Seewölfe Paket 19. Roy Palmer. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Roy Palmer
Издательство: Bookwire
Серия: Seewölfe - Piraten der Weltmeere
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9783954397785
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ja, wie groß Hispaniola ist“, erwiderte Joaquin. „Dort läßt es sich gut leben. Auch Hunderte von Männern würden sich von dem, was das Land und die See hergeben, ernähren können. Man muß nur den erforderlichen Pioniergeist haben und alles aufbauen, was man braucht.“

      „Kennst du denn ein Plätzchen, an dem sich unsere Leute ansiedeln könnten?“ fragte Willem.

      „Ja.“

      „Darüber müssen wir uns noch ausführlicher unterhalten“, sagte Arne. „Vielleicht wird Hispaniola für die Menschen aus El Triunfo wirklich eine neue Heimat. Wann werdet ihr darüber entscheiden, Willem?“

      „Wenn sich die Wogen der jüngsten Geschehnisse ein bißchen geglättet haben“, erwiderte der Dicke. „Noch sind alle viel zu aufgeregt. Bei einer Versammlung würde sich nicht viel ergeben. Ich habe da meine Erfahrungen. Schließlich bin ich der Bürgermeister von El Triunfo gewesen.“

      Joaquin wollte wissen, was in El Triunfo vorgefallen war, und Willem berichtete ihm ausführlich von dem Überfall des spanischen Verbandes.

      Diego stand auf und kehrte zu seinen Thekengästen zurück. Über die Vorfälle an der Küste von Honduras wußte er ja bereits Bescheid, die Sache war nichts Neues für ihn. Lieber kümmerte er sich wieder um sein Geschäft.

      Unauffällig gab er Esther einen Wink. Sie sollte sich mit den beiden „Neuen“ beschäftigen. Esther verstand und lächelte Diego zu. Dann setzte sie sich in Bewegung und durchquerte mit aufreizendem Hüftschwung die Kneipe.

      Sarraux und Nazario hatten sich die ganze Zeit über geschickt im Hintergrund gehalten und fast jedes Wort von dem gehört, was an Arne von Manteuffels Tisch gesprochen worden war. Einiges konnten sie sich jetzt schon zusammenreimen, und sie waren sicher, daß die Informationen auf das Interesse der Black Queen stoßen würde.

      Esther hatte jettschwarzes Haar, ihre Augen waren dunkel und geheimnisvoll. Ihr Teint war eindeutig südländisch. Irgendwie erinnerte sie Nazario entfernt an Annamaria von Punta Gorda. Esther war genau sein Typ, er sprach sofort mit ihr, als sie sich dem Tisch näherte.

      Gilbert Sarraux wollte nicht das dritte Rad am Wagen sein. Er entfernte sich und traf in einer Ecke der Kneipengrotte auf ein anderes Mädchen, das sich bereitwillig zu einem Glas Wein einladen ließ. Da sich auch die Runde um Joaquin Solimonte inzwischen auflöste, sah er keinen Grund dafür, noch länger bei Nazario zu bleiben.

      Arne von Manteuffel und Oliver O’Brien verließen die „Schildkröte“ und kehrten an Bord der „Wappen von Kolberg“ zurück. Auch Carlos Rivero ging, nur Willem Tomdijk blieb noch mit Joaquin zusammen, aber sie gesellten sich zu Diego an die Theke, so daß es vorläufig für Nazario und Sarraux nichts mehr aufzuschnappen gab.

      Was die Ereignisse in El Triunfo betraf, von denen der dicke Holländer immer noch sprach, so waren der Bretone und der Portugiese im übrigen sicher, daß es zu diesem Thema keine Neuigkeiten mehr für die Queen gab. Sie war ja selbst in El Triunfo gewesen, das hatte sie den beiden erzählt, bevor sie sich in Punta Gorda getrennt hatten.

      Joao Nazario hatte also Zeit und Muße, sich dem Mädchen Esther zu widmen. Wie es schien, verstanden sie sich sehr gut miteinander.

      „Du bist mein Fall“, sagte Nazario. „Wir zwei könnten einiges zusammen unternehmen.“

      „Das glaube ich auch“, sagte Esther lächelnd. Sie versäumte nicht, ihre Oberweite durch einen leichten Ruck nach vorn vollendet zur Geltung zu bringen. „Zum Beispiel könnten wir noch ein Glas Wein zusammen trinken.“

      Er mußte lachen. „Ja, natürlich.“ Diego war gerade in Sichtweite, Nazario drehte sich um und winkte ihm zu. Wenig später waren die Becher neu aufgefüllt, und Nazario prostete Esther zu.

      „Was hat dich eigentlich hierher verschlagen?“ fragte er.

      „Das ist eine lange Geschichte. Ich erzähle sie dir später.“

      „Und woher stammst du?“

      „Aus Paris.“

      „Du bist dort geboren?“

      „Nein“, antwortete sie. „Wo meine Wiege stand, weiß ich selbst nicht.“

      „Du bist noch sehr jung“, sagte er mit einem prüfenden Blick.

      „Einundzwanzig“, sagte sie. „Aber unser Gespräch soll doch wohl hoffentlich nicht in ein Verhör ausarten.“

      Er schüttelte den Kopf. „Nein, nein. Gibt es hier kein ruhigeres Plätzchen, an dem man sich ganz ungestört unterhalten kann?“

      „Doch. Aber ganz einig sind wir uns noch nicht, oder?“ Sie blickte ihn mit verschmitzter Miene an.

      „Wie wär’s mit einem Silberling?“ fragte er.

      Sie schüttelte den Kopf. „Der reicht nicht mal für einen Spaziergang am Hafen. Sagen wir – drei Silberlinge.“

      „Und was bietest du dafür?“

      „Siehst du das nicht?“

      Er beugte sich zu ihr hinüber und blickte in ihren Ausschnitt. Dann rückte er grinsend näher zu ihr heran. „Ich meine etwas anderes. Ich stelle ganz bestimmte Forderungen.“ Er setzte ihr auseinander, was er von ihr verlangte, in allen Einzelheiten.

      „Einverstanden, wenn du fünf Münzen springen läßt.“

      „Es bleibt bei drei Silberlingen“, sagte er.

      „Schönen Dank für den Wein“, sagte sie. „Aber wenn das so ist, gehe ich lieber.“ Sie wollte aufstehen, aber er hielt sie am Arm fest.

      „Hör mal, ist denn das, was ich will, so ungewöhnlich?“ fragte er mit etwas heiserer Stimme.

      „Ziemlich.“

      „Gut, dann schlage ich vier Silberlinge vor.“

      Sie schien zu zögern, dann aber willigte sie ein, und das Feilschen hatte ein Ende. Nazario zahlte die Zeche. Sie verließen die Kneipengrotte. Es war schon seit einiger Zeit dunkel geworden. Sterne funkelten am samten wirkenden Nachthimmel. An den Piers und an der Kaimauer plätscherte das Wasser. Joao Nazario atmete tief durch, legte die Hand um Esthers Hüfte und dachte, was für ein guter Gedanke es doch gewesen war, nach Tortuga zu segeln.

      „Du hast mir noch gar nicht gesagt, wie du heißt“, sagte er.

      „Esther.“

      „Gut, Esther. Ich heiße Joao.“

      „Wir werden zwei schöne Stunden miteinander haben“, sagte sie, aber sie wußte nicht, wie sehr sie sich irrte.

       8.

      Sie stiegen zu einer höher in den Bergen gelegenen Hütte hinauf, die Esther für ihr Gewerbe übernommen hatte. In der „Schildkröte“ war nicht genug Raum für alle Mädchen und deren Freier, und so waren viele von ihnen auf Unterkünfte ausgewichen, die ihnen selbstverständlich Diego empfohlen hatte, der dafür wiederum „Vermittlungsgeld“ kassierte.

      Die Hütte war bis vor einem Jahr von einem alten Seemann bewohnt worden, den eines Tages ein Kreole im Inselurwald tot aufgefunden hatte. Man wußte nicht, woran der Alte gestorben war, aber es hieß, es sei nicht alles mit rechten Dingen zugegangen.

      Weiter wurde gemunkelt, auf der Hütte laste ein Fluch, und so hatte jeder den rot angestrichenen, etwas windschiefen Bretterverschlag gemieden. Diego hatte Esther natürlich nichts von dem Gerede erzählt, aber sie war im übrigen auch nicht abergläubisch und hätte sich ohnehin den Teufel darum geschert.

      Esther öffnete die in rostigen Angeln knarrende Tür, tat drei Schritte bis in die Mitte des Raumes und entfachte eine Öllampe, deren Docht weit heruntergedreht war. Im dämmrig-rötlichen Licht trat auch Joao Nazario ein, drückte die Tür hinter sich zu und blieb stehen.

      Sein Blick war auf das Mädchen gerichtet. Sie