhärtet euere Herzen nicht, wie bei der Erbitterung am Tage der Versuchung in der Wüste, wo mich versuchten euere Väter, mich prüften und doch sahen meine Werke vierzig Jahre hindurch. Darum zürnte ich diesem Geschlechte und sprach: Immer irren sie in ihrem Herzen; sie aber erkannten meine Wege nicht; so schwur ich denn in meinem Zorne: sie sollen nicht eingehen in meine Ruhe.“117 Er sagt, es gebe eine dreifache Ruhe; eine sei die Sabbatruhe, wo Gott von seinen Werken geruht habe; eine zweite die Ruhe Palästina’s, wobei die Juden sich nach ihrer Ankunft erholen wollten von ihren vielen Strapazen und Arbeiten; eine dritte, die in Wahrheit diesen Namen verdient, die Seligkeit des Himmels, deren Theilhaber in Wahrheit ausruhen von ihren Anstrengungen und Beschwerden. Diese drei Arten erwähnt er nun hier. Warum behandelt er aber nur eine, während er doch drei in Erinnerung bringt? Um zu zeigen, daß der Prophet nur von dieser (einen) redet. Denn von der ersten, sagt er, hat er nicht gesprochen; und wie sollte er Das? Hatte sie ja schon längst aufgehört. Auch von der zweiten, der in Palästina nicht; denn wie sollte er Das? Hatte ja auch sie schon das Ende erreicht. Es erübrigt also nur von der dritten zu sprechen. Es ist aber nothwendig, eine genauere Erklärung der Geschichte zu geben, um über die Rede ein helleres Licht zu verbreiten. Denn nachdem sie aus Ägypten ausgezogen und eine große Strecke Weges zurückgelegt, und von Gott zahllose Beweise seiner Macht sowohl in Ägypten als auch im rothen Meere und in der Wüste empfangen hatten, wollten sie Kundschafter aussenden, um die Natur des Landes erforschen zu lassen. Diese zogen hin und waren nach ihrer Rückkehr voll Bewunderung über das Land und erzählten, daß es reich an herrlichen Früchten, aber von einem unüberwindlichen Riesengeschlechte bewohnt sei. Die unverständigen und gefühllosen Juden aber, anstatt, wie es Pflicht war, an die (früheren) Wohlthaten Gottes zu denken, und wie er sie, als die ägyptischen Kriegsschaaren sie in die Enge getrieben, nicht nur der Gefahr entriß, sondern ihnen auch noch eine fette Beute gewährte; und wie er ferner aus dem Felsen ihnen reichliches Wasser hervorquellen ließ und das Manna gab: anstatt im Angedenken an diese und die anderen Wunder auf Gott zu vertrauen, dachten sie nicht einmal daran, gerade als wäre gar Nichts geschehen, sondern wollten voll Schrecken wieder nach Ägypten zurückkehren, indem sie sprachen: Gott hat uns heraus und hieher geführt, um uns sammt Kindern und Weibern zu Grunde zu richten. Und der Zorn Gottes entbrannte wider sie, weil sie die Erinnerung an das Geschehene so schnell verloren hatten, und Gott that einen Schwur, daß jenes Geschlecht, welches also gesprochen, in die Ruhe nicht eingehen werde; und sie starben alle in der Wüste. Darum hat auch David lange nach dem Untergang Jener gesprochen: „Heute, wenn ihr seine Stimme höret, verhärtet euere Herzen nicht wie bei der Erbitterung!“ Warum? Damit ihr nicht Dasselbe erleidet, was eueren