Auf der österreichisch-wallachischen Seite zieht sich längs dem Ufer eine sechs bis acht Stunden lange Straße, die oft von Mauerwerk unterstützt, oft auch den Felsen abgerungen ist. In der Mitte dieses Weges sieht man hoch oben in einer Felsenwand die berühmte Veteranische Höhle, eine der unbezwingbarsten Stellen an der Donau, die es gibt. Sie ist mit etwas Schanzwerk umgeben und ganz geeignet, die Durchfahrt auf dem Strome zu sperren. Sie soll so geräumig seyn, daß 500 Mann Platz darin haben. Schon zu Zeiten der Römer wurde sie als Vertheidigungspunkt der Donau benützt. Dritthalb Stunden abwärts von dieser Höhle sieht man die Trajans-Tafel, welche in den vorspringenden Felsen eingehauen ist.
Auf der türkisch-serbischen Seite erstrecken sich die Felsenmassen so nah und tief in den Strom, daß an den meisten Stellen nicht Raum für einen Fußweg ist. Hier war die berühmte Trajans-Straße. Man sieht weiter nichts mehr davon, als längs des Stromes, auf einer Strecke von vier bis fünf Meilen hin und wieder Löcher in die Felsen gehauen, worin starke Stämme eingelassen waren, auf denen einst Breter lagen, welche die Straße gebildet haben sollen.
Um 11 Uhr Vormittags kamen wir zu Alt-Orsova an, der letzten Stadt Österreichs im Banater oder Wallachischen Militär-Gränzbezirke. Hier mußten wir den übrigen halben Tag bleiben.
Die Stadt nimmt sich ziemlich gut aus, sie hat hübsche, meistens neue Häuser. Besonders groß und schön ist jenes der Dampfschifffahrts-Gesellschaft. Es gehört aber nicht zur Unterbringung der Reisenden, wie zu Drenkova. Hier, wie in Preßburg und Pesth, muß der Reisende abermals die Kosten des Nachtquatiers zahlen; eine Einrichtung, die ich etwas sonderbar finde, da auf diese Art der Reisende doppelt zahlt, nähmlich für seinen Platz auf dem Schiffe und für jenen im Gasthofe.
Es war gerade Sonntag, als wir ankamen, und ich sah viele Leute in die Kirche gehen. Die Bauern sind ziemlich gut und nett gekleidet. Männer und Weiber tragen lange, blautuchene Röcke. Die Weiber haben um die Köpfe große, weiße, leinene Tücher geschlagen, die rückwärts lang hinabhängen und an den Füßen derbe Stiefel; die Männer runde Filzhüte und Sandalen von Baumrinde.
29. März 1842.
Nachdem wir uns in dem guten Gasthofe zum „goldenen Hirschen" vollkommen erholt hatten, bestiegen wir heute Morgen abermals eine neue Barke, ,,den Saturnus," der nur oben gedeckt und von allen Seiten offen ist.
Sobald man diese Barke betritt, ist man schon für unrein, d. h. für halb verpestet angesehen, und darf nicht mehr an das Land, ohne Quarantaine zu halten; auch begleitete uns ein Guardin bis Gallatz.
Gleich unterhalb Alt-Orsova verläßt man Österreichs Grund und Boden gänzlich.
Nach einer halben Stunde kommt man an der Festung Neu-Orsova vorüber, welche auf einer Insel liegt, und eher den Nahmen einer Ruine verdient. Gegenüber liegt das Fort Elisabetha, bestehend aus einem Thurme und mehrerem Mauerwerk, das sich längs des Berges hinanzieht. Dieses Fort liegt an einem der herrlichsten Punkte der Donau.
Nun nähert man sich immer mehr und mehr der gefährlichsten Stelle dieses Stromes, dem eisernen Thore, von den Türken Demir kaju genannt. — Wohl eine halbe Stunde vorher verkündet schon das Rauschen des Wassers den gefürchteten Ort. Viele Felsenriffe durchziehen den Strom und bilden eine Menge Wirbel. Diese gefährliche Strecke legten wir in fünfzehn Minuten zurück. Der große Wasserstand half uns eben so glücklich über das eiserne Thor, wie über die vorhergehenden Fälle.
Ich fand diese Falle tief unter meiner Erwartung und so beinahe Alles, lange nicht den oft so poetisch schönen Beschreibungen entsprechend. Ich schildere Alles, wie ich es finde, wie es meinen Augen erschien, ungeschmückt, aber wahr.
Am Ende des eisernen Thores kömmt man an einem Dorfe vorüber, in dessen Nähe bei niederem Wasserstande einige Pfeiler der Trajans-Brücke zu sehen sind.
Die Gegend fängt an flacher zu werden, besonders am linken Ufer, wo sich die ungeheuere Ebene der Wallachei ausbreitet, und dem Auge nirgends ein Anhaltspunkt geboten wird. Rechts ziehen sich mehrere Staffagen von Hügeln und Bergen hin, deren Hintergrund die feingeformten Linien des Balkan, der durch den Übergang der Russen im Jahre 1829 berühmt ist, schließen. Die Dörfer, deren man höchst selten einige an den Ufern sieht, werden immer erbärmlicher. Sie gleichen mehr Ställen für Vieh, als menschlichen Wohnungen. Das Vieh kampirt im Freien, obwohl das Klima nicht viel milder seyn mag, wie bei uns in Österreich, denn heute so nahe am April, hatten wir einen Grad Kälte und gestern fünf Grad Wärme nach Reaumur.
Merkwürdig ist es auch, auf welche schnelle und einfache Art das Vieh in diesen Gegenden frei von der Pest erklärt wird. Wenn die Thiere von einem unreinen Orte zu Schiffe in die Nähe eines gesunden kommen, so muß das Schiff ungefähr vierzig bis fünfzig Schnitte vom Ufer halten, dann wird jedes Stück in das Wasser geworfen und an das Ufer getrieben, wo schon Leute harren, sie zu empfangen. Nach dieser einfachen Operation sind sie vom Peststoffe befreit.
Der Viehstand scheint in diesen Gegenden sehr bedeutend zu seyn. Überall sieht man große Heerden Hornvieh, darunter Schafe.
Auf dem „Saturnus" fuhren wir höchstens zwei Stunden und bestiegen sodann gegenüber der Festung Fetislav das Dampfschiff „Zriny."
Um 5 Uhr Abends kamen wir an der Festung Widdin vorüber, und hielten gegenüber in der Nähe des Ortes Callafat. Hier sollten nur Waaren abgeladen und gleich wieder weiter gefahren werden, allein der Agent war nirgends zu finden, und so mußten wir Reisende das Opfer dieser Fahrläßigkeit seyn, und hier über Nacht vor Anker bleiben.
30. März 1842.
Noch immer war der Agent nicht zum Vorschein gekommen, und es blieb dem Kapitän nichts anders übrig, als den Oberkellner als Wache bei den Waaren zurückzulassen. Um halb sieben Uhr früh wurde die Maschine endlich in Bewegung gesetzt, und nach einer schönen angenehmen Fahrt von sechs Stunden erreichten wir Nicopolis.
Alle türkischen Festungen liegen am rechten Ufer meistens in schönen Gegenden. Die größern Städte und Ortschaften sind umgeben von Gärten und Bäumen, welche ihnen ein gar freundliches Ansehen gewähren. Das Innere derselben soll freilich dem Äußern nicht entsprechen. Schmutzige, wirklich enge Gassen, baufällige Häuser u. dergl. sollen dem Fremdling überall störend entgegen treten. Wir landeten an keiner der Festungen und Städte, für uns war das rechtseitige Ufer das verbotene Paradies, und somit blieb uns das Schöne schön, die Enttäuschung ward uns nicht zu Theil.
Ziemlich spät warfen wir Anker in der Nähe eines unbedeutenden Ortes.
31. März 1842.
Früh Morgens wurde abgefahren und so kamen wir um acht Uhr schon nach Giurgewo.
Diese Stadt liegt am linken Ufer, der Festung Rustschuk gegenüber. Sie zählt 16,000 Einwohner und ist ein Hauptstapelplatz der Wallachen. Wir mußten bis 4 Uhr Nachmittag hier verweilen, denn es wurden über sechshundert Zentner Waaren nebst acht Wagen abgeladen, und Steinkohlen dagegen eingenommen, und hatten daher Muße, das Innere dieser wallachischen Stadt in Augenschein zu nehmen.
Doch wie wurden meine Reisegefährten von der Häßlichkeit dieser von Außen so viel versprechenden Stadt unangenehm überrascht! Auf mich machte sie nicht halb den Eindruck, weil ich dergleichen noch von Gallizien her im Gedächtnisse hatte. Die Gässen und Plätze sind voll Gruben und Löcher, die Häuser ohne den geringsten Geschmack, ohne Symmetrie aufgeführt; das eine stand in die halbe Gasse hinein, das andere wieder ganz zurück u.s.w. An einigen Orten zogen sich an beiden Seiten hölzerne Buden mit den gemeinsten Lebensmitteln oder sonstigen Bedürfnissen versehen hin, und dieß nannte man den Bazar. — Die Neugierde zog uns in ein Wein- und in ein Kaffeehaus. In beiden fanden wir nichts, als hölzerne Tische und Bänke, beinahe keine Gäste, und diese wenigen der ärmsten Klasse angehörig. Gläser und Tassen werden den Gästen gereicht, ohne sie vorher auszuspülen.
Wir kauften Eyer und Butter und gingen in ein Bürgerhaus, um uns ein Gericht nach deutscher Art zuzurichten. Bei dieser Gelegenheit sah ich auch die innere Beschaffenheit eines solchen