Breathe Harder. Katie Weber. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Katie Weber
Издательство: Bookwire
Серия: Keep Breathing
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9783969876404
Скачать книгу
Kopf. »Die bin ich aber nicht mehr, Jonah. Sieh es endlich ein.« Vorsichtig legte sie meine Tochter zurück in ihr Bettchen, nachdem sie endlich eingeschlafen war, und verschwand im Flur. Die Diskussion schien für sie offensichtlich beendet, daher ergriff sie die Flucht und wollte zurück in das Gästezimmer, in dem sie die Nächte hier in meinem Haus verbrachte, doch ich hielt sie auf.

      Mit nur wenigen schnellen Schritten war ich bei ihr und griff nach ihrem Arm, damit sie stehen blieb. »Das sehe ich anders und das weißt du genau«, knurrte ich leise und durchbohrte sie mit meinem Blick. Ich konnte und wollte nicht daran glauben, dass wir nie wieder das sein würden, was wir einmal waren. Ganz egal, was sie sagte. »Nach all den Jahren bist es immer noch du, die mich am besten kennt.«

      Annabelle schnaubte abfällig und riss sich von mir los. »Du meinst, jetzt, wo Ben nicht mehr da ist?«

      Ich schluckte schwer. »Wir sind immer noch Freunde, Annie. Auch wenn es sich für dich nicht so anfühlt. Noch nicht zumindest.«

      Stur blickte sie mir entgegen. »Von wegen! Wir sind Fremde, Jonah. Du hast keine Ahnung von meinem Leben und ich ebenso wenig von deinem. Bis vor kurzem wusste ich ja nicht mal, dass du bereits Vater bist!«

      Überrascht hob ich eine Augenbraue. Ich wusste zwar, dass sie wütend war. Die ganze Zeit über hatte sie eine Unmenge an Wut im Bauch. Doch hatte ich bisher keinen Gedanken daran verschwendet, dass Gracey einer der Gründe dafür sein könnte.

      »Bist du etwa deswegen so wütend?«, fragte ich nervös und versuchte die Wahrheit in ihren Augen zu finden.

      Annie schien jedoch irritiert. »Du meinst, weil du Vater bist?« Ja. Nein. Wer weiß…

      Ich schüttelte dennoch den Kopf. »Weil du es nicht wusstest, meine ich.«

      Annabelle seufzte und senkte den Blick. Eine Weile schwieg sie, bis sie wieder zu mir aufsah und mit Tränen in den Augen ihren Kopf schüttelte. »Ich bin nur enttäuscht, dass Ben es mir nie gesagt hat. Ganz egal, ob du ihn darum gebeten hast, mir nichts zu erzählen. Ich dachte immer, mein großer Bruder würde mir immer alles sagen, würde niemals etwas vor mir geheim halten und mir alles erzählen.«

      Ich versuchte meinen Mund zu halten. Das tat ich wirklich. Ich wusste, würde ich ihn jetzt öffnen, es würde nichts Gutes herauskommen. Es gelang mir trotzdem nicht. Zu schmerzhaft brannten die Worte auf meiner Zunge. »Dein Bruder hat dir so einiges nicht erzählt…«

      Annabelle runzelte die Stirn und starrte mich fassungslos an. »Was?«

      Ich hasste mich dafür, dass ich ihr die Wahrheit sagte. Gleichzeitig fühlte es sich befreiend an, unendlich befreiend sogar. Wie lange hielt ich dieses Geheimnis in meinem Herzen, um meinem besten Freund nicht zu schaden? Es waren Jahre. Und erst kurz vor Bens Tod hatte ich mich mit ihm über all die Missverständnisse ausgesprochen. Ich wusste von ihm, dass Annie keine Ahnung hatte, was damals wirklich vorgefallen war, wusste, wie sehr sich Ben dafür hasste, ihr das verschwiegen zu haben und wie feige er sich fühlte. Er hatte es dennoch nie übers Herz gebracht, die Wahrheit zu sagen. Er hatte es vor, das hatte er mir bei meinem letzten Besuch bei ihm noch erzählt. Doch der Krebs ließ es nicht mehr zu, er nahm ihm die Kraft und die Stimme, sich bei ihr zu entschuldigen. Es war nun also an mir, dies zu tun. Für ihn. Auch wenn seine dämliche Aktion damals dazu beigetragen hatte, dass ich den größten Fehler meines Lebens begann.

      »Was zum Teufel willst du mir damit sagen, Jonah? Was hat mir mein Bruder sonst noch verheimlicht?«, fragte Annabelle ungeduldig und mit zitterndem Körper.

      Plötzlich wusste ich, ich konnte es ihr nicht sagen. Nicht jetzt und nicht so. Sie würde es nicht verstehen. Vermutlich würde sie mir nicht einmal glauben und danach einfach abhauen und aus meinem Leben verschwinden. Wieder einmal.

      Das konnte ich nicht zulassen. Die Wahrheit musste warten. Solange, bis sie mir endlich vertraute.

      »Du solltest jetzt schlafen gehen, Schneewittchen«, sagte ich bestimmt und drehte mich um, um mich schnellstmöglich von ihr zu entfernen.

      Annabelle schien jedoch schneller und schnitt mir den Weg ab. »Du kannst mich doch jetzt nicht einfach so stehenlassen«, zischte sie wütend.

      »Es ist besser so, glaub mir.«

      Sieben Jahre zuvor

      »Jonah Reeves, du bist mir eine Erklärung schuldig«, hörte ich meinen besten Freund am Telefon sagen, noch ehe ich ihn begrüßen konnte. Ben und ich hatten schon ein paar Tage nicht mehr miteinander gesprochen. Daher verstand ich auch überhaupt nicht, was er damit meinte. Was für eine Erklärung war ich ihm schuldig? Seitdem er und Annie zu ihrer Tante nach Greenfield gezogen waren, hatte ich mit Sicherheit nichts angestellt, was eine Entschuldigung ihm gegenüber rechtfertigte. Dachte ich zumindest.

      »Was hab ich getan?«, fragte ich irritiert und vielleicht ein wenig zu gereizt, um ihn damit nicht noch mehr zu provozieren.

      Ben lachte verbittert. »Witzig, dass du das fragt. Dasselbe wollte ich nämlich von dir wissen.«

      Jetzt stand ich vollends auf dem Schlauch. Was zur Hölle hatte er für ein Problem? Noch vor ein paar Tagen schien alles in Ordnung. »Ich weiß nicht, was du meinst, Ben. Was ist los? Ist irgendwas passiert?«

      »Annie heult sich wegen dir die Augen aus dem Kopf, das ist passiert«, knurrte mein bester Freund und ich verstummte automatisch, während sich mein Herzschlag unweigerlich beschleunigte. Hatte sie es ihm erzählt? Hatte Annabelle mich verraten? »Was zur Hölle hast du getan, Reeves? Ich weiß genau, ihr habt euch nochmal gesehen in der Nacht, bevor wir aus Underwood weg sind.«

      Verzweifelt fuhr ich mir durch die Haare und setzte mich langsam mit dem Handy am Ohr auf mein Bett. Ich hätte wissen müssen, dass es ihm auffallen würde. Er war schließlich mein bester Freund und Annies Bruder. Natürlich würde er es herausfinden. Früher oder später musste das einfach passieren.

      Seufzend versuchte ich mich trotz besserem Wissen und Gewissen herauszureden. »Ich habe nichts getan. Wir haben nur geredet, mehr nicht.«

      »Glaube ich euch nicht.« Ben schien ruhig. Doch genau das beunruhigte mich.

      »Euch?«

      »Annie beharrt auch darauf, dass ihr nur geredet habt. Glaube ich aber nicht. Ich kenne euch zwei.«

      Erneut seufzte ich tief. »Und was ist deiner Meinung nach dann passiert?«, wollte ich wissen, während ich glaubte, mein Herz würde vor Nervosität aus meiner Brust springen.

      »Ihr habt gestritten!«, bellte Ben voller Überzeugung und überraschte mich damit ein weiteres Mal, während eine Flut der Erleichterung über mich schwappte. Annie hatte ihm also doch nichts über uns und die letzte gemeinsame Nacht erzählt. Sie hatte mich nicht verraten.

      »Wie kommst du darauf?«, fragte ich kleinlaut und schluckte meinen Kloß im Hals herunter.

      »Weswegen solltest du dich sonst nicht mehr bei ihr melden?« Berechtigte Frage! Nur konnte ich ihm unmöglich die Wahrheit sagen.

      »Hat sie das gesagt? Dass ich mich nicht mehr bei ihr melde?«

      Ben dachte gar nicht daran, meine Frage zu beantworten. Ich konnte es ihm nicht verübeln. »Was ist zwischen euch passiert, Jonah? Ich bin ihr Bruder verdammt nochmal!«

      »Und mein bester Freund, ich weiß«, bestätigte ich verstehend und wurde wütend. Wütend auf mich selbst, weil ich zuließ, dass das alles geschieht. Und ebenso wütend auf Ben, weil er sich nicht mehr daran erinnerte, dass er der Auslöser für das alles war.

      »Was soll das bedeuten?«

      »Das bedeutet, du bist selbst schuld«, rutschte es mir unkontrolliert heraus und ich wusste, jetzt war es zu spät. Ich konnte die Wahrheit nicht länger vor ihm verbergen. Zumindest nicht den Teil, an dem er alles versaut hatte.

      »Was hab ich denn jetzt damit zu tun? Ich war