Die Turnachkinder im Winter. Ida Bindschedler. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Ida Bindschedler
Издательство: Bookwire
Серия:
Жанр произведения: Книги для детей: прочее
Год издания: 0
isbn: 9788726583847
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sich über den Rand des Fahrzeugs hinaus.

      „Gib acht, daß du nicht hineinfällst!“ warnte Bernhard.

      „O“, machte Hans. „Das geht nicht so schnell!“ Er legte sich noch etwas weiter hinüber. „Den ganzen Sommer sind wir nicht ins Wasser gefallen, keins von uns.“

      Er lenkte das Schiff in grader Linie über den Weiher. Die Mädchen standen in der Mitte und spähten zum Stampfenweg hinauf und zurück zum Eschensteig. Niemand wollte sich zeigen, den man hätte können die Annehmlichkeit der Fähre genießen lassen.

      Endlich tauchte auf der Stampfenhöhe etwas wie eine Mütze auf.

      „Dort kommt einer!“

      „Es ist der Polizeidiener! Der Drehbaum!“

      Die Mädchen sprangen hinaus.

      „Herr Drehbaum, wollen Sie sich nicht hinüberfahren lassen zum Eschensteig?“ lud Marianne ein.

      „Sie brauchen nicht machen das weite Umweg!“ rief Edith.

      „Wir tun es umsonst!“ fügte Lotti hinzu.

      „Aber ich tue es nicht umsonst“, sagte Drehbaum schlecht gelaunt. „Und für Geld auch nicht. Das fehlte mir grade. Überhaupt — wem gehört das Tor?“

      „Dem Vetter in der Säge!“ schrie Bernhard. „Der Gustav hat’s uns selber auf den Weiher herausgetan.“

      „Das war etwas Gescheites!“ brummte Drehbaum, indem er sich zum Wege zurückwandte und mißbilligend mit seinem Stocke fuchtelte. Im Weitergehen zankte er noch vor sich hin; man hörte etwas von Narreteien und von Verbieten.

      Die Kinder sahen ihm nach.

      „Sie sind keine besonders nette Polizmann!“ rief Edith.

      Der Ärger verging indessen bald. Denn jetzt kam vom Städtchen her langsamen Schrittes mit dem Tragkorb auf dem Rücken die Botenfrau von Rollingen.

      „Schnell, Hans! schnell —!“ Hans, Otto und Bernhard stachelten mit aller Kraft, um rasch das jenseitige Ufer zu erreichen.

      Die Botenfrau blieb erstaunt stehen, als das Fahrzeug auf sie lossteuerte.

      „Frau Enzenstein“, riefen alle sieben. „Warten Sie, warten Sie! wir fahren Sie hinüber! Sie können sogar sitzen!“

      Die Botenfrau trat entsetzt zwei Schritte zurück.

      „Ich da drauf —?“

      „Es ist ganz fest; sehen Sie —“, ermunterte Lotti und sprang mit beiden Füßen auf und nieder.

      „Nein, nein, aufs Wasser bringt man mich nicht, Kinder, nicht mit zehn Pferden! Ich hab das von meinem Großvater. Der hat einmal nach Amerika auswandern wollen, und wie er in Bremen sich das Wasser ansieht, auf dem er hätte hinüber sollen, fällt er hinein; man hat nie recht erfahren wie. Zwei Schiffleute haben ihn gerade noch am Fuß erwischt. Da hat er genug gehabt und ist wieder nach Larstetten zurück. Seither will keines von uns mit Wasser und Schiffahrt zu tun haben.“

      Die Kinder sahen das ein und ließen die Botenfrau ziehen. Neben ihr aber hatte sich ein kleiner, etwa fünfjähriger Bub hingestellt, um sich das große Brett auf dem Weiher zu besehen.

      „Wo mußt du hin, Eduard?“ fragte Otto.

      „Nach Rollingen in die Mühle.“

      „So, dann darfst du mit uns hinüberfahren zum Stampfenweg.“

      Der Bub rührte sich nicht. Marianne sprang hinaus, um ihn zu holen.

      „Nein!“ schrie er jetzt und rannte über die Wiese hinauf.

      „Fang ihn, Marianne“, rief Hans, „und bring ihn! Wenn er auf dem Schiff ist, findet er es dann gewiß nett.“

      Marianne faßte den kleinen Eduard. Aber der fing an so fürchterlich zu brüllen und sich zu wehren, daß sie ihn wieder losließ. Heulend entfloh er gegen das Städtchen.

      „Wie man so dumm sein kann!“ sagte Hans und stieß das Schiff hinaus.

      Da bewegte sich drüben hinter den Büschen des Stampfenweges wieder etwas.

      „Ein Mann!“ Man hörte meckern. „Ein Mann mit vier Ziegen — und einem großem Hund!“

      Diesmal kam die ganze Schiffsgesellschaft heran, umringte den Mann — es war Bieland, der manchmal im Doktorgarten arbeitete — und redete auf ihn ein, um ihm die Vorteile der Fähre klarzumachen.

      Bieland schüttelte den Kopf.

      „Sie tun doch nicht vielleicht dem Wasser fürchten wie der Familie von Frau Enzenstein?“ fragte Edith.

      „Das nicht gerade. Aber mein besseres Gewand hab ich an, und euere Geschichte da kommt mir etwas wacklig vor. Nein, ich danke.“

      „Aber die Ziegen doch? Die Ziegen? Wir möchten so schrecklich gern jemand hinüberführen!“ riefen die Buben und Mädchen.

      Bieland überlegte und lachte.

      „So nehmt sie! Sie können meinetwegen ja zur Abwechslung einmal eine Schiffahrt machen. Da — aber gebt acht!“

      Mit Freudengeschrei bemächtigten die Kinder sich der Ziegen. Es war ein schweres Stück Arbeit, sie auf das Schiff zu bringen. Glücklicherweise hatte jede einen Strick um. Der Hund Zangger blieb bei seinem Herrn.

      „Vier Ziegen! das ist doch etwa so viel wie zwei Menschen, gelt, Hans!“ rief Trudi und versuchte, eine der Ziegen an sich zu ziehen.

      Die Tiere aber, besonders als das Schiff nun hinausgestoßen wurde, stolperten und drängten sich zusammen. Es gefiel ihnen gar nicht auf dem Wasser; sie hätten viel lieber den Weg um den Eschenweiher herum gemacht; aber es hatte sie niemand gefragt.

      Mit sechs oder acht Stößen war das Schiff dem andern Ufer nahe. Hans sah nach einer guten Landungsstelle aus für die Ziegen. Derweil kam der Hund Zangger vom untern Ende des Weihers dahergerannt und stellte sich bellend ans Ufer. War es nun, daß ihn reute, nicht mitgefahren zu sein, oder meinte er, er müsse nach den Ziegen sehen, kurz, er tat einen Sprung und schoß auf das Schiff.

      „Ui —!“ Das Schiff schwankte heftig. Die Ziegen fuhren erschreckt zurück und stießen Trudi um. Die andern Kinder wollten sie in die Höhe ziehen —

      „Halt!“ schrie Hans. „Nicht — nicht alle auf eine Seite —“ Er verstummte; denn plötzlich schnappte das Schiff auf, und im Bogen flog Hans in den Weiher. Auf der andern Seite aber rutschte die ganze Gesellschaft in das Wasser, Ziegen und Hund, Buben und Mädchen in einem Knäuel.

      „Wetter noch einmal! Was ist denn! —“ rief Bieland und eilte zur Stelle des Schiffbruches, von wo ihm ein schreckliches Geschrei, Gebell und Gemecker entgegentönte.

      Der erste, der aus dem Wasser kroch, war Bernhard, triefend und schnaubend wie ein Walroß. Otto plätscherte mit seiner Stange herum, die er nicht losgelassen hatte. Edith und Marianne wurden, als sie sich auf die Füße geholfen, von neuem umgeworfen durch die Ziegen, die einfach über sie wegstrampelten. Hans war kopfüber ins Wasser gefallen; als er sich aufrichten wollte, hielt ihn Lotti am Ärmel fest, und er mußte sehen, wie er samt der zappelnden Schwester ans Land kam. Der Hund Zangger, der eigentlich schuld an allem war, gab sich die größte Mühe, den Schemel zu retten, als ob das die Hauptsache wäre. Zuletzt zog Bieland trotz seinem „besseren Gewand“ noch Trudi heraus, die hart am Ufer im Wasser saß und sich am Bein einer Ziege hielt; die Ziege und Trudi schrien, wie wenn sie am Spieß stäken.

      Endlich waren alle sieben Kinder glücklich auf dem Lande. Das Wasser floß in Strömen an ihnen herunter.

      „Heul doch nicht so gräßlich, Trudi!“ sagte Otto, als er so weit war, daß er wieder reden konnte.

      „Ich-h-heule nicht“, weinte Trudi. „Aber ich frier-rrr-re.“ Sie schlotterte am ganzen Leib.

      „Rrr —“ zitterten und schnatterten auch die