Die Turnachkinder im Winter. Ida Bindschedler. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Ida Bindschedler
Издательство: Bookwire
Серия:
Жанр произведения: Книги для детей: прочее
Год издания: 0
isbn: 9788726583847
Скачать книгу
die kläglich meckerten, „ihr lauft auch, damit ihr mir nicht den Husten bekommt.“

      „Den Husten!“ lachte Lotti, so gut es ging neben dem Zähneklappern, und rannte mit den andern den Eschensteig hinauf. Eine lange Wasserstraße zog sich hinter ihnen durch das ganze Städtchen, und eine kleinere zweigte zum Pfarrhaus ab.

      Entsetzt schlug die Tante die Hände zusammen, als die triefenden Kinder ankamen. Wenn sich nun eins erkältet hatte! Und die Kleider —! Sie wußte sich nicht anders zu helfen, als die ganze Mannschaft ins Bett zu schicken.

      Erst waren die fünf etwas verdutzt, so unversehens am hellen Tag im Bett zu stecken. Aber dann ging bald durch die offene Tür eine lebhafte Unterhaltung an. Jedes schilderte, auf welche besondere Weise es hineingefallen und wieder herausgekommen war; dann gab man sich Rätsel auf, und als Tante Doktor nach einer Weile hereinkam, rief Otto:

      „Mama, ist es zur Strafe oder nur zur Wärme, daß wir ins Bett mußten? Wir finden es nämlich furchtbar lustig!“

      Lehrers Bernhard aber war nicht minder vergnügt. Er hatte für gut gefunden, sich zum Trocknen in die Säge zu begeben; seine Mutter verstand in solchen Sachen keinen Spaß. Er saß, während seine Kleider am Herd hingen, in der Küche der guten Base, eingehüllt in den Winterüberzieher des Vetters.

      Da kam Gustav herein:

      „Oha —!“

      „Ja, wir sind hineingefallen, alle sieben. Und der Hans hat grade vorher erzählt, sie seien den ganzen Sommer nie in ihren See gefallen, in ihren großen. Und er hat gesagt, im Eschenweiher könne man nicht einmal recht naß werden. Aber du hättest sehen sollen, wie uns das Wasser übers Gesicht und die Haare gelaufen ist, dem Hans auch!“

      „So? Mehr kann man nicht verlangen“, sagte der Vetter. „Dann hat also der Eschenweiher seine Sache recht gemacht, und die Ehre von Larstetten wäre gerettet.“

      EINE KAFFEEGESELLSCHAFT

      Ganz Larstetten bestand bloß aus der langen Hauptgasse und etwa acht oder zehn Nebengassen. Der einen Seite des Städtchens entlang lief eine alte graue Mauer; sie war zerfallen und mit Gras und Holunderbüschen bewachsen. An der Mauer stand ein Turm mit schwerem rotbraunem Dach. Er hieß der Rosenturm. Hier wohnte die Turmsette mit ihrem Raben Peter oben in einer großen Stube, an deren Fenster vier Kallastöcke mit weißen, tütenförmigen Blüten standen. Die Turmsette bügelte die feine Wäsche für die Leute. Hans, Marianne und Lotti stiegen mit den Doktorskindern oft zur Turmsette hinauf und zu dem Vogel Peter.

      Der Vogel Peter gehörte zu der Art der Dohlen, war also ein kleiner, netter Rabe mit schwärzlichem Gefieder, schelmischen runden Augen und einem festen Schnabel. Sprechen konnte der Peter nicht. Man habe es ihm nicht gelehrt, wie er jung gewesen sei, erklärte die Turmsette. Er sagte bloß „Kräh!“ oder „Kräkräh!“ Die Turmsette und der Rabe verstanden sich aber doch sehr gut.

      „Kräh!“ rief Peter begrüßend, als die fünf Kinder eintraten, und ging ihnen höflich entgegen.

      Die Turmsette stand an ihrem Bügelbrett und gab eben einer blendend weißen Hemdenbrust den letzten Druck. Dann sah sie nach dem Feuer des kleinen Ofens, aus dem die rote Glut herausstrahlte. Der Rabe schlug aufgeregt mit den Flügeln und hüpfte ein paar Schritte zurück. Er war früher einmal mit dem Fuß auf eine brennende Kohle geraten.

      „Kochen Sie jetzt zu Mittag?“ fragte Trudi die Turmsette. Bei der Bereitung des Essens zeigte sich Peter nämlich im vollen Lichte seiner Klugheit.

      Grade begann es elf Uhr zu läuten. Peter eilte mit freudigem Gekrächz auf die Turmsette zu.

      „Nun sagt er, es sei Zeit zum Kochen!“ riefen die Kinder. „Wie er gescheit ist —!“

      In der Küche standen die geschnittenen Kartoffeln schon bereit. Peter stellte sich auf den Tisch und verfolgte mit Aufmerksamkeit, wie sie in die heiße Butter kamen und da zu zischen begannen. Dann aber, als sie allmählig gelb wurden, kam er mit einem schnellen Hupf zur Pfanne und erhaschte eine Kartoffelscheibe. Aber er verschluckte sie nicht, sondern flatterte damit zum offenen Fenster und legte sie neben das Schnittlauchglas. Dann kehrte er zurück, um ein neues Stück zu holen. Die Turmsette drohte mit dem Schäufelchen; aber Peter blinzelte mit seinen schelmischen Augen. Das hieß:

      „Ach was! du meinst es doch nicht ernst!“

      Auf dem Gesimse entstand eine Reihe von Kartoffelstücken. Und wie nun anzunehmen war, daß das erste erkaltet sei, machte sich der kluge Peter unter vergnügtem Krächzen daran, es zu verzehren.

      Das war so possierlich, daß es sich wohl lohnte, gegen elf Uhr die fünf Treppen zur Turmsette hinaufzusteigen.

      Ein wenig mußte man den Peter necken. Als er am dritten Stück war, nahm ihm Otto rasch das fünfte weg. Peter wendete sich mit einem Satze und wiegte den Kopf hin und her:

      „Gibst du es wieder oder nicht —?“

      Aber Otto steckte es in den Mund. Da wurde Peter sehr zornig. Er zankte: „Kräh, kräh!“ und ging mit dem Schnabel auf Otto los, der lachend in die Ofenecke flüchtete.

      „Er wird doch auch mitkommen morgen?“ rief Lotti entzückt.

      „Wohin?“ fragte die Turmsette.

      „Ja, das hätten wir fast vergessen“, sagten die Kinder. „Wir sollen Sie einladen zu Frau Schnezler; sie gibt eine Kaffeegesellschaft.“

      „Eine Kaffeegesellschaft?“

      „Ja, morgen um drei Uhr. Und also der Peter auch! Auf Wiedersehen, Peter!“ Die Kinder stiegen polternd die Treppe hinunter.

      Die Turmsette blieb kopfschüttelnd an der Türe stehen: Eine Kaffeegesellschaft —? Was fällt ihr denn ein!

      Es war auch der Frau Schnezler gar nicht eingefallen. Diese Kaffeegesellschaft war das Werk der übermütigen Edith.

      Frau Schnezler wohnte in einem netten kleinen Hause am andern Ende des Städtchens und nähte Weißzeug. Edith hatte zweimal in der Woche bei ihr Unterricht; denn im Handarbeiten war es bei dem Mädchen jämmerlich bestellt, sagte Frau Pfarrer. Wenn Edith bei Frau Schnezler saß und sich in Saum- und Steppstichen übte, so plauderte sie gern.

      „Es ist zu viel still in Ihren Stube, Frau Schnezler“, sagte sie eines Nachmittags. „Sie müssen haben eine Hund oder Katze.“

      „Nimm den Faden nicht so lang!“ mahnte Frau Schnezler. „Behüte, nein, so ein Tier, das immer fressen will und meine Sachen herunterwirft.“

      „Oder Sie können geben einigen Mal Gesellschaft“, schlug Edith vor. „Sie müssen einladen die Turmsette mit ihres fröhliche Vogel oder die Kinder von Doktorhaus.“

      „Was denkst du! Das ist etwas für reiche Leute, nicht für mich!“

      „Ich glauben, Sie gar nicht sind arm, Frau Schnezler. Sie haben eine hübsche Sofa und viele Tassen in Ihre Schrank und zwei Zuckerbüchs. Damit Sie können sehr gut geben eine Gesellschaft. Sie nur müssen kochen Kaffee und holen viel Kuchen.“

      „Laß jetzt die Geschichten und gib acht auf deinen Saum!“ sagte Frau Schnezler. „Nein, was sind das für Stiche — greulich!“ Sie nahm Edith die Arbeit aus der Hand und begann aufzutrennen.

      Edith aber setzte sich in den Kopf, Frau Schnezler solle einmal eine Kaffeegesellschaft geben. Man mußte ihr nur die Leute einladen; dann würde sie schon sehen, wie nett das sei. So bestellte sie denn die Turnach- und Doktorskinder auf Dienstag zu Frau Schnezler und trug ihnen auf, auch die Turmsette einzuladen. Tante Doktor wunderte sich über die Einladung; aber die Kinder waren sehr dafür, sie anzunehmen. Bei einer Kaffeegesellschaft gab es doch immer etwas Gutes, und dann kamen der Peter und die Edith.

      Punkt drei Uhr läuteten die Kinder bei Frau Schnezler an.

      „Ei“, sagte diese, „was kommt denn da für Besuch? Habt ihr die Schuhe abgestreift?“

      „Einen freundlichen Gruß von Mama“, sagte Otto,