Der Iceman. Anthony Bruno. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Anthony Bruno
Издательство: Bookwire
Серия:
Жанр произведения: Зарубежная психология
Год издания: 0
isbn: 9783854454328
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      »Nein.«

      »Denken Sie gut nach. Vielleicht haben Sie’s nur vergessen. Er war Eisverkäufer und fuhr für die Firma Mister Softee in North Bergen einen Verkaufswagen, den er in einer Garage abstellte, die einer von Ihnen gemieteten Garage direkt gegen­überlag. Erinnern Sie sich jetzt, Mr. Kuklinski?«

      Kuklinski starrte ihn einen Moment lang an, ehe er betont freundlich entgegnete: »Ich mache mir nicht sonderlich viel aus Eiscreme, Detective.«

      »Das habe ich nicht gefragt, Mr. Kuklinski. Ich wollte wissen, ob Sie Robert Prongay gekannt haben.«

      »Nein, genausowenig wie die anderen.«

      Kuklinski tätschelte den Hals seines Hundes. Mister Softee. Dr. Tod.

      Volkman blätterte in seinen Notizen. Es war ihm anzumer­ken, dass er Mühe hatte, seine Rolle als ›guter Bulle‹ weiterzuspielen und einigermaßen höflich zu bleiben. »Wie ist es mit Roy DeMeo, Mr. Kuklinski? Kannten Sie diesen Herrn?«

      »Keine Ahnung. Ich glaube nicht.«

      »Waren Sie je in der Gemini Lounge, Mr. Kuklinski? In der Flatlands Avenue im Canarsie Bezirk von Brooklyn?«

      »Bestimmt nicht!«

      »Sind Sie sicher, Mr. Kuklinski?«

      »Das klingt verdächtig nach irgend so einer Spelunke, Detective. Ich bin ein grundsolider Familienvater und ver­kehre nicht in einem solchen Milieu.«

      Kane rutschte unruhig auf dem Sitz hin und her. Er sah aus, als sei er kurz vor dem Explodieren, aber der Blick seines Kollegen hielt ihn in Schach.

      »Roy DeMeo gehörte zum Gambinosyndikat«, sagte Volkman. »Unter anderem war er im Pornografiegeschäft tätig. Sie hatten doch auch einmal damit zu tun, nicht wahr, Mr. Kuklinski?«

      Kuklinski fühlte, wie ihm das Blut ins Gesicht schoss. »Pornografie? Nein, Detective. Wie schon gesagt, ich bin ein ehrbarer Familienvater.«

      Shaba jaulte leise, als er seine Finger in den Nacken des Hundes grub.

      Unwillkürliche Erinnerungen stiegen in ihm auf. Das Büro in der Lafayette Street in Manhattan und gleich um die Ecke das Filmlabor. Roys verrückte Truppe. Das Apartment hinter der Gemini Lounge, in dem Dracula lebte. Spaghetti bolognese. Die Haie vor Long Island. Unbewusst berührte Kuk­linski die Narbe an seiner Stirn.

      »DeMeos Leiche wurde im Januar 1983 im Kofferraum seines eigenen Wagens gefunden«, bemerkte Volkman.

      »Ja? Na und?«

      »Auf seinem Körper lag ein Gegenstand. Sie haben nicht zufällig eine Ahnung, was das gewesen sein könnte?«

      Kuklinski sagte kein Wort. Er starrte den Polizisten nur an und schwieg lange Zeit. Dann lächelte er. »Veranstalten wir hier ein Ratespielchen, Detective?«

      »Nein, Mr. Kuklinski«, bellte Kane. »Wir veranstalten kei­ne Spielchen!«

      »Was wollen Sie denn sonst noch? Ich habe Ihnen bereits erklärt, dass ich keinen dieser Typen kenne, von denen Sie reden.«

      »Wir haben eine verlässliche Quelle, die behauptet, dass Sie …«

      »Soll ich Ihnen sagen, was Sie mit Ihrer ›verlässlichen Quelle‹ machen können, Detective Kane?«

      Er sah das große, hässliche Gesicht von Percy House vor sich. Diese elende Ratte.

      Detective Kane kochte. Er schien sich kaum noch beherr­schen zu können. Kuklinski grinste ihn unverhohlen an.

      Volkman blätterte einige Seiten weiter. »Nur um absolut sicher zu sein, Mr. Kuklinski, gehen wir noch einmal die Namen durch, okay?«

      Kuklinski zuckte die Schultern. »Wenn es Sie glücklich macht.«

      »Haben Sie einen George Malliband Junior gekannt?«

      »Ich glaube nicht, dass mir jemals irgendwer mit diesem Namen begegnet ist. Nein.«

      »Und kannten Sie Louis Masgay?«

      »Nee.«

      »Paul Hoffman?«

      »Den kenne ich nicht.«

      »Robert Prongay?«

      Kuklinski schüttelte den Kopf.

      »Gary Smith?«

      »Auch nicht.«

      »Danny Deppner.«

      »Nie von dem Kerl gehört.«

      Kane musterte ihn skeptisch. »Wenn Sie keinen dieser Männer kennen, Mr. Kuklinski, warum grinsen Sie dann so?«

      Kuklinskis Grinsen wurde zu einem breiten Lächeln. »Ich bin halt ein fröhlicher Mensch, Detective.«

      »Weshalb habe ich nur das Gefühl, dass Sie mehr wissen, als Sie sagen, Mr. Kuklinski?«

      Richard Kuklinski lachte unbekümmert.

      Er strich durch Shabas dickes Fell, während sich die beiden Detectives anschauten und offenbar überlegten, wie sie aus dieser Geschichte herauskamen, ohne dass sie wie totale Narren aussahen. Geschieht den Idioten recht, dachte Kuklinski, wenn sie hier reinplatzen und absolut nichts in der Hand haben. So was ist immer ein Fehler. Schnüffeln wollten sie, aber sie hatten nichts, und sie waren nichts. Zwei miese kleine Bullen, die mit Hypotheken und Abzahlungen für ihre Autos kämpften, mit jedem Pfennig knauserten, um einiger­maßen zurechtzukommen, und sich auf nichts anderes freu­ten als nach zwanzig Jahren endlich ihre beschissenen klei­nen Pensionen zu kassieren. Zwei typische Verlierer. Sie wussten nichts, und sie hatten nichts. Richard Kuklinski dagegen hatte alles.

      Mit einem zufriedenen Grinsen rückte er seine Brille zu­recht. »Kann ich sonst vielleicht noch irgend etwas für Sie tun, meine Herren?«

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      Der Ententeich in Demarest, New Jersey, war für Barbara und Richard Kuklinski ein besonderer Lieblingsplatz. Zwei-­ oder dreimal die Woche gingen sie regelmäßig nach dem Frühstück dorthin, einfach um am Wasser zu sitzen und die Enten und Kanadagänse zu füttern. Richard kaufte im Laden auf der anderen Straßenseite immer einen Laib Brot, den sie Stück für Stück verfütterten, während sie einen geruhsamen Vormittag genossen, und er behauptete stets, diese Stille sei wunderbar beruhigend. Aber heute morgen spürte Barbara Kuklinski sehr deutlich, dass er nur nach außen hin ruhig erschien – und das machte sie zunehmend nervös. Sie merkte, dass er immer wieder auf das Münztelefon am Rand des Parkplatzes blickte.

      Richard verstreute seine restlichen Brotstückchen. »Soll ich die Decke aus dem Auto holen, damit du bequemer sitzt?«

      »Danke, es ist schon gut.«

      »Bestimmt? Ich hole sie gern.«

      »Nein, wirklich nicht nötig, Rich.«

      »Okay.« Erneut schaute er hinüber zum Telefon.

      Barbara versuchte, das wachsende Unbehagen zu ver­drängen. Irgendetwas beschäftigte ihn ganz offenbar, auch wenn er sich nichts anmerken lassen wollte. Richard konnte wirklich entzückend sein und war die meiste Zeit ihr gegen­über sehr zuvorkommend und überaus höflich. Er verwöhnte und umsorgte sie und scheute keine Kosten und Mühen, um ihr eine Freude zu machen.

      Als sie sich kennenlernten, war sie Sekretärin bei einem Transportunternehmen gewesen, wo er als Packer arbeitete. Für ihn war es praktisch Liebe auf den ersten Blick. Er verfolgte sie geradezu mit sturer Besessenheit und schickte ihr jeden Tag Blumen, bis sie endlich einwilligte, einmal mit ihm auszugehen. Barbara war fasziniert und geschmeichelt, aber eine Beziehung mit ihm kam für sie nicht in Frage. Sie wusste, dass ihre Eltern, die italienischer Herkunft waren, ihn ablehnen würden, einfach weil er nicht aus einer entspre­chenden Familie kam. Doch Richard war zäh und beharrlich. Tag für Tag stand ein neuer Strauß auf ihrem Schreibtisch, aber als sie ihn das