Seewölfe Paket 7. Roy Palmer. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Roy Palmer
Издательство: Bookwire
Серия: Seewölfe - Piraten der Weltmeere
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9783954394968
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Anweisungen und suchte dann wieder die Gittertür von Sotoros Verlies auf.

      Ohne zu zögern schloß er sie auf. Er trat neben die reglose Gestalt, ließ die Fackel ein Stück sinken und betrachtete seinen kostbaren Gefangenen noch einmal ganz genau.

      Minuten verstrichen so. Schließlich sagte Lucio do Velho in reinstem, unverfälschtem Kastilisch: „Wir wissen, daß du Spanisch kannst wie deine eigene Muttersprache. Ich bin auch sicher, daß du mich in diesem Moment hörst und jede meiner Gesten studierst. Du mußt dich zwingen, nicht die Augen zu öffnen. Mein lieber Freund, ich bin selbst ein geborener Darsteller. Laß dir deshalb sagen, daß deine Anstrengungen zumindest mir stümperhaft erscheinen.“

      Er erhielt keine Erwiderung.

      „Ich könnte dir das Gesicht mit der Fackel versengen“, hob do Velho wieder an zu sprechen. „Aber solche Methoden halte ich nicht für angebracht. Unter uns, ich finde sie ekelhaft. Deshalb habe ich die Kommandantur auch verlassen, wo man sich jetzt auf eine Weise mit deinen Kumpanen befassen wird, die alles Bisherige übersteigt. Es liegt in deiner Hand, diese Unmenschlichkeiten abzubrechen, Sotoro. Ich will dich jetzt nicht auf die milde Art zwingen, ein Geständnis abzulegen und deine Pläne zu offenbaren. Ich will dir ein Geschäft vorschlagen. Es lautet: Du hilfst mir, den Seewolf zu fassen, und ich gewähre dir die Freiheit. Ich will nicht die gesamte Inselwelt absuchen, ich will diesem Killigrew eine gezielte Falle stellen.“

      „Wer bist du?“ fragte Sotoro, ohne die Augen zu öffnen.

      Do Velho sagte es ihm. Er konnte kaum seinen Triumph darüber unterdrükken, diesen schwarzbärtigen, dunkelhäutigen Rebellen zum Sprechen gebracht zu haben. Wenn es auch nur ein bescheidener Anfang war, die Hauptsache war, daß er sein Schweigen gebrochen hatte.

      „Lucio do Velho“, versetzte Sotoro auf die Erläuterungen des Portugiesen hin. „So heißt also der Kommandant des großen Viermasters. Weißt du, wer das Feuer gelegt hat, das die Galeone explodieren ließ, die wir Rebellen geentert hatten?“

      „Einer von euch.“

      „Nein. Warum sollten wir uns selbst in die Luft jagen? Es war der Kapitän. Ich sah ihn noch von Bord springen, diesen feigen Hund. Ja, ich beobachtete ihn, wie er das Weite suchte.“

      „Wir haben ihn aber nicht mit den Schiffbrüchigen aufgefischt“, erwiderte do Velho überrascht.

      „Dann hat ihn ein fliegendes Trümmerstück bei der Explosion getroffen, eine Spiere oder ein Balken. Geschieht ihm recht. Siehst du, wie ihr seid? Durch und durch feige und verlogen. Auf was wartest du? Zieh mir die Fackel doch durchs Gesicht. Du wirst mich nicht schreien hören.“

      Do Velho schüttelte den Kopf. „Rede keinen Unsinn, Sotoro. Ich verfolge ein bestimmtes Ziel. Bei mir konzentriert sich alles auf den Seewolf. Ich will, wie gesagt, ein Geschäft mit dir abschließen.“

      Sotoro lachte auf. „Wer garantiert mir denn, daß du mich wirklich freiläßt, wenn ich einwillige?“

      „Ich könnte es dir schriftlich geben …“

      „Auf eure Dokumente gebe ich nichts, Portugiese.“

      „Dann verrate ich dir etwas, das du leicht gegen mich verwenden könntest“, erwiderte do Velho. Er setzte eine Verschwörermiene auf und senkte die Stimme. „Du hast doch an Bord meines Schiffes vernommen, wie der Kommandant Francisco Lozano von den Diamanten von Kra gesprochen hat, nicht wahr?“

      Der Tiger richtete sich von seinem erbärmlichen Lager auf. Die Ketten rasselten. „Diamanten von Kra? Nein. Du vergißt, daß Escribano mich niederschlug.“

      „Dann war die Ohnmacht also nicht vorgetäuscht?“

      „Ich bin erst vor etwa einer halben Stunde wieder zu mir gekommen.“

      Do Velho holte tief Luft. „Gut, ich will glauben, daß es der Wahrheit entspricht. Also hör mir gut zu. Die Spanier haben die geheimen Diamantminen des Isthmus entdeckt und deinen Leuten entrissen. Die Malaien arbeiten jetzt als Sklaven in den Minen. Lozano erhofft sich von einem peinlichen Verhör, durch das dich der Stadtkommandant mangeln wird, Auskunft über weitere versteckte Minen der Eingeborenen, wo du doch von Kra stammst. Sicherlich gibt es noch viele Quellen, aus denen sich die edlen Steine holen lassen …“

      „Hunde“, stieß Sotoro hervor.

      Lucio do Velho berichtete ihm über das Unglück der „Santa Trinidad“, beschrieb auch, wo das passiert war, und fügte hinzu: „Und ich werde dir auch sagen, wo meine liebenswerten Verbündeten, die Spanier, auf der Landenge von Kra die Diamanten verschiffen, damit du dort später einen Schlag landen kannst. Du siehst, ich bin bereit, mich in deine Hand zu begeben, wenn du mir den Seewolf auslieferst. Eine Hand wäscht die andere, so kann man es auch ausdrücken.“

      Ja, dachte Sotoro, und falls ich dich zum Seewolf führe, wirst du nach seiner Festnahme nichts Eiligeres zu tun haben, als mich zu töten, so sieht die praktische Endlösung aus.

      Laut entgegnete er: „Wie willst du das dem Stadtkommandanten, dem Hafenkapitän und den anderen Halunken dort oben erklären?“

      „Ich schaffe dich heimlich fort. Noch heute nacht. Deine vier Mitstreiter werde ich auch mit an Bord der ‚Candia‘ nehmen. Verlaß dich darauf, ich habe den Einfluß, das fertigzubringen, ohne daß beispielsweise Escribano oder Lozano mir ins Handwerk pfuschen.“

      „Du handelst auf eigene Faust?“

      „Ich riskiere das.“

      Der Tiger von Malakka tat, als überlege er angestrengt. Dann nickte er. „Gut. Ich bin einverstanden. Meine Sache ist mir mehr wert als die Freundschaft des Seewolfes. Löse meine Ketten, dann folge ich dir.“

      Do Velho lächelte plötzlich. „Hocherfreut, Sotoro. Aber ich sehe es als meine Pflicht an, dich vor Dummheiten zu warnen. Ich habe Vertrauen in deine Klugheit, doch du sollst wissen, daß die Wachtposten am Ausgang des Kerkers mit schußbereiten Musketen dastehen. Ich habe ihnen aufgetragen, sie sollen wie die Luchse aufpassen.“

      „Ich bin kein Narr, Portugiese“, sagte Sotoro. „Ich unternehme keinen Fluchtversuch. Ich weiß, daß ein Ruf von dir genügt, und ich bin ein toter Mann. Halte dich an unseren Pakt, befreie auch meine vier Brüder, und ich breche mein Wort nicht.“

      Do Velho suchte den passenden Schlüssel für die Kettenschlösser des Malaien aus dem Bund, bückte sich und ließ tatsächlich die Schlösser aufschnappen, die die im Mauerwerk des Verlieses verankerten Ketten um Sotoros Hand- und Fußgelenke gespannt hielten. In diesen Sekunden war der Portugiese sich der Gefahr bewußt, in der er schwebte, aber er wollte den Tiger auf diese Probe stellen.

      Sotoro dankte durch ein knappes Kopfnicken und erhob sich schwerfällig. Do Velho brauchte nicht zu wissen, daß Sotoro die Stunden des Alleinseins dazu genutzt hatte, durch konzentrierte Ruhe zu regenerieren und sich auf alle Eventualitäten vorzubereiten.

      In Lucio do Velhos Rücken ertönte eine Stimme. Sie bediente sich eines sauberen Spanisch, wie man es von einem Soldaten Seiner Allerkatholischsten Majestät, König Philipp II., eigentlich auch erwarten sollte.

      „Senor …“

      Do Velho drehte sich um und sah einen behelmten, gepanzerten Posten in der Zellentür stehen, erkannte aber zu spät, daß das Gesicht dieses Kerls erhebliche Übereinstimmungen mit der Physiognomie des Seewolfes aufwies.

      Do Velho wollte reagieren, aber Sotoro trat ihm mit voller Wucht in den Rücken. Die Fackel fiel zu Boden und loderte hoch auf. Do Velho stolperte auf Hasard zu und wurde von diesem aufgefangen. Dan, der neben den Seewolf getreten war, zielte mit der Muskete direkt auf den Bauch des Portugiesen.

      „Danke, Amigo, daß du uns die Mühe abgenommen hast“, sagte Hasard verhalten, während er den Todfeind in einem schraubstockartigen Griff hielt. „Wir hätten wirklich viel Zeit verloren, wenn wir erst lange mit Schlüsseln hätten hantieren müssen. Ich warne dich, Portugiese. Wage es nicht, zu schreien. Du bist ein toter Mann, wenn du auch nur ‚A‘ sagst.“

      Sotoro glitt auf