Gesammelte Werke. Ernst Wichert. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Ernst Wichert
Издательство: Bookwire
Серия:
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9788027237517
Скачать книгу
Teufel und Hexen.

      Wem gehört der Wald?

      Dem von der Buche, gnädiger Herr. Er selbst sei bei der Jagd gewesen, und der Herr Hochmeister sein Gast.

      Würdest du den Weg zum Waldhause finden können, Bursche?

      Liszek nickte.

      Du wirst mich morgen führen, sagte der Komtur nach kurzem Bedenken, und dem Manne ins Ohr sagen, daß ich alles weiß.

      Liszek versicherte unter vielen Verbeugungen, daß er ganz zu des gnädigen Herrn Befehl stehe. Der Komtur griff mit Daumen und Zeigefinger in seine kleine Gürteltasche, zog ein Goldstück vor und reichte es dem Polen, der nun wieder seinen Rock küßte. Geben mir ein Pferd, sagte er, und heute noch reiten in den Wald allein, aufzusuchen das Haus, wo wohnen alter Waldmeister. Morgen dann schneller kommen an Ort und Stelle mit gnädigem Herrn Komtur.

      Damit war Georg von Wirsberg ganz einverstanden. Er ging dann ins Refektorium, wo die Brüder sich zur Mittagsmahlzeit versammelten. Bei Tisch wurden muntere Reden geführt, wie sie sonst in solcher Gesellschaft nicht Sitte waren. Der Komtur ließ statt des üblichen dünnen Tafelbieres ein Fäßchen guten Danzigers aus dem Keller heraufholen, das seine Wirkung nicht verfehlte. Bald schallte das Gewölbe von dem Lachen der munteren Zecher. Einer von den aufwartenden Dienern wußte zu erzählen, daß sich fahrendes Volk auf dem Anger vor der Stadt eingefunden habe und allerhand Späße zum besten gebe. Er wurde sogleich abgeschickt, die Leute ins Schloß zu holen. Ist's früher keine Sünde gewesen, sich an derlei Schwänken zu ergötzen, meinte der Komtur, so wird's wohl auch unter dem jetzigen Regiment nichts Arges sein.

      Die Fahrenden ließen sich das nicht zweimal sagen. Bald war in dem Schloßhof ein rotes Tuch über das Pflaster gebreitet und ein Seil ausgespannt. Zwei Zigeuner spielten auf wunderlichen Saiteninstrumenten; ein kleiner Junge schlug dazu unaufhörlich eine Trommel. Ein hübsches Mädchen mit langem schwarzem Haar tanzte auf der Decke und dann, eine lange Stange balancierend, auf dem Seil. Inzwischen stellte sich ein Bursche in bunter Kleidung auf eine umgekehrte Tonne und trug lustige Schnurren in Reimen vor, ahmte auch Tierstimmen nach und verrenkte die Glieder, daß er bald aussah wie ein Frosch, bald wie ein Vogel. Wenn das Mädchen auf dem Seil tanzte, tat er, als ob er sich ängstigte und so halsbrechende Dinge gar nicht mit ansehen könne. Darüber kamen die Zuschauer nicht aus dem Lachen. Sie standen im oberen Geschoß des Bogenganges, lehnten sich auf die Mauer und blickten wie aus gewölbten Logen auf den Schauplatz hinab. In den unteren Gängen drängten sich die Dienstleute des Ordens, und auch aus der Stadt waren viele Neugierige gutwillig über die Brücke gelassen. An lautem Beifall und reichen Geldspenden fehlte es den Fahrenden nicht.

      Gegen Abend setzten sich der Komtur und sein Bruder Friedrich zu Pferde, bei den Eidechsen herumzureiten. Georg blieb bis in die Nacht hinein bei Niklas von Renys.

      36. DIE VERSCHWÖRUNG

       Inhaltsverzeichnis

      An Gundrats Waldhütte hatte sich seit Jahr und Tag kaum etwas Merkliches verändert; den Herbst- und Frühjahrsstürmen hatte ihr festes Gefüge standgehalten, das Dach war von der Last des Schnees nicht eingedrückt, und daß es an mehr als einer Stelle den Regen durchließ, kümmerte den Wirt wenig. Jetzt breiteten wieder die Waldbäume ihre belaubten Äste darüber aus, und das Moos wucherte üppig auf den alten Stämmen und den darübergenagelten Rindenstücken. Aus der offenen Giebelluke zog in dünnen Streifen ein bläulicher Rauch. Natalia, die eben ihr Pferd durch das dichte Unterholz lenkte, bemerkte ihn sogleich und nahm ihn für ein Zeichen, daß der Waldmeister zu Hause sei und sich eine Mahlzeit bereite. Sie sprang unweit der Tür ab und hing den Zügel über einen krummen Baumast, von dem er nicht leicht abgleiten konnte. Dann klopfte sie mit dem Jagdspieß kräftig an die Holzwand.

      Wer ist da? fragte Gundrats rauhe Stimme.

      Macht nur auf, Waldmeister, antwortete das Mädchen, ich bin's.

      Seid Ihr allein?

      Wer sollte mich begleiten?

      Und was wollt Ihr?

      Fragt nicht lange und macht auf. Ihr wißt, ich bin leicht ungeduldig.

      Hoho! rief der Alte, da kommt Ihr bei mir an den Rechten, stand aber doch auf und schob den Riegel zurück.

      Ich bin weit in Wald und Heide herumgeritten, sagte Natalia, indem sie ihm beim Eintritt die Hand reichte.

      In Wams und Hosen, knurrte Gundrat. Das schickt sich auch recht für ein Fräulein.

      Was geht's Euch an oder sonst einen Menschen auf der Welt? Wenn man von den Leuten nichts wissen will, kann man sie getrost reden lassen. Einen Freier will ich mir ja nicht erreiten.

      Der Alte lachte. Das wäre auch die beste Art, sich unter die Haube zu bringen! Eure Wildheit muß alle unsere Junker abschrecken.

      So wäre sie doch zu etwas gut. Sie trat an die Herdstelle und bückte sich über das Kohlenfeuer. Ihr röstet da ein paar gute Streifen Hirschfleisch – der Duft steigt mir gar lieblich in die Nase. Wollt Ihr die Mahlzeit mit mir teilen? Ich habe Hunger.

      Der Waldmeister schob mit einer alten Schwertklinge, die ihm als Bratspieß diente, die Kohlen zurück, wandte das Fleisch und legte es auf die heiße Stelle. Es wird für uns beide reichen, sagte er. Wartet noch ein Weilchen und setzt Euch meinetwegen indessen. Das Fleisch ist noch nicht gar.

      Natalia ließ sich auf den Holzklotz nieder, stützte das Gesicht in die Hände und blickte in die Glut. Der Alte bewegte ein kleines Brett auf und ab, um sie besser anzufachen.

      Habt Ihr im Walde etwas aufgespürt, Fräulein? sagte er nach einer Weile.

      Allerdings! Aus dem Eichenheck am See brach ein Wildschwein vor und warf sich in das Röhricht unten am Bruch. Ich wollte nach, aber mein Gaul sank zu tief ein. Man muß das Tier erst von den Hunden herausjagen lassen, und dann wird ein einzelner Jäger ihm doch schwer den Weg verstellen. Deshalb kam ich zu Euch, ob Ihr mir Eure Hunde leihen und sonst helfen wollt.

      Der Waldmeister antwortete nicht sogleich.

      Wenn Ihr aber nicht jagdlustig seid, fuhr sie fort, hole ich mir ein paar Burschen aus dem Heidenwall. Für wenige Pfennige springen sie mit Freuden auf.

      Das laßt bleiben, knurrte der Alte. Sie verstehen davon nichts und machen das Tier nur wild, statt es Euch zuzutreiben. Wir wollen gegen Abend sehen, wie wir ihm geschickt beikommen. Die von Rheden haben fragen lassen, ob es einen guten Braten gibt. Da könnte ihnen leicht geholfen sein.

      Die von Rheden sind faule Knechte; sie könnten sich das Wildbret, das sie für ihren Tisch brauchen, selbst aus dem Walde holen.

      Des Ordens Regel verbietet den Rittern die Jagd.

      Kümmern sie sich doch sonst um des Ordens Regel wenig! Aber was geht's mich an, auf welchem Spieß man die Beute dreht? Es ist mir nur um die Jagd.

      Gundrat schob das Fleisch mit der Klinge auf einen hölzernen Teller. Da, versucht's einmal. Er holte auch ein Stück Schwarzbrot und eine Kanne Met herbei. Natalia zog einen kleinen Dolch aus der Lederscheide, die an einem Kettchen vom Gürtel herabhing, und zerteilte damit den dampfenden Braten. Den Fleischsaft tunkte sie mit dem Brote auf. Das tückische Getränk mag ich nicht, sagte sie. Habt Ihr nicht Wasser?

      Meinen Hunden schmeckt's allenfalls, antwortete er; der Brunnen ist nicht tief. Aber wenn Ihr vorliebnehmen wollte Er hob einen Zinnkrug von dem Gestell an der Wand und ging hinaus, zu schöpfen. Natalia trank in langen Zügen. Es ist wenigstens kühl, meinte sie. Dann beschäftigte sie sich schweigend mit der Mahlzeit.

      Nach einer Weile begann das Fräulein wieder: Wißt Ihr, daß es mir bei Euch besser und besser gefällt, je öfter ich Euch im Walde besuche? Ich habe nicht schlechte Lust, mir hier in der Nähe auch so ein Holzhaus aufrichten zu lassen und darin Sommer und Winter zu wohnen. Denn hier bei Euch werdet ihr mich schwerlich leiden wollen, ob Ihr schon eine Wirtschafterin auf Eure alten Tage gar gut brauchen könntet. Ich glaube, wir würden