Seewölfe Paket 7. Roy Palmer. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Roy Palmer
Издательство: Bookwire
Серия: Seewölfe - Piraten der Weltmeere
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9783954394968
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wie ich mich zu verhalten habe – ehe ich Cadiz Ende des vergangenen Jahres verlassen habe.“

      „Was, Sie kommen aus Cadiz?“ versetzte der Flaggschiffkommandant verblüfft. „Hätten Sie das nicht gleich sagen können?“

      Hasard wechselte das Standbein. „Comandante Escribano, ich ersuche Sie noch einmal …“

      „Aus Cadiz“, unterbrach ihn der Bootsmann. „Ihre Galeone ist also ein Kriegsschiff, wenn ich recht verstehe?“

      „Ein getarntes Kriegsschiff.“

      „Mit auffallend hohen Masten.“

      „Das ist die neueste Bauart“, erwiderte der Seewolf. „Wie lange haben Sie das Mutterland nicht mehr gesehen, Bootsmann?“

      Der Bootsmann ging nicht darauf ein, sein Blick glitt ungeniert an Hasards Gestalt auf und ab. „Lederwams, weißes Hemd, Stulpenstiefel und eine ganz gewöhnliche, billige blaue Hose – ist das jetzt die neue Kapitänsuniform bei der Armada?“ fragte er.

      „Das ist auch Tarnung“, sagte Hasard ruhig.

      „Bei Ihnen scheint überhaupt alles Maske zu sein!“

      „Bootsmann“, sagte der Kommandant scharf.

      „Comandante!“ rief der Bootsmann. „Dieser Mann ist ein Betrüger! Ich kann es nicht beweisen, aber ich habe das untrügliche Gefühl, weil so ein Schiff nie und nimmer auf einer spanischen Werft gebaut worden sein kann!“

      Hasard durchlief es siedendheiß. Er suchte nach einer Möglichkeit, sich durch einen Sprung hinter den Rücken des Kommandanten zu bringen. Aber im Augenblick standen die Chancen dafür schlecht – der erste und zweite Offizier und der Bootsmann rückten etwas näher. Sie konnten ihm mühelos den Weg verstellen.

      Aber da sagte Arturo Diaz Escribano: „Bootsmann, wie können Sie sich erdreisten, an dem Fortschritt spanischer Schiffsbaukunst zu zweifeln! Das ist ja geradezu ketzerisch! Außerdem werden Sie sich dafür verantworten müssen, daß Sie Capitán Buendia beleidigt haben.“

      Der Bootsmann wollte etwas entgegnen, aber in diesem Augenblick ertönte aus dem Hauptmars der „Santissima Madre“ die Stimme des Ausgucks. „Boot an Steuerbord! Teniente Savero de Almenaras Melder möchte aufentern!“

      Das Boot – Hasard hatte es gesehen, aber damit gerechnet, daß es eine der beiden anderen Galeonen ansteuern würde. Jetzt kam ihm dieser Irrtum unverhofft zu Hilfe. Die Köpfe des Kommandanten und seiner Achterdecksleute ruckten herum, nur für einen Sekundenbruchteil, aber das genügte dem Seewolf.

      Ein großer Schritt nur, und er stand schräg hinter dem Kommandanten. Wie durch Zauberei lag die doppelläufige sächsische Reiterpistole in Hasards Rechter. Er preßte die Mündungen Escribano in die Seite. „Schluß mit den Spiegelfechtereien, Comandante“, sagte er. „Ich weise Sie darauf hin, daß ich Sie bei der kleinsten Dummheit wie einen tollen Hund niederstrecke. Außerdem informiere ich Sie, daß diese Pistole zwei Läufe hat und ich also noch einen Ihrer Vertrauten mit auf die Höllenreise schicken kann – falls Sie so närrisch sein sollten, sich zu wehren“

      Arturo Diaz Escribano stand wie gelähmt da.

      „Also doch“, murmelte er entsetzt. Seine geweiteten Augen richteten sich auf Shane und Dan, die nun ebenfalls sehr flink ihre Pistolen aus den Gurten gerissen hatten und auf die Offiziere zielten.

      Hasard hatte sich so placiert, daß er seinen Kameraden beim Feuern nicht im Weg stand und nicht selbst gefährdet wurde.

      Der Bootsmann traf Anstalten, seine Waffe zu ziehen.

      „Davon rate ich ab“, sagte Hasard scharf. „Noch eine Bewegung, und es ist um dich geschehen, Amigo. Gleichzeitig erledigen wir deinen närrischen, gutgläubigen Comandante.“

      „Bootsmann“, stieß Escribano erstickt aus. „Keinen Widerstand leisten. Das ist ein Befehl.“

      Der Bootsmann stand daraufhin wie eine steife Marionette da, aber er konnte sich nicht verkneifen zu sagen: „Capitán Vicente Buendia von der ‚Alaria‘, wie? Ich hatte Sie gewarnt, Comandante. Niemals konnte das ein spanisches Schiff sein.“

      „In diesem Punkt sind wir uns einig“, erwiderte Hasard kalt. „Natürlich kann Spanien so schlanke und wendige Schiffe auch in zehn, zwanzig Jahren noch nicht konstruieren.“

      „Lüge“, keuchte der Kommandant. „Spanien wird dich mit riesigen Galeonen hetzen, mit Tausendtonnern …“

      „Ja, das ist eben euer Fehler.“ Hasard lächelte verwegen. „Ihr baut immer größere und plumpere Kästen, die man immer besser knacken kann.“

      „Wer bist du?“

      „Philip Hasard Killigrew, mein Freund. Man nennt mich auch El Lobo del Mar, den Seewolf.“

      Wie vom Donner gerührt starrten die Spanier ihren Bezwinger an. Unterdessen hatte auf der Kuhl immer noch niemand begriffen, was auf dem Achterdeck geschah, und sowohl Sam und Blacky als auch Shane und Dan paßten wie die Luchse auf, daß kein Ungebetener das Achterdeck betrat.

      „Das Boot“, sagte Dan nur. „Es hat uns fast erreicht, Hasard.“

      Hasard deutete eine Verbeugung zu Arturo Diaz Escribano hin an. „Gehen wir nun nach vorn, an die Five-Rail. Ihr versteht doch, was ich meine, ehrenwerter Comandante? Die Five-Rail ist die Schmuckbalustrade über dem Quarterdeck, jedenfalls bei uns Engländern.“

      „Elender Verbrecher“, stieß der Kommandant mit verzerrter Miene aus. „Ich werde dich vernichten.“

      „So wie den ‚Tiger von Malakka‘?“

      „Du wirst noch bereuen, was du getan hast.“

      „Leere Sprüche“, sagte der Seewolf wegwerfend. „Damit kommen wir nicht weiter. Halte eine Ansprache, Don Felipe von der traurigen Gestalt. Sag deinen Leuten auf der Kuhl, sie sollen sich ruhig verhalten, ganz ruhig.“

      Escribano gehorchte. Er trat an die Schmuckbalustrade. Hasard ging mit. Im blassen Licht des Spätnachmittags sahen sie auf die Männer hinunter, die gespannt zu ihnen aufschauten.

      Escribano begann zu reden, und im selben Augenblick brachten Blacky und Sam Roskill ihre Waffen in Anschlag auf die spanische Mannschaft. Sam legte den Kopf in den Nacken, zielte nach oben, auf den Großmars, und rief dem Ausguck zu: „Los, abentern!“

      „Comandante!“ brüllte der entsetzte Mann.

      „Das ist ein Befehl“, sagte Arturo Diaz Escribano zum zweitenmal binnen kurzer Zeit. Der Ausguck verließ seinen luftigen Posten und enterte in den Wanten ab.

      Escribano überlegte unterdessen, ob er sich auflehnen sollte. Aber es gab keine Vorschrift, nach der ein Mitglied der spanischen Armada zwingend zum Selbstmord verpflichtet war.

      Der Ausguck hatte die Kuhl noch nicht ganz erreicht, da tönten von außenbords Stimmen herauf. Der Melder des Teniente wollte wissen, was geschehen sei. Selbstverständlich war ihm das seltsame Verhalten des Ausgucks nicht entgangen.

      Sam Roskill trat neben eine der geladenen, schußbereiten Culverinen der Steuerbordseite, bückte sich und nahm eine ebenfalls geladene Muskete in die Hand. Er trat ans Schanzkleid, führte den Lauf der Waffe über die Brüstung und zielte auf die Bootsbesatzung unter sich – vier Rudergasten außer dem Melder.

      „Keine Faxen! Entert auf!“ rief er ihnen zu.

      Fesseln und knebeln wollten die Seewölfe ihre spanischen Gegner. So lautete Hasards Order. Aber er hatte sich auch von vornherein ausgemalt, daß nicht alles nach Wunsch verlaufen würde. Daß es richtig war, sich keinen falschen Hoffnungen hinzugeben, stellte sich für die Männer der „Isabella“ jetzt heraus.

      Der Bote und seine Begleiter im Boot spielten nicht mit.

      Nur die eine Muskete sahen sie auf sich gerichtet, und deshalb rechneten sie sich gute Chancen aus, mit dem Gegner fertig zu werden, der die Frechheit hatte, sie zu bedrohen.

      Sie