Im Spukschloss Monbijou. Nataly von Eschstruth. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Nataly von Eschstruth
Издательство: Bookwire
Серия:
Жанр произведения: Документальная литература
Год издания: 0
isbn: 9788711472941
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      Nein, — dazu wirkt die ganze Sache zu düster.

      Eine Dame.

      Die Mode, sich in Schleiern drapiert verewigen zu lassen, hat er soeben schon ein paarmal in der Hand gehabt.

      Günther scheint die reizvolle Umrahmung gern vorzuschlagen.

      Alle Wetter, — ein anscheinend sehr schönes, geradliniges, fast klassisches Gesicht, das sich, blass wie Marmor, schier leblos aus den dunklen, schlaff niederhängenden Falten eines schwarzen Vestalinschleiers hebt.

      Die Hände sind in den Tüll eingehüllt.

      Soweit ist ja alles sehr schön und interessant, aber das Eigenartige ist der eiskalte Schauer, der einem bei dem Anblick dieses rätselhaften Gesichtes über den Rücken läuft.

      Ist die Aufnahme verunglückt, oder soll absichtlich eine Art Spuk, zur Abwechslung vielleicht die Illustration zu „Erschein, o schwarze Dame!“ vorgetäuscht werden?

      Wie grässlich dieser Anblick trotz aller angedeuteten Schönheit!

      Der Apparat scheint gewackelt zu haben, denn sowohl das Antlitz wie Schleier und die ganze Figur haben etwas eigenartig Verwischtes, Unklares.

      Grad’ so, wie man sich die Ahnfrau vorstellt, wenn sie nachts durch die mondscheinerhellten Säle des alten Schlosses schreitet.

      Dass man sie sieht und doch nicht genau erkennen kann, dass man deutlich empfindet, einer grossen, grabeskühlen Schönheit gegenüberzustehen und es doch nicht zu beschreiben vermag, wie die einzelnen Linien des Gesichtes oder die Augen geformt sind!

      Diese scheinen auffallend gross und dunkel zu sein.

      Wie tiefe, schwarze Schatten wirken sie in dem Antlitz, und die düsteren Brauen, welche sie noch überwölben, erscheinen zuerst wie die Höhlen in einem Totenkopf.

      Erst bei schärferem Hinschauen unterscheidet man die Einzelheiten, dann sieht man, wie auffallend, wie fremdartig schön dieses Weib ist.

      Sigurd starrt wie gebannt auf den steifen Karton in seiner Hand hernieder.

      Wer ist’s?

      Ein menschliches Wesen oder ein Geist?

      Eine köstliche Frauengestalt oder ein Dämon?

      So etwas ist ja zum Grausen schön und wunderlich!

      Viele würden dieses Bild wohl voll Entsetzen in den Kasten hier zurückwerfen und nachts misstrauisch in das Dunkle sehen, ob etwa dieser unheimliche Spuk ihm gefolgt ist?

      Mit lebenaufsaugenden Vampyraugen und einem Kuss, der den Tod bedeutet!

      Sigurd von Savaburg lächelt.

      Wer mag sie sein?

      Wenn Günther sie photographierte, muss er sie doch kennen!

      Oder sollte es die Reproduktion eines alten Gemäldes sein?

      Das wäre schade!

      Langsam dreht er den Karton um.

      Ah! Doch etwas Schriftliches.

      „Samiela“ — und dann ein nicht mehr zu entziffernder Name mit Bleistift gekritzelt. „Hotel Bristol. 12 Kabinett, bis Freitag bestimmt“ — und dann ist alles wieder ausgestrichen.

      Ach so! Nach Besichtigung sind selbstredend keine Bestellungen erfolgt, sondern es ist wohl eine andere Aufnahme angefertigt.

      Samiela heisst sie.

      Der Name ist so eigenartig wie das ganze Bild.

      Wer ist es?

      Na, Günther muss ja Bescheid wissen und auch ihren Zunamen kennen.

      Die Tür wird hastig hinter ihm aufgestossen, und Herr Günther steht auf der Schwelle.

      Sein ganzes Angesicht strahlt Vaterstolz und Vaterfreude.

      Der Husarenoffizier reicht ihm herzlich die Hand, gratuliert mit liebenswürdigen Worten und hat viel Interesse dafür, dass die Kleine zehn Pfund wiegt.

      „Alle Donner! Stramme Leistung!“

      Na und dann kommt man auch auf die neueste Aufnahme von Herrn von Savaburg zu sprechen.

      Günther ist begeistert.

      „Diesmal hat die Sache grossartig geklappt, Herr Baron! Ein Bild so schick, so tadellos, wie ich lange keins herausgebracht habe, wenn Sie gestatten, möchte ich es brennend gern in die Auslage drunten aufnehmen.“

      Und der Sprecher reisst erst drei verschiedene Schubfächer auf, durchwühlt sie mit nervösen Händen und hat endlich das kleine Päckchen gefunden, aus dem Sigurds dunkle Augen sieghaft hervorblitzen.

      Sigurd lacht.

      „Na, wenn Sie glauben, bester Herr Günther, wir können damit in Ehren bestehen, wollen wir die Chose einpacken. Zuvor aber eine Frage: Wer ist die Dame hier auf diesem Bild?“

      Der Photograph blickt höflich auf die dargezeigte Aufnahme nieder.

      Dann weicht er zurück, als habe er ahnungslos auf einen Frosch gefasst.

      „Zum Kuckuck! Da ist ja das ekelhafte Bild immer noch!“ stösst er kurz hervor.

      „Nanu? So ekelhaft finde ich es nicht! Die Dame scheint sogar sehr schön zu sein!“

      „Eine der grausigsten Aufnahmen, die je gemacht sind.“

      „Das kann sein.“

      „Wie ein Spuk! — Meine Frau hat ja geschrien vor Schreck, wie sie das Gespenst entwickelte!“

      Der Husar lachte leise auf. „Wohl möglich! Es wirkt verblüffend. Aber ich nehme an, dass die Dame mächtig gewackelt hat oder sonst sehr unruhig gewesen ist, just in dem Moment, wo Sie knipsten!?“

      „Keins von allem! Wie ein Rätsel ist uns allen diese verquatschte Platte gewesen.“

      „Und die Dame selbst? Wie heisst sie denn im Zivilleben?“

      Günther sann zerstreut nach.

      „Ja, du liebe Zeit, all die Namen! Wer kann sie merken!“

      „Niemand aus hiesiger Stadt?“

      „O bewahre! Sie wohnte damals in dem Hotel Bristol. Darf ich einmal bitten, der Namen ist wohl auf dem Bild notiert!“

      Sichtbar widerwillig griff der Photograph nach dem Kartonpapier.

      „Samiela“, buchstabierte er. „Das andere ist beim besten Willen nicht zu enträtseln!“

      „Sie graulen sich ordentlich, das Bild anzufassen!“ lachte Sigurd abermals, „und haben es doch selber angefertigt!“

      „Das ist das wenigste, Herr Baron, es ist noch etwas anderes mit dem mysteriösen Ding.“

      „Sie tun mir einen Gefallen, Verehrtester, wenn Sie alles Nähere darüber erzählen.“

      „Viel weiss ich selber nicht. Als die Fremde zuerst kam, war ihr Haar durch das Regenwetter stark gelöst. Ich schlug vor, doch die moderne Schleieraufnahme zu machen, die dem Fehler sogleich abhelfen werde. Einen weissen Schleier wies sie brüsk zurück.

      ‚Ich würde ja aussehen wie eine Braut, das will ich nicht.‘

      Sie war schön und interessant. Ich wagte höflich einzuwerfen: ‚Was noch nicht ist, kann ja noch werden, meine Gnädigste.‘ Ich wusste allerdings nicht, ob sie Frau, Mädchen oder Witwe war, — na, man schwatzt eben aus Höflichkeit so mancherlei.

      Sie bekam etwas Starres, Kaltes.

      ‚Ich wüsste nicht wie. Ich habe im Leben nie Liebe gesucht, weil ich nie welche empfangen habe, seit Kindesbeinen nicht, und was man nicht kennt, entbehrt man nicht!‘

      Ich beschwichtigte sie lächelnd: ‚Und wenn der Rechte doch noch kommt?‘

      Sie