Im Spukschloss Monbijou. Nataly von Eschstruth. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Nataly von Eschstruth
Издательство: Bookwire
Серия:
Жанр произведения: Документальная литература
Год издания: 0
isbn: 9788711472941
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netten Künstlerabend bei ihm besucht.“

      Eigentlich ärgert er sich — sie ist masslos frech, — aber ihre Toilette schick, ihre Bewegungen rassig, — die Perlenkette auf dem Hals echt.

      Das versöhnt ihn.

      „Darf ich um einen Tanz bitten, Gräfin?“

      „Höchstens die Polka hier.“

      „Danke. Ich freue mich, sie untergebracht zu haben, denn Polka tanze ich am schlechtesten.“

      Er kritzelte seinen Namen auf ihre Tanzkarte, reichte sie mit steifer Armbewegung zurück und trat unvermittelt zur Seite, um Dillfingen die Bahn freizugeben.

      Die Frau Oberst winkte auch gerade herüber.

      „Valeska ... ich möchte dich Exzellenz von Ruhnow vorstellen ...“

      „Auch noch Valeska! — Valeska heisst sie! Solch eine Persiflage auf den hübschen Namen!“ erboste sich der Graf und trat im Rückwärtsschreiten der andern Nichte mit der schlecht geschnürten Taille ein klein wenig auf den Fuss.

      Nicht tollpatschig, nur Streifschuss.

      „Pardon, meine Gnädigste!“

      Ein sehr liebenswürdiges Gesichtchen mit grossen, freundlichen Kinderaugen blickt zu ihm auf.

      Sie lächelt, ohne ihm sein Verbrechen im mindesten zu markieren.

      Ganz niedliches, rosiges Mädel, — man sieht ihr ordentlich an, dass ihr dies Tanzfest noch Spass macht!

      Eine kurze, kaum merkliche Verbeugung, Graf Heitlingen schreitet weiter.

      An ihm vorüber hastet einer seiner Kameraden.

      Eine flotte, gedrungene, echte Husarenfigur.

      Dunkel blitzende Augen ohne Monokel oder Kneifer, ein kleiner, keck aufgestellter Schnurrbart und ein Zug feinen, liebenswürdigen Geistes charakterisiert das intelligente Gesicht.

      „Nicht so eilig, Sigurd! Kommen gerade noch zur Zeit, die neuen Sterne am Himmel Ihrer Memoiren aufgehen zu lassen!“

      Leutnant von Savaburg lachte vergnügt und blieb einen Augenblick stehen, da Heitlingen ein Gesicht machte, als wolle er noch etwas Vertrauliches sagen.

      Er neigte sich auch flüsternd näher:

      „Sterne, die begehrt man nicht, Sigurd! Und sich an ihrer Pracht erfreuen, dürfte in diesem Falle, bei den ‚höchstkommandierenden Nichten‘, ein etwas verfehlter Ausdruck sein. Habe die jungen Damen schon unter die Lupe genommen. Nichts Besonderes. Gräfin Plunck reichlich arrogant, scheint durch schnoddrige Bemerkungen provozieren zu wollen, aber sonst schick und wohlhabend angezogen, während die kleine Waldeck-Wartenfels —“, der Sprecher neigte sich näher und sah geradezu vernichtend aus — „eine schief geschnürte Taille trägt!“

      „Donnerwetter! Horribile dictu!“ lachte Sigurd von Savaburg mit aufblitzenden Augen: „Ahnt sie von diesem Schicksalsschlag, der sich hinter ‚ihrem Rücken‘ abspielt, oder hat sie die Ohnmacht noch vor sich, wenn sie heute abend die schräge Schlachtstellung aufgeben muss? — Übrigens, Gräfchen, wenn dies der einzige Stein des Anstosses ist, so hoffe ich mit Fräulein von Waldeck ohne zu stolpern über unser Parkett zu kommen!“

      Heitlingen zuckte die Achseln, als täte ihm etwas Unsichtbares weh.

      „Scheint reichlich uninteressant zu sein, die Kleine! Die allzu naiven Gesichter mag ich nicht.“

      „Weiss schon, Heitlingen, kenne das an Ihnen! Das Wildbret mit etwas Hautgout und die Damen mit einem feinen Stich ins Pikante; — na, da sind wir andern bescheidenen Seelen gern mit den Restbrocken zufrieden! Da Sie sich sicher schon Gräfin Plunck mit Bleistift verschrieben haben, werde ich das gleiche mit dem schief gewickelten Fräulein von Waldeck tun!“

      Heitlingen zog die Oberlippe hoch und lachte ein „Hihi!“ im Tenor.

      „Schief gewickelt, schlecht geschaukelt und nichts dazu gelernt! — Meine besten Wünsche geleiten Sie, lieber Savaburg!“

      Schon im nächsten Augenblick stand Sigurd vor Fräulein von Waldeck, und da gerade das Knäuel von Menschen unter dem Kronleuchter sich löste, um der jüngsten Frau Leutnant und deren Gemahl voll ausgesuchter Devotion entgegenzueilen — es war der Erbprinz von Salgen-Sohm, der am Tag seiner Hochzeit das Offizierspatent erhalten und dem Husarenregiment König Karl Ferdinand zuerteilt war — so klappte Savaburg ritterlich die spornklingenden Hacken zusammen und stellte sich selber vor.

      Das Gesichtchen, das sich ihm zuwandte, gefiel ihm schon auf den ersten Blick, denn lichtblondes Haar und blaue Augen waren ihm seit jeher sympathisch.

      Es war ihm unbeschreiblich, wie man an die Taille denken konnte, wenn man so freundlich angelächelt wurde. Er bat um einen Tanz.

      Noch zwei waren zu vergeben, auch das Souper.

      Es ist für eine Dame stets angenehm, den Weg in den Esssaal unter männlicher Eskorte zurückzulegen.

      „Sie gestatten, dass ich mich hinter dem Tischwalzer verewige, gnädiges Fräulein?“

      Sie lächelte, ein wenig schelmisch und doch lieb und bescheiden.

      „Ich esse keine Austern und setze Sie zum Erben ein!“

      Er blickte schnell auf; höchlichst amüsiert.

      „Gut, dass Sie mir dieses Geständnis einer edeln Seele erst nach meinem Engagement machen, so lastet doch nicht der böse Schein eines schnöden Egoismus auf mir! Wie steht es mit dem alten Portwein?“

      „Den trinke ich selber!“ sagte sie mit zwei Grübchen in den Wangen.

      Sie sprach so natürlich vergnügt und harmlos, ohne jede Effekthascherei, und das gefiel Sigurd Savaburg wieder so ausnehmend, dass er einen beinah zärtlichen Blick auf die verpönte Taille warf.

      Dann ruhte sein Blick nachdenklich auf dem blonden Köpfchen, das in ganz eigenartigem Schein unter den Flammen des Lüsters erglänzte.

      „Sind Sie schon einmal gemalt worden, gnädiges Fräulein?“ fragte er ganz unvermittelt.

      Sie blickte höchlichst überrascht zu ihm auf.

      „Nein! — Weder mit Essig und Öl noch mit Aqua!“

      „Sie kennen keine Maler?“

      „Noch nicht! Wir leben sehr still und zurückgezogen auf dem Lande, wo ich seit dem Tod meiner Eltern von Grossmama erzogen wurde. — Interessieren Sie sich für futuristisch-sezessionistisch-optimistische Kunstwerke?“

      Er musste mitlachen.

      „Für diese besonders, denn ich bin Optimist genug, nicht nur meine militärischen Dienstpferde zu reiten, sondern mich sogar manchmal auf einem Pegasus zu versuchen, der vom Parnass geschrammt ist und in die grossen Mischwannen von Kremser Weiss, Krapplack und Ultramarin sauste!“

      „Also eine Schecke! Das Götterross muss ja originell aussehen!“

      „Eben so verblüffend wie die Farbenkleckse, die er auf meiner Leinwand zurücklässt!“

      Sie sah plötzlich ernst aus. „Sie malen? Unter der Pelzmütze vermutet man keinen Künstlerlorbeer!“

      Er strich mit der Hand über die braunlockigen Haare. „Zunächst ist auch nur der Platz dafür geschaffen, — es fängt schon an, bedenklich licht hier oben zu werden, womit aber nicht gesagt sein soll, dass dies ‚Innenbeleuchtung‘ ist! Des Dienstes ewig gleich gestellte Uhr holt für mich heute ebenso wie früher im Gymnasium nur zum Schlagen aus, wenn ich die Zeit anders nutzen will, als wie das vom Rektor oder Oberst vorgeschrieben ist!“

      „Sie wären gern Künstler geworden?“

      Mit langem, wundersam verständnisinnigem Blick schauten ihn die Blauaugen an.

      Er strich vergnüglich den kleinen Schnurrbart noch flotter empor.

      „Ich bin sehr