Als sie schließlich wieder zur Besinnung kommen und wieder in den Raum, in die Küche und in den Alltag zurückkehren, stellen sie beide fest, dass es einen Unterschied macht. Und vielleicht hätte ihnen sogar Van Gogh zugestimmt.
O und M
Manche mögen trockene Orte. Viele bevorzugen es bequem. Auch eine Kombination dieser beiden Vorlieben ist alles andere als ungewöhnlich. Bei O und M ist es anders. Sie ficken lieber unter der Dusche. Der enge und feuchte Raum und die Wasserstrahlen lassen sie den Körper des anderen ganz anders wahrnehmen.
Und genau das passiert auch dieses Mal.
Zuerst treffen sich O und E im Flur. E ist gerade beim Beobachten zweier anderer gekommen, sagt sie. O drückt ihre Lippen auf Es Mund, und sie lassen ihre Zungen miteinander spielen. Aber E muss weiter, sie ist spät dran. O sucht also nach M. Es ist schon länger her, dass sie das letzte Mal intim waren. Einige Tage. Zuerst schaut sie ins Schlafzimmer, dann ins Wohnzimmer, dann in die Küche. Aber sowohl die Küche als auch das Schlafzimmer sind belegt. Sex und Erotik bringen die Fenster zum Klappern und die Böden zum Vibrieren. Alles ist wie immer.
Im Wohnzimmer ist niemand. Es bleibt also nur ein Ort übrig, und zwar das Badezimmer. O tritt zur Tür und lauscht. Hört sich an, als würde er unter der Dusche stehen. Und da man im Kollektiv niemals Türen verschließt, muss sie nur eintreten. Richtig, M ist gerade damit beschäftigt, sich mit einer Mischung aus Schaum und Wasser einzuseifen. Das Wasser ist heiß, der Dampf legt sich auf die Fensterscheibe. Sie zieht sich aus. Er scheint sie nicht zu bemerken. Erst, als sie die Glastür zur Dusche öffnet, sieht er sie. Drückende Hitze und Feuchtigkeit empfängt sie, und er verschlingt sie mit einem Blick, in dem sich zuerst Verwirrung, bald jedoch Konzentration und Verlangen spiegelt.
Sie liebt nichts mehr, als wenn er ihre Muschi mit seiner Zunge liebkost. Und er weiß auch, dass sie das am liebsten hat. Sie muss nur in die Dusche steigen, sich an die Wand lehnen und das Wasser aus dem Wasserhahn spritzen lassen. Reden ist überflüssig. Und er geht genau richtig vor ihr in die Hocke, um mit der Zunge gekonnt ihren Schoß zu umspielen.
Das heiße Wasser rinnt über ihre Brüste. Ihr Haar ist sofort nass vor Hitze, ihre Haut ebenso. Das Gefühl ist wunderschön, es hüllt sie vollständig ein, und sie kann Körper und Seele entspannen. Seine Hände gleiten über ihren Körper und er beginnt, ihre Brust zu streicheln, während er mit der Zungenspitze an ihrer Klitoris spielt. Kitzeln. Kuss. Nähe. Sie genießt, ihr Zwerchfell verlangt nach mehr. Mit langsamen Bewegungen knetet er ihre Brüste, neckt ihre Brustwarzen und lässt seine Zunge geschwind zwischen ihre Schamlippen gleiten. Ihre Beine zittern. Um das Gleichgewicht nicht zu verlieren, aber ihr Liebesspiel nicht unterbrechen zu müssen, spreizt sie die Beine noch weiter. Ihr Gesäß wird gegen die vom Wasser rutschigen Fliesen gepresst.
Sie stöhnt. Das Gefühl beginnt in ihrem Geschlecht, in ihrer Klitoris. Von dort wandert es entlang der Scheide, über ihren Venushügel, in ihre Haut und über Bauch und Brust bis in die Arme. Ihr ganzer Körper konzentriert sich auf dieses wohlige Gefühl, das er ihr gibt. Seine Zunge ist genauso warm wie das Wasser. Ms Bewegungen sind gekonnt. Das hat er schon oft gemacht. Und jedes Mal liebt sie es. Er dringt mit seiner Zunge tief in ihr Geschlecht ein, streichelt und leckt sie von innen und außen, rein und raus und raus und rein. Alles an ihr zieht sich zusammen. Die Muskeln zittern und lockern sich. Ihr Körper erbebt, während er seufzt, sich entspannt und nach mehr und mehr lechzt.
Sie schlingt die Oberschenkel um seine Schultern, und stützt somit seine Bewegungen, damit er nicht wegrutscht. Sie hat seinen Kopf fest im Griff und hilft ihm dabei, Zunge, Mund und Kopf im bestmöglichen Tempo zu bewegen, tiefer und tiefer. Es erfüllt sie, ihn so fühlen zu können, seinen Kopf und seinen ganzen Körper sowie die Erektion, die er wiederholt berührt. Sie kann nicht anders, als von ihm abzulassen, eine Hand unter sein Kinn zu legen und sein Gesicht zu ihrem hinaufzuziehen. Sie küssen sich. Speichel mischt sich mit Wasser und Schweiß und Körpersäften.
Mit der rechten Hand umfasst sie seine zitternde Erektion. Er ist so kräftig, dass es unmöglich ist, seinen Ständer zwischen Daumen und Zeigefinger zu halten. Sie gibt ihr Bestes. Wenn sie ihn so hält, kann sie das Pulsieren in seinem Schwanz wirklich spüren. Er zuckt schnell auf und ab und das Blut strömt durch die geweiteten Adern in seinem Glied, das immer noch aufrecht steht. Und sie möchte nichts weiter, als dass er mit diesem Gemächt, dieses schöne und starke und lustvolle Geschlecht, in sie eindringt. Dass sie zusammen eins werden. Dasselbe Vergnügen, dieselbe Ekstase erleben, die sich in alle Richtungen ausbreitet und sie beinahe zum Bersten bringt, zwischen Wasser, Kacheln und Haut.
Er hält ihr Gesäß, umklammert ihren Hintern. Sie hält sich an seinem Rücken fest. Sie ziehen sich zueinander heran. Hart. Schnell. So nah wie möglich. Und ihre geteilte und gleichzeitig individuelle Erregung bricht in lautem Stöhnen aus ihnen heraus.
Sein Schwanz durchpflügt sie wie selbstverständlich. Ihre Vagina bebt vor Lust. Er ist so groß und stark und männlich. Sie fühlt sich wie in eine andere Dimension versetzt. Ihre Beine geben nach, die Ekstase ist nahe, und er muss sie halten. Sie zieht ihn noch näher, noch härter, noch länger und heftiger an sich heran.
Als sie kommt, ist sie klatschnass. Genau wie sein Gesicht. Sie öffnet die Augen und bemerkt, dass sie nicht vom Wasser durchnässt sind, sondern von ihrem hervorragenden, wilden Sex. Das Wasser aus dem Wasserhahn läuft schon lange nicht mehr.
Alle
Als der Abend kommt und die Sonne untergeht, heißt es, sich ausruhen. Alle kriechen in ein gemeinsames Bett. Sie sprechen über den Tag, über neue Entdeckungen und frühere Erfahrungen. Sie teilen sich immer einander mit. Er erzählt von ihr, sie erzählt von ihm. Und er über ihn und sie über sie. Alle sprechen mit Freude, Begeisterung und Dankbarkeit. „Jeden Tag explodiert die Liebe in diesen Mauern!“, sagt einer von ihnen. Alle lächeln und stimmen zu. Es ist wirklich so. Im Kollektiv gedeiht die Liebe. Hier findet man all das Schöne, Gute und Entzückende, das Liebenswürdige und Süße und absolut, absolut Wunderbare. Für etwas anderes ist hier kein Platz, weil das Gefühl von Liebe und Freiheit alles überstrahlt.
Die Außenwelt haben sie lange hinter sich gelassen. Sie erinnern sich kaum noch daran, wie es einmal war. Manchmal klopft jemand an die Tür und bittet sie, ihre Lebensweise zu ändern, weil es ihn aufregt und vielleicht sogar seine Vorstellung des Normalen und Richtigen verletzt. Manch einer macht sich Gedanken darüber und kommt gar nicht mehr zur Ruhe. Aber die Mitglieder des Kollektivs schauen sich dann nur an. Tauschen einen verständnislosen Blick aus. „Nein, da haben Sie etwas falsch verstanden“, sagen sie dann aufrichtig und erklären der fremden Person, dass sie wohl ein anderes Kollektiv meinen muss. Weil sie nichts falsch machen. Sie bringen nichts durcheinander und treiben niemanden in die Boshaftigkeit oder auf Abwege – weder sich selbst, noch irgendjemand anderen.
Manchmal blicken sie zurück. Manchmal hilft es, sich zu erinnern, und das tun sie normalerweise, wenn sie im Bett liegen und nach einem weiteren Tag zur Ruhe kommen. Es kommt vor, dass jemand sagt: „Erinnert ihr euch daran?“, und damit auf ein bestimmtes Ereignis in der anderen Welt anspielt, in der Welt vor dem Kollektiv. Dann erklärt er, was genau er meint, und die anderen schließen die Lücken. Ja, gemeinsam können sie sich auch an Vergangenes erinnern. Sie wissen noch, wie es war, ein Leben zu führen, das so weit von ihrer jetzigen Realität entfernt ist, dass es sich wie eine erfundene Geschichte anfühlt. „War das wirklich so?“, fragt manchmal jemand mit ebenso viel Unsicherheit wie Angst. Und jemand anderes erwidert: