Gesammelte Werke von Cicero. Марк Туллий Цицерон. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Марк Туллий Цицерон
Издательство: Bookwire
Серия:
Жанр произведения: Документальная литература
Год издания: 0
isbn: 9788027209569
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daß auch die Laster einander gleich sind, wenn anders die verkehrten Richtungen der Seele mit Recht Laster genannt werden.

      Weil nun aber die Tugenden unter einander gleich sind, so müssen auch die geraden Handlungen, weil sie von den Tugenden ausgehen, einander gleich sein, und ebenso ist es nothwendig, daß die Sünden, weil sie die Laster zur Quelle haben, einander gleich sind.

      Gleichwol frage ich dich – unser Streit ist ja nur ein Wortstreit, kein Faustkampf –: Müssen wir wol nach dem fragen, was Lastträger und Handlanger, oder nach dem, was die gelehrtesten Männer geurtheilt haben? zumal da sich nicht nur kein wahrerer, sondern auch kein für das menschliche Leben nützlicherer Lehrsatz finden läßt.

      Denn was für eine Macht dürfte wol mehr die Menschen von jeder Schlechtigkeit abhalten als die Ueberzeugung, daß zwischen den Vergehungen kein Unterschied stattfinde, daß sie sich ebenso schwer versündigen, wenn sie Hand an Privatleute legen, als wenn sie sich an obrigkeitlichen Personen vergreifen, daß ihrer Wollust ein gleiche Schandfleck anklebe, welche Familie sie auch durch Unzucht befleckt haben mögen.

      Die Umstände machen daher hier den Unterschied und nicht das Wesen der Sache. Weil nun von zwei Fällen derjenige, zu welchem diese Umstände hinzutreten, den Ausschlag erhält; so müssen, sobald diese zu beiden hinzukommen, auch beide Fälle nothwendig einander gleich sein.

      25. Jedoch findet in dem angeführten Falle der Unterschied statt, daß bei Tödtung eines Sklaven, wenn dieß mit Unrecht geschieht, nur einfach gesündigt, bei Verletzung des Lebens eines Vaters hingegen vielfach gesündigt wird. Verletzt wird der, welcher Erzeuger, der, welcher Ernährer, der, welcher Erzieher, der, welcher Haus und Hof und eine Stellung im Staate gab. In Ansehung der Menge der Sünden ist der Letztere der Schuldigere und verdient deßhalb eine härtere Strafe.

      Aber wir sollen im Leben nicht darauf sehen, welche Strafe für jede Vergehung bestimmt, sondern wie viel jedem Menschen erlaubt sei. Alles, was nicht pflichtmäßig ist, müssen wir als einen Frevel; Alles, was nicht erlaubt ist, als ein Unrecht ansehen.

      Mögen sie von geringerer Ausdehnung erscheinen, wie können sie darum geringfügiger erscheinen? da in jeder Sünde durch Störung der Vernunft und Ordnung gesündigt wird, sobald aber einmal Vernunft und Ordnung gestört worden sind, Nichts hinzutreten kann, wodurch man in höherem Grade zu sündigen scheinen könnte.

       Inhaltsverzeichnis

      ‘Ότι πα̃ς άφρων μαίνεται.

      I. 27. Ich glaube fürwahr, daß du nicht thöricht, wie oft, nicht schlecht, wie immer, sondern verstandlos und unsinnig bist * * *

      * * * er kann in Beziehung auf Lebensbedürfnisse unbesiegbar sein * * *

      Des Weisen Geist, der mit der Größe seiner Einsicht, mit Ertragung der menschlichen Ereignisse, mit Verachtung des Schicksals, kurz mit allen Tugenden wie mit Mauern umringt ist, sollte besiegt und erstürmt werden, er, der nicht einmal aus dem Staate verwiesen werden kann? Denn was ist ein Staat? Etwa jede Zusammenkunft auch von wilden und ungeschlachten Menschen? etwa jede an einem Orte zusammengescharte Menge auch von Flüchtlingen und Räubern? Sicherlich wirst du »Nein« sagen.