Ida Pfeiffer: Ausgewählte Werke. Ida Pfeiffer. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Ida Pfeiffer
Издательство: Bookwire
Серия:
Жанр произведения: Книги о Путешествиях
Год издания: 0
isbn: 9788027206223
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Pilav. Dann folgten aufgeschnittene Gurken mit etwas Salz, jedoch Essig und Oel, die Hauptfache erwartete ich vergebens, ich mußte sie so hinabschlucken. Hierauf kam Reis in Milch gekocht und mit einer solchen Portion Rosenöhl gewürzt, daß mich schon der Geruch allein übersättigte. Endlich erschien der Nachtisch, bestehend aus kleinen ungeschälten Gurken, — die meine Tischgenossen mit Haut und Haar gar säuberlich verspeisten — einen alten Schafkäse und gebrannten Haselnußkernen. Das Brot ist flach, wie Pfannenkuchen, und wird nicht in Öfen, sondern auf Platten oder beiße Steine gelegt, und wenn es unten gebacken ist, auf die andere Seite gewendet. Übrigens schmeckt es dennoch besser, als man vermuthet.

      Unser Tischgespräch war höchst interessant. Einige der Familie sprachen etwas Weniges italienisch, und selbst dieß Wenige mit so viel griechischen Dialekt, daß ich mehr errathen mußte, was man sagen wollte. Gewiß ging es ihnen eben so mit mir. Der Herr Konsul behauptete zwar, sehr gut französisch zu können, allein für diesen Abend schien es seinem Gedächtnisse so ziemlich entfallen zu seyn. Gesprochen wurde viel, verstanden wenig. Eine Sache, die sich oft in gelehrten Zirkel ereignen soll, wie man sagt; desto weniger hatte es also bei uns zu bedeuten.

      Gurken hat man in Syrien eine Menge Sorten, sie sind eine Lieblingsspeise der Armen und Reichen. Ich fand jedoch keine Gattung schmackhafter, als unsere heimische Gurke. Die zweite Lieblingsfrucht ist die Wassermelone, hier Bastek genannt, die ich auch nicht größer und schmackhafter wie jene im südlichen Ungarn fand.

      Das Haus des Konsuls sieht sehr groß aus, die Bauart desselben ist so regellos, daß man in dem großen Raum sehr wenig Bequemlichkeit und nur wenige Gemächer findet. Die Zimmer sind groß und hoch, äußerst nothdürftig eingerichtet und etwas unordentlich gehalten.

      Ich schlief in dem Zimmer der verheiratheten Tochter, wären aber nicht Betten darin gestanden, ich würde dieses Gemach eher für ein altes Magazin, als für ein Schlafzimmer angesehen haben.

      28. Mai 1842.

      Um 5 Uhr früh holte mich der Diener des Mr. B. zur Fortsetzung unserer Reise ab. Ich kam zum englischen Konsul, und traf dort weder ein Pferd noch irgend Etwas zum Aufbruche vorbereitet. Auf solche Unordnungen muß man im Orient immer gefaßt seyn. Man kann sehr froh seyn, wenn Pferde und Mucker (eine Benennung für Pferde- und Eseltreiber) nur um einige Stunden später kommen, als sie bestellt sind. So kamen auch unsere Pferde, statt um 4 Uhr, erst um halb sechs Uhr. Unser Gepäck war bald aufgeladen, denn wir ließen das meiste in Jaffa, und nahmen nur das höchst Nöthige mit.

      Schlag 7 Uhr ritten wir aus Jaffa's Thoren und kamen gleich außer der Stadt an einem großen Brunnen vorüber, dessen Bassin von Marmor ist. An solchen Plätzen herrscht beständig die größte Lebhaftigkeit, und nirgends anders kann man so viele Weiber und Mädchen sehen, wie da.

      Der Anzug des weiblichen Geschlechtes von der ärmeren Klasse besteht aus einem blauen Hemde, das sich ganz oben anschließt und bis hinab über die Fußknöchel geht. Den Kopf und das Gesicht verhüllen sie ganz, oft lassen sie nicht einmal Öffnungen für die Augen. Dagegen sieht man auch wieder welche, die das Gesicht unverhüllt haben, dieß ist aber die bedeutend kleinere Zahl.

      Sie tragen die Wasserkrüge auf dem Kopfe oder auf der Achsel, gerade so, wie vor mehreren tausend Jahren, so wie man sie auf den ältesten Bildern gezeichnet findet. Aber von Grazie im Gange, von Anmuth in ihren Bewegungen und von Schönheit des Körpers oder Gesichtes, wie manche Schriftsteller behaupten, sah ich leider nichts — dagegen Schmutz und Armuth, und zwar mehr, als ich erwartete.

      Zwischen Gärten fortreitend, begegneten wir alle Augenblicke einer kleinen Karavane von Kameelen.

      Gleich außer den Gärten erblickt man die große und fruchtbare Ebene Saron, die sich über vier Stunden in die Länge zieht und noch mehr in die Breite auszudehen scheint. Hin und wieder sind Ortschaften auf Hügeln gebaut und das Ganze gewährt das Bild einer sehr fruchtbaren und bewohnten Gegend, wir sahen auch überall große Herden von Schafen und Ziegen, von welchen die Letztern meistens schwarz oder braun sind, und sehr lange, herabhängende Ohren haben.

      Den Vordergrund der Landschaft bildet das Judäer Gebirg, das aus lauter kahlen Felsen zu bestehen scheint.

      Nachdem wir ungefähr zwei Stunden in dieser Ebene, die aber nicht so sandig ist, wie die nahe Umgebung von Jaffa, geritten waren, kamen wir zu einer Moschee, hielten daselbst ein Viertelstündchen an, und verzehrten unsern Morgenimbiß, der aus hart gesottenen Eiern nebst einem Stückchen Brot und lauwarmen Cisternenwasser bestand. Unseren armen Thieren erging es nicht einmal so gut — die bekamen nichts, als Wasser.

      Den Ort verlassend und den Weg über die Ebene fortsetzend, hatten wir nicht nur schrecklich von der Hitze, welche auf 30 Grad Reaum. stieg, zu leiden, sondern auch von einer Gattung kleiner Mücken, die uns in großen Schwärmen umgaben, sich in Nase und Ohren und überall einnisteten, und uns so quälten, daß wir alle Geduld und Standhaftigkeit zusammenfassen mußten, um nicht auf der Stelle umzukehren. Zum Glücke trafen wir diese Quälgeister nur in jenen Gegenden wo, das Getreide bereits geschnitten noch auf dem Felde lag. Sie sind nicht viel größer als Stecknadelköpfe, und gleichen mehr den Fliegen, als den Mücken. Wo man sie trifft sind sie stets in großer Menge vorhanden und stechen so gewaltig, daß man nicht selten blutige Beulen davon trägt.

      Die Vegetation war hier der Jahreszeit schon so vorangeeilt, daß wir bereits an vielen Stoppelfeldern vorüberkamen, und das Getreide zum Theil schon eingetragen fanden. In ganz Syrien und auch in dem Theile von Egypten, in welchen mich die Reise später führte, sah ich niemals Feldfrüchte, Holz, Steine u.s.w. einführen, sondern immer tragen. In Syrien begriff ich es wohl, da sind die Wege daran Ursache, denn außer den vier oder fünf Stunden über die Ebene von Saron ist der Boden zu steinig und uneben, daß man selbst mit den kleinsten und leichtesten Wagen nicht fortkommen würde. In Egypten jedoch ist dieß nicht der Fall, und dennoch der Gebrauch der Wagen nicht eingeführt.

      Komisch sieht es aus, wenn man oft ganze Züge von kleinen Eseln sieht, die so hoch und breit von allen Seiten mit Getreide belastet sind, daß man weder Kopf noch Füße erblickt. Die Garben scheinen sich selber fortzuschieben, als ob sie durch Dampf getrieben würden. Kaum ist solch ein Zug vorüber, so erscheinen graue hohe Köpfe und rund umher thurmhohe Ladungen, daß man vermeint, Frachtwägen und nicht die Thiere der Wüste, die Kameele, daher kommen zu sehen. Immer und immer ist die Aufmerksamkeit des Reisenden mit so vielartigen fremden Gegenständen beschäftiget, die er wohl nie in der Heimath erblicken kann.

      Gegen 10 Uhr kamen wir nach Ramla, welches auf einer kleinen Anhöhe liegt, und schon von weiter Ferne sichtbar ist. Noch ehe wir das Städtchen erreichten, passirten wir ein Olivengehölz. Wir ließen die Pferde unter einem schattigen Baume stehen, uvd gingen rechts in das Gehölz, ungefähr 40 Minuten weit, bis zu einem Thurme, dem Thurme der vierzig Märtyrer, der in den Zeiten der Tempelritter in eine Kirche verwandelt worden war, und jetzt Derwischen zum Wohnorte dient. Es ist eine Ruine, und kaum begreift man, wie noch Menschen darin hausen können.

      In Ramla hielten wir nicht an. Das Kloster steht auf demselben Platze, wo einst das Haus Josef's von Arimathäa stand.

      Die Klöster gleichen in Syrien mehr Festungen, als friedlichen Wohnungen. Sie sind gewöhnlich mit hohen, festen Mauern umzogen, und mit Schießscharten versehen. Die große Pforte ist immer fest verschlossen, oft von innen noch überdieß verrammelt und befestigt; nur ein ganz kleines Pförtchen wird dem Ankömmlinge geöffnet, und dieß nur, wenn Frieden und keine Pest im Lande herrscht.

      Endlich um Mittag kamen wir an das judäische Gebirge. Hier muß man Abschied nehmen von dem schönen fruchtbaren Thale und von dem herrlichen Wege. Es beginnt die steinige Region, aus der man sich nicht leicht wieder herausarbeitet.

      Gleich am Eingange des Gebirges liegt links ein höchst ärmliches Dörfchen, und in dessen Nähe eine Cisterne, an welcher wir Rast machten, um uns und unsere armen Thiere zu tränken. Nur mit vieler Mühe und etwas Geld gelang es uns, ein Bischen Wasser zu erhalten, denn alle Kameele, Esel, Pferde, Ziegen und Schafe von nah und fern waren hier versammelt, und leckten begierig jeden Tropfen dieses Elementes auf. Ich trank hier ein Wasser, so schmutzig, trüb und lau, daß ich wohl nie gedacht hätte, noch froh seyn zu müssen, mit so eklichem Getränke meinen Durst zu stillen.