Ida Pfeiffer: Ausgewählte Werke. Ida Pfeiffer. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Ida Pfeiffer
Издательство: Bookwire
Серия:
Жанр произведения: Книги о Путешествиях
Год издания: 0
isbn: 9788027206223
Скачать книгу
jener Zeit zu stammen, wo Jesus unter solchen seine letzte Nacht mit Gebet und Betrachtungen zugebracht hat. Da sich aber dieser Baum selbst fortpflanzt, so mögen es Sprößlinge sein. Das Erdreich der Wurzeln dieser acht Bäume ist mit Mauerwerk umgeben, um dem altersschwachen Bäumen eine Stütze zu verschaffen. Den Ort, wo diese acht Bäume stehen, umfaßt eine drei oder vier Schuh hohe Mauer. Kein Laie darf diesen Ort ohne Priester betreten, oder etwas von den Bäumen pflücken; es steht die Exkommunikation als Strafe darauf. Auch der Türke hält diese Bäume in Ehren, und würde keinen beschädigen.

      Gleich daneben liegt der Ort, wo die drei Jünger während jener Nacht schliefen, als sich Jesus zum Tode vorbereitete. Man zeigte auf zwei Felsstücke Abdrücke, welche von den Aposteln herrühren sollen (?). Vom dritten Abdrucke könnten wir aber keine Spur entdecken. Etwas entfernt davon ist die Stelle, wo Judas den Verrath beging.

      Die kleine Kirche, welche das Grab der heil. Maria in sich schließt, steht nahe an der Grotte der Blutschwitzung. Eine breite Marmortreppe führt über fünfzig Stufen in die Tiefe, an deren Ende man das Grabmal erblickt, welches ebenfalls als Altar benützt wird. Ungefähr in der Mitte der Stiege sind zwei Nischen mit Altären angebracht, die Gebeine der Eltern der heil. Maria, so wie jene des heil. Josephs in sich schließend. Die Kapelle gehört den Griechen.

      Vom Fuße des Oelberges bis auf die höchste Spitze desselben hat man bei drei Viertelstunden zu steigen. Der ganze Berg ist öde und unfruchtbar, nur Oel- und Johannisbrotbäume finden da ihr Fortkommen. Von dem höchsten Gipfel fuhr Jesus gen Himmel. Eine Kirche bezeichnete einst diesen Ort, sie wurde aber später in eine Moschee umgewandelt, und auch diese ist zum Theil schon in Ruinen zerfallen. Erst seit zehn oder zwölfJahren wurde eine ganz kleine armenische Kapelle hier aufgebaut, die nun in der Mitte von alten Mauern steht, in welcher abermals der Abdruck des Fußes Jesu gezeigt und verehrt wird. Auf diesen Stein soll er gestanden haben, als er gen Himmel fuhr. Nicht weit davon zeigt man den Ort, wo der Feigenbaum stand, den Christus verfluchte, und die Stelle, wo sich Judas erhängte.

      Ich besuchte eines Nachmittags mehrere dieser Orte in Gesellschaft des Grafen B. — Als wir unter den Ruinen, nahe der Moschee herum stiegen, kam auf einmal ein stämmiger Ziegenhirt, mit einem tüchtigen Knittelstocke bewaffnet, auf uns zu, und begehrte ziemlich gebieterisch Backschisch (Trinkgeld oder Almosen). Wir wollten Keines die Börse herausnehmen, aus Furcht, er reiße uns selbe aus den Händen, und gaben ihm nichts. Da faßte er den Grafen am Arm und schrie verschiedenes auf arabisch, was wir zwar nicht verstanden, aber wohl zu deuten wußten. Der Graf machte sich los und zum Glück hatten wir nur einige Schritte um eine Ecke zu biegen, um in's Freie zu gelangen, welches wir halb balgend erreichten. Glücklicher Weise kamen mehrere Menschen in unsere Nähe und der Kerl zog sich zurück. Wir überzeugten uns, daß Franken die Stadt nie allein verlassen sollten.

      Da der Oelberg der höchste Berg in Jerusalem ist, so kann, man von ihm die Stadt und die Umgebung am besten übersehen. Sie ist ziemlich groß und ausgedehnt, — und soll 25,000 Einwohner zählen. Die Häuser sind wie in ganz Syrien von Stein, und mit vielen runden Kuppeln versehen. Eine sehr hohe und gut erhaltene Mauer, deren unterer Theil aus so großen Steinblöcken zusammengesetzt ist, daß man wohl glauben könnte, diese Felsmassen rühren noch aus jenen Zeiten her, wo die Stadt zerstört wurde, umgibt sie. Die Moschee Omar, deren Kuppel mit Blei gedeckt ist, nimmt sich am Besten aus; ihr Vorhof ist unendlich groß und rein gehalten. An ihrem Platze soll einst Salomons Tempel gestanden sein.

      Von diesem Berge kann man auch alle Klöster und die verschiedenen Quartiere der Lateiner, Armenier, Griechen, Juden u.s.w. sehr gut unterscheiden. Der Berg des Aergernisses, so genannt wegen der Abgötterei Salomons, erhebt sich seitwärts des Oelberges, und ist nicht hoch. Von den Resten des Tempels und der Gebäude, welche Salomon seinen Weibern erbauen ließ, sind nur noch wenige Mauerwerke vorhanden. Auch der Jordan und das todte Meer sollen von hier zu sehen sein; ich sah aber weder den Einen noch das Andere, vermuthlich, weil der Dunstkreis zu dicht war.

      Am Fuße des Ölberges liegt das Thal Josaphat, in welchem einst das letzte Gericht über uns ergehen soll. Die Länge dieses Thales betragt höchstens die Hälfte oder drei Viertel einer deutschen Meile; die Breite ist ebenfalls höchst unbedeutend. Der Bach Cidron durchschneidet das Thal; er führt aber nur während der Regenzeit Wasser, sonst ist er spurlos verschwunden.

      Die Stadt Jerusalem ist ziemlich belebt, besonders der ärmliche Bazar und das Judenviertel, welches Letztere gar sehr von Menschen überfüllt ist. Es herrscht ein Schmutz und ein Gestank in diesem Viertel, der gewiß jede Beschreibung übertrifft. Die Pest erfaßt immer dort ihre ersten Opfer.

      Das griechische Kloster ist nicht nur schön, sondern auch sehr ausgedehnt. Zu ihm wallen die meisten Pilger; ihre Zahl soll sich in der Osterzeit oft auf fünf- bis sechstausend belaufen. Das wird Alles zusammengesteckt und jeder Raum überfüllt, selbst der Hof, die Terrassen — Alles ist besetzt. Dieses Kloster hat die größten Einkünfte, weil jeder Pilger für die schlechte Aufnahme in demselben außerordentlich viel bezahlen muß. Der Aermste soll selten unter vierhundert Piaster durchkommen.

      Das armenische Kloster ist das schönste; mitten in Gärten stehend, gewährt es einen wahrhaft freundlichen Anblick. Es soll an dem Platze erbaut sein, wo der heil. Jakobus enthauptet wurde. Eine Menge Abbildungen in der Kirche machen diese Begebenheit von allen Seiten bemerkbar. Die meisten Bilder aber, nicht nur in dieser, sondern in allen Kirchen sind unter allen Begriffen schlecht gemalt. Die armenische Geistlichkeit soll ebenfalls die Kunst verstehen, ihre Pilger gehörig auszubeuten und mit leeren Taschen davon ziehen zu lassen. Dafür geben sie ihnen einen Ueberfluß an geistiger Nahrung mit.

      Im Thale Josaphat sieht man viele Grabmäler älterer und neuerer Zeit. Das älteste darunter ist jenes des Absalon, ein kleiner Tempel von Felsstücken mit einer Kuppel, und ohne Eingang. Das zweite ist das des Zacharias, ebenfalls in Felsen gehauen und innen mit zwei Abtheilungen; das dritte jenes des Königs Josaphat, klein und unbedeutend, man könnte beinahe sagen, nichts als ein Felsblock. Und so sind noch mehrere Grabmäler in Fels gehauen. Von hier gelangt man zu dem jüdischen Friedhofe.

      Das Dörfchen Siloa liegt ebenfalls in diesem Thale. Es ist so ärmlich und hat so kleine Häuser, aus Steinen zusammengesetzt, daß man sie, hier ohnehin beständig unter Monumenten der Verstorbenen wandelnd, eher für Ruinen von Grabmälern, als für menschliche Behausungen hält.

      Dem Dorfe gegenüber liegt der Marienbrunnen, so genannt, weil die heilige Maria hier täglich Wasser holte. Ihrem Beispiele folgen noch immer die Bewohner von Siloa. Etwas entfernter davon ist der Brunnen Siloa, an welcher Quelle Jesus einen Blindgebornen heilte. Diese Quelle soll die merkwürdige Eigenthümlichkeit haben, daß sie im Laufe des Tages öfter verschwindet und wiederkehrt. Als ich dort war, sah ich kein Wasser, und alles herum war so trocken, als ob die Quelle nicht nur stunden- sondern wochenlang ausbliebe. Hier sollen einst die Königsgärten gestanden haben.

      Am Ende des Thales Josaphat ist eine kleine Anhöhe, gleichsam als Schlußstein, in welcher mehrere Grotten, durch Natur oder Kunst geschaffen, vorhanden sind, die ebenfalls als Grabmäler dienten. Man nennt sie die Felsengräber. Jetzt sind sie meistens in Stallungen verwandelt, und so schmutzig, daß man sie nicht betreten kann. Ich blickte nur in einige hinein, und sah weiter nichts als eine in zwei Theile geschiedene Höhle. Ueber diesen Felsengräbern liegt der sogenannte Blutacker, welchen die hohen Priester um die dreißig Silberlinge kauften, die ihnen Judas zurückwarf.

      Unweit von dem Blutacker erhebt sich die Anhöhe oder der Berg Sion, auf dem einst das Haus des Kaiphas gestanden sein soll, in welchem Christus gefangen saß. Jetzt ist eine kleine armenische Kirche an seinem Platze. Das Grab Davids, ebenfalls auf diesem Hügel, wurde in eine Moschee verwandelt, in der man die Stelle zeigt, wo Christus mit seinen Jüngern das letzte Abendmahl hielt.

      In der Umgebung dieses Berges sind die Friedhöfe der Lateiner, Armenier und Griechen.

      Gleich am Berge Sion zieht sich der Berg des "bösen Rathes", so genannt, weil die Richter hier den Entschluß gefaßt haben sollen, Jesu zu tödten. Einige Spuren von Ruinen des Landhauses Kaiphas sind noch sichtbar.

      Die Jeremias-Grotte liegt außerhalb des Damasker-Thores, vor welchem wir auch einen sehr schön gearbeiteten Sarkophag, als Wassertrog benützt,