Rivalinnen - Schweden-Krimi. Åsa Nilsonne. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Åsa Nilsonne
Издательство: Bookwire
Серия: Ein Fall für Monika Pedersen
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9788726445114
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sie alte Freundinnen. Als habe ihr gleichzeitiges Eintreffen hier sie zu einer kleinen Gruppe innerhalb der Gruppe gemacht. Monika dachte darüber nach, ob Cilla unter dem Einfluss irgendeines Rauschmittels stand, doch dann fielen ihr die heftigen Kontaktversuche ihrer Klassenkameradin wieder ein, die dieselbe Intensität und dasselbe egozentrische Desinteresse an den Reaktionen der anderen aufgewiesen hatten.

      Als Nächste stellte Cilla sich vor, aber Monika hörte kaum zu, da sie sich den Kopf darüber zerbrach, was sie selbst sagen könnte. Improvisieren, hatte Mikael gesagt. Aber wie sollte sie das anstellen? Sie hatte noch nie einen Hund besessen, und eigentlich konnte sie Hunde nicht einmal leiden.

      Cilla erzählte in aller Ausführlichkeit, dass ihr Vater beim Militär gewesen war, was immer neue Schulen und immer neue Umzüge bedeutet hatte, weshalb die Dackel der Familie ihre einzige Zuflucht und ihre einzige Sicherheit gewesen seien. Sie war als Einzelkind aufgewachsen, und die Hunde hatten ihr die Geschwister ersetzt. Jetzt hatte sie wieder einen Dackel, den vermutlich kleinsten Zwergdackel Stockholms. Taxita. Sie selbst war Ärztin, klinische Physiologin.

      Als Monika endlich an der Reihe war, wurde sie von der Gastgeberin unterbrochen, sobald sie ihren Namen genannt hatte.

      »Monika Pedersen, haben Sie gesagt? Kann da ein Irrtum vorliegen, Sie stehen nicht auf meiner Liste...«

      Improvisieren, dachte Monika. Mikael, es sollen dir alle Zähne ausfallen, und dein Gesicht soll schon als junger Mann wie das eines Greises aussehen!

      »Nein, ich bin für einen guten Freund eingesprungen...«

      »Patrik Löfgren«, sagte die Gastgeberin. Ihr Lächeln wurde durch eine schmale rote Linie ersetzt.

      Monika nickte. Mikael, du verdammtes Arschloch! Du Süßwasserpirat!

      »Naja, das spielt sicher keine große Rolle.«

      Die Gastgeberin hatte Monikas Haare, ihre Kleider und die Halskette aus dem Indienladen auf eine Weise angesehen, die sagte, dass es durchaus eine große Rolle spiele, doch als formvollendete Gastgeberin durfte sie die Stimmung nicht trüben, und deshalb lächelte sie wieder, wenn auch etwas weniger herzlich, und fragte: »Und wie heißt Ihr spezieller Freund?«

      Mikael, der Teufel soll dich holen. Und zwar möglichst bald!

      »Faule Fia«, erwiderte Monika ohne nachzudenken und versuchte sofort mit dem Zusatz »Aber sie wird Fifi genannt« die Lage zu retten.

      »Sie ist ein kleiner Pudel«, sagte sie dann, da Pudel und Schäferhunde die einzigen Hunderassen waren, die ihr auf die Schnelle einfielen, und Schäferhunde ihr noch mehr zuwider waren als Pudel. Sie hatte noch nichts über ihren Beruf gesagt, doch die Gastgeberin hatte offenbar ohnehin schon jedes Interesse an ihr verloren und ging zum Nächsten über.

      Es handelte es sich um einen großen bärtigen Mann mit eigener Computerfirma, der von seinem unerhört klugen Yorkshire-Terrier erzählte. Auf ihn folgte eine sehr magere Journalistin, deren Wangen Falten warfen, wenn sie lächelte und die von ihrer Promenadenmischung berichtete, einem wunderbaren Hund, der sich seines Wertes durchaus bewusst war. Die letzte Teilnehmerin, eine Frau mittleren Alters, sagte nur kurz, dass sie auf dem Lande lebe, zusammen mit ihrem Rhodesian Ridgeback.

      Daraufhin versuchte die Gastgeberin geschickt, ein Gespräch in Gang zu bringen.

      »Und jetzt würden wir gern hören, was das Besondere gerade an Ihren Hunden ist, sie sind doch so große Persönlichkeiten und so unterschiedlich wie wir Menschen selbst... und ich möchte hören, was sie gern essen.«

      Mit einem Mal redeten alle, berichteten, verglichen. Monika erfuhr, dass eine Tagesstätte für Hunde fünfzehnhundert Kronen pro Monat kostete, dass Cillas Dackel Taxita sie überall hin begleitete und den Vorabend auf einem Treffen für Ärztinnen verbracht hatte, dass die Promenadenmischung Pluto in einer Krise hilfreicher war als ein Psychiater. Sie hatte sich selten so ausgeschlossen gefühlt, stellte jedoch zugleich fest, dass sie das alles durchaus interessant fand. Es brachte sie auf andere Gedanken, wie Mikael gesagt hatte. Sie hatte schon seit geraumer Zeit weder an Lottie noch an irgendwelche anderen Toten gedacht.

      Die Gastgeberin lächelte strahlend und aufmunternd.

      »Jetzt möchte ich ein anderes Thema ansprechen und Sie alle Folgendes fragen: Woran denken Sie, wenn von Fünf-Sterne-Gourmetkost die Rede ist?«

      Na, ich denke jedenfalls nicht an Hundefutter, wollte Monika schon sagen, begnügte sich jedoch damit, sich die überwiegend positiven Assoziationen der anderen anzuhören.

      Die Gastgeberin lächelte erneut aufmunternd, bevor sie fortfuhr. »Glauben Sie, ein Hundefutter namens Fünf Sterne könnte Ihnen gerade für Ihren Hund passend erscheinen?«

      Monika war nicht weiter überrascht, dass wieder eine positive Reaktion folgte.

      Vor der nächsten Frage ersetzte die Gastgeberin ihr überschwängliches Lächeln durch eine eher nachdenkliche Miene. Monika ahnte, was kommen würde, und das tat es auch.

      »Ja, wir wissen ja alle, dass ein Fünf-Sterne-Essen in einem Restaurant mehr kostet als eine ganz und gar sternlose Pizza. Wie Sie sicher auch wissen, wird Hundefutter häufig aus Rohstoffen hergestellt, die sich auf keine andere Weise nutzen lassen. Doch Hundefutter, das nur erstklassige, frische und gesunde Zutaten enthält, muss zwangsläufig teurer werden.«

      Die Gäste am Tisch nickten, um zu beweisen, dass sie für diese Logik zugänglich waren. Monika nickte in der Eile mit.

      »Die Frage ist also: Würden Hundebesitzer für ein Essen von Fünfsternequalität bezahlen, oder ist ihnen die Ernährung ihres Hundes nicht wichtig?«

      Die magere Journalistin kicherte.

      »Ich kaufe für Pluto oft Roastbeef ‒ er ernährt sich schon auf Fünf-Sterne-Niveau, und ich finde, das ist er wert.«

      Die Frau, die auf dem Lande lebte ‒ in einem Schloss, dachte Monika, nicht auf einem Bauernhof ‒ schlug einen sachlichen Ton an.

      »Auf die Dauer ist es doch auch finanziell vernünftig, den Hund so gut wie möglich zu ernähren, denn das spart später Tierarztkosten.«

      Der Mann mit dem Yorkshire-Terrier erklärte, sein Hund fresse so wenig, dass der Futterpreis deshalb unwichtig sei, doch dass er das vielleicht anders sehen würde, wenn es sich um eine dänische Dogge handelte.

      Monika erkannte plötzlich, was die anderen Gäste miteinander verband ‒ neben den Hunden: Sie alle hatten Geld, was sich an Kleidung, Frisur, Selbstsicherheit unmissverständlich zeigte. In der Wohnung, in der sie sich vorkam wie eine Touristin bei einer Schlossführung, fühlten die anderen sich vermutlich wie zu Hause. In einer Hinsicht musste sie ihre Ansicht über Patrik zumindest ändern: Wenn diese Gruppe mit Hilfe einer Liste über allein stehende Hundehalter mit überdurchschnittlich hohem Verdienst zusammengestellt worden war, dann verdiente Patrik wesentlich viel mehr als sie vermutet hatte.

      »Die Frage ist also, wie viel Ihnen die Sache wert wäre ‒ wenn Ihr derzeitiges Futter an die fünfunddreißig Kronen pro Kilo kostet, wären Ihnen dann fünfundvierzig zu viel?«, fragte die Gastgeberin jetzt.

      Die Antwort lag auf der Hand ‒ diese Zielgruppe achtete nicht auf den Preis. Monika sagte nicht viel, sondern formulierte im Geiste amüsiert den Bericht, den die Gastgeberin ihren Auftraggebern überreichen würde: »Ja, Scheiße, nehmt tausend Kronen pro Dose und schmeißt noch Gänseleber (vitaminreich) und Trüffel (exklusiv) mit hinein. Fünf-Sterne-Hundefutter kann mit einem treuen Kundenkreis rechnen. Ich würde übrigens gern ein paar Aktien von Ihrem Unternehmen kaufen.«

      Dann änderte die Gastgeberin wieder den Kurs und verwischte die Spuren der Finanzfragen, indem sie das Gespräch wieder den einzelnen Hunden zuwandte ‒ an diesen letzten Teil sollten die Anwesenden sich später besonders gut erinnern.

      Jetzt wurde es etwas persönlicher ‒ die Möglichkeit, über sich selbst mit Menschen zu reden, die man niemals wieder sehen würde, durfte nicht ungenutzt verstreichen. Der Schauspieler bezeichnete seine Beziehung zu Glücksklee als die längste, die er je gehabt hatte, und die klapperdürre Journalistin