Praxisrezepte für das ultimative Foto
BELICHTUNGSZEIT: 1/125 S | BLENDE: F/6.7 | ISO: 100 | BRENNWEITE: 75 MM
Kapitel 1
Profitipps für scharfe Fotos
Sind Ihre Bilder unscharf, ist der Rest auch egal
Für uns Fotografen ist es enorm wichtig, gestochen scharfe Fotos zu machen. Für manche Fotografen hängt quasi ihr Leben davon ab – und das können Sie zu Ihrem Vorteil nutzen. Wenn Sie mal wieder auf einer dieser glamourösen Fotopartys sind, wo es vor Prominenz nur so wimmelt, der Champagner fließt und DJ Tiësto an den Plattentellern dreht, dann probieren Sie Folgendes: Gehen Sie beiläufig auf einen Fotografen zu, der herumsteht und mit seiner aktuellen Ausstellung prahlt, und sagen Sie: »Hey, ich war in Ihrer Ausstellung und finde es echt beeindruckend, dass Ihnen Ihre unscharfen Bilder so gar nichts ausmachen.« Sie können dann beobachten, wie sich das Lächeln dieses Fotografen erst in einen Ausdruck des Entsetzens, dann der Abscheu und schließlich der Scham verwandelt. Und Sie können die Minuten zählen, bis er mit dem Handy davonschleicht, um seine Ausrüstung auf eBay zu verscherbeln. So vernichtend ist die Aussage, dass einige seiner Bilder nicht scharf seien (selbst wenn Sie seine Ausstellung gar nicht besucht haben und die Bilder in Wirklichkeit scharf waren – das ist nämlich ein weiterer lustiger Aspekt des Fotografendaseins: die Hoffnungen und Träume von Kollegen zu zerstören). Sie kennen ja das Sprichwort: Das Einzige, worauf sich zwei Fotografen einigen können, ist, dass ein dritter Fotograf nichts taugt. Aber ich schweife ab. Ich denke, Sie erkennen an diesem wirklichkeitsnahen Beispiel, dass es für Sie, für mich und für alle anderen überlebenswichtig ist, dass unsere Bilder knackig scharf sind. Das erklärt die Aufregung, wenn es heisst, dass es für scharfe Aufnahmen kein neues Objektiv braucht, aber das erfahren wir natürlich erst, nachdem wir gerade ein richtig teures neues Objektiv gekauft haben, weil irgendein Typ im Internet behauptet hat, es sei »superscharf«. Tatsache ist, dass es für scharfe Aufnahmen keinesfalls reicht, einfach ein neues Objektiv zu kaufen. Tatsächlich können Sie auch mit Ihrem vorhandenen Objektiv sehr scharfe Fotos machen, aber wenn Sie keine Objektive mehr kaufen, geht die Objektivbranche vor die Hunde. Langer Rede kurzer Sinn: Erwarten Sie nicht, dass die anderen Kapiteleinleitungen in diesem Buch auch nur ansatzweise so viel mit dem Kapitelthema zu tun haben wie diese hier. Sie ist sozusagen eine Anomalie. Die restlichen Einleitungen – sagen Sie nicht, ich hätte Sie nicht gewarnt.
Sieben Dinge, die Sie wissen sollten, …
(1) So funktioniert dieses Buch: Im Grunde genommen ziehen Sie und ich gemeinsam zum Fotografieren los, und ich gebe Ihnen genau die Tipps und Ratschläge und bringe Ihnen die Techniken bei, die ich im Lauf der Jahre von den besten Profifotografen gelernt habe. Die ganzen technischen Details lasse ich dabei weg. Also angenommen, wir sind bei einem Porträtshooting, Sie drehen sich zu mir um und fragen: »Hey Scott, ich möchte, dass das Licht möglichst weich und vorteilhaft wirkt. Wie weit soll ich diese Softbox nach hinten stellen?« Dann würde ich Ihnen keinen Vortrag über das Belichtungsdreieck oder Lichtformer halten, sondern kurz und bündig antworten: »Gehen Sie damit so nahe wie möglich an Ihr Modell heran, aber ohne dass die Box im Bild zu sehen ist. Je näher Sie rangehen, desto weicher wird das Licht und desto stärker umhüllt es das Modell.« Und genau so mache ich es auch in diesem Buch.
(2) Auf vielen Seiten gibt es Zusatztipps am unteren Rand. Manchmal beziehen sich diese Tipps auf den Text darüber, manchmal musste ich einen Tipp einfach irgendwo unterbringen und habe ihn dann auf diese Seite gepackt. Wenn Sie unten einen Kasten mit einem Tipp sehen, sollten Sie also vorsichtshalber zumindest einen kurzen Blick hineinwerfen.
… bevor Sie dieses Buch lesen!
(3) Manchmal müssen Sie etwas kaufen. Dieses Buch ist kein Einkaufsratgeber, aber Sie sollten wissen, dass Sie für professionelle Ergebnisse manchmal auch professionelles Fotozubehör brauchen. Ich bekomme keine Provisionen oder Werbegelder von Firmen, deren Produkte ich empfehle (dieser Undank …). Ich gebe Ihnen einfach nur die Ratschläge, die ich auch einem Freund geben würde.
(4) Und dann hätte ich noch einige Video-Tutorials für Sie. Einige Nachbearbeitungstechniken lassen sich nur schwer mit Worten erklären, deshalb zeigen diese Videos, was genau gemacht wurde. Zum Glück ist das alles kein Hexenwerk – alles, was ich Ihnen beibringe, können Sie auch selbst umsetzen, denn die Videos sind einfach, verständlich und Schritt für Schritt aufgebaut (allerdings sind sie nicht synchronisiert, Sie sollten also etwas Englisch verstehen). Ich arbeite viel mit Lightroom (das ist mein Hauptwerkzeug), aber manchmal benötige ich auch Photoshop (als Nutzer von Photoshop Elements bleiben Sie jedoch ebenfalls nicht außen vor: Fast alles, was ich in den Videos zeige, können Sie auch dort umsetzen). Es ist ebenfalls kein Problem, wenn Sie statt Lightroom das Camera Raw-Plug-in von Photoshop verwenden, da Camera Raw in Lightroom sozusagen integriert ist (dort finden Sie dieselben Schieberegler in der gleichen Reihenfolge und mit genau der gleichen Funktion). Ich habe eine Webseite mit allen Videos und Links zu allen von mir angesprochenen Ausrüstungsgegenständen eingerichtet und all das nur für dieses Buch, nur für Sie, meine tollen, lieben Leser und neuen besten Freunde auf der ganzen weiten Welt. Hier ist der Link: http://kelbyone.com/books/dpbook2020 (blättern Sie jetzt aber um, denn es folgen noch einige wichtige Punkte).
Noch zwei Dinge
(5) Wenn Sie mit einer Digitalkamera von Sony, Olympus oder Fuji fotografieren, dann lassen Sie sich nicht davon irritieren, wenn hier eine Canon- oder Nikon-Kamera abgebildet ist. Da die meisten Leute mit Canon oder Nikon fotografieren, zeige ich hier Kameras dieser beiden Hersteller (obwohl ich mittlerweile hauptsächlich Kameras und Objektive von Canon verwende). Aber so oder so: Keine Panik – die meisten Techniken in diesem Buch gelten für sämtliche DSLR- oder spiegellosen Kameras und sogar für viele einfachere Kompaktkameras.
(6) WARNUNG: Die Kapiteleinleitungen sollen Ihnen eine kurze »geistige Verschnaufpause« bieten und haben ehrlich gesagt recht wenig mit dem Kapitelinhalt selbst zu tun. Eigentlich sind sie ganz und gar zusammenhangslos. Für mich ist es einfach eine Art Tradition, diese schrägen, weitschweifigen Einleitungen zu verfassen (das mache ich in allen meinen Büchern). Wenn Sie aber so richtig humorlos sind, dann bitte ich Sie ganz inständig, die Einleitungen zu überspringen, denn sie werden Ihnen nur auf die Nerven gehen. Sollten es Ihnen die Einleitungen hingegen irgendwie angetan haben, habe ich ein ganzes Buch nur aus den besten Kapiteleinleitungen aus allen meinen Büchern zusammengestellt. Es heißt Buy This Book of Chapter Intros Even Though You Won’t Learn Anything. Die Gewinne aus dem Buchverkauf gehen komplett an das Springs of Hope Orphanage in Kenia, ein Waisenhaus, das mit der großzügigen Unterstützung von Menschen, die meinen täglichen Blog lesen und an meinem jährlichen Worldwide Photo Walk teilnehmen, von