Ausgewählte Wildwestromane von James Fenimore Cooper. James Fenimore Cooper. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: James Fenimore Cooper
Издательство: Bookwire
Серия:
Жанр произведения: Книги для детей: прочее
Год издания: 0
isbn: 9788027209774
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demselben Augenblick bemerkte man, wie sich die Zinken von Nattys Gabel dem Kopfe des Verunglückten näherten und rasch in die Haare seines Zopfes und in den Kragen seines Rockes eindrangen. Der Körper wurde nun langsam in die Höhe gezogen, und die geisterbleichen Züge traten an die Oberfläche. Die Ankunft von Benjamins Nasenlöchern in ihrer eigenen Atmosphäre wurde durch ein Schnauben verkündet, das einem Meerschwein Ehre gemacht hätte. Natty hielt den Majordomo eine kleine Weile mit dem Kopf über dem Wasser schwebend, und inzwischen öffneten sich dessen Augen langsam, wobei er um sich stierte, als sei er in einem neuen, nie gesehenen Lande angelangt.

      Da alles zugleich handelte und sprach, so wurde diese Rettung in weit kürzerer Zeit bewerkstelligt, als wir zu ihrer Erzählung gebraucht haben. In einem Nu befand sich das Boot an der Seite der Gabel, das sofort Benjamin aufnahm und rasch dem Ufer zu ruderte. Kirby brachte unter Richards Beistand, der in der Angst um seinen Lieblingsgehilfen ihm ins Wasser entgegengesprungen war, den besinnungslosen Hausmeister ans Gestade und setzte ihn ans Feuer, während der Sheriff jene Belebungsmittel anordnete, die man damals bei Ertrunkenen für die erprobtesten hielt.

      »Lauft, Billy«, rief er, »lauft ins Dorf und holt den vor der Tür liegenden Rumkrug, in dem ich den Weinessig angesetzt habe. Sputet Euch, Junge, und haltet Euch nicht damit auf, den Essig in ein anderes Gefäß zu füllen; und nehmt bei Herrn Le Quoi ein Päckchen Tabak und ein halbes Dutzend Pfeifen mit – und laßt Euch von Remarkable etwas Salz und einen ihrer Flanellunterröcke geben – und sagt zu Doktor Todd, er solle seine Lanzette schicken und selbst herauskommen; und – ha! Duke, was machst du? Willst du einen Mann, der voll Wasser ist, umbringen, daß du ihm Rum gibst? Hilf mir seine Hand öffnen, daß ich sie reiben kann.«

      Während dieser ganzen Zeit saß Benjamin starr mit verbissenem Mund und krampfhaft geschlossenen Händen da, in denen sich noch Reste der Binsen befanden, die er in der Verwirrung des Augenblicks ergriffen und wie ein echter Seemann so fest gehalten hatte, daß sein Körper nicht wieder an die Oberfläche auftauchen konnte. Seine Augen standen jedoch offen und stierten gräßlich auf die Gruppe um das Feuer, während seine Lungen wie Schmiedeblasebälge arbeiteten, als wollten sie sich für die Minute einer unfreiwilligen Untätigkeit schadlos halten. Die gewaltsam zusammengepreßten Lippen nötigten die Luft, durch die Nasenlöcher ihren Aus-und Eingang zu nehmen, was denn auch mit einem so gewaltsamen Schnauben geschah, daß nichts als die übermäßige Aufregung des Sheriffs seine voreiligen Anordnungen rechtfertigen konnte.

      Die Flasche, welche Marmaduke an die Lippen des Hausmeisters brachte, wirkte wie ein Zauber. Sein Mund öffnete sich instinktiv Seine Hände ließen die Binsen fallen und griffen nach dem Glas seine Augen erhoben sich aus ihrem horizontalen Stieren zum Himmel, – und der ganze Mann schien für den Augenblick in einen neuen Gefühl aufzugehen. Zum Unglück für Benjamins Neigung war nach einem dieser Züge, ebensogut wie nach seinem Untertauchen, ein neues Atmen nötig, und so mußte er endlich die Flasche fahren lassen.

      »Ei, Benjamin!« rief der Sheriff, »das ist ja etwas Schreckliches. Wie kann ein Mann, der schon so viele Ertrunkene hat behandelt sehen, so töricht verfahren? Schüttet Ihr jetzt, da Ihr halbvoll Wasser seid, den Rum hinunter – –«

      »Um mich ganz voll Grog zu machen«, fiel ihm der Majordomo ins Wort, indem seine Züge mit erstaunlicher Schmiegsamkeit wieder ihre natürliche Form annahmen. »Aber sehen Sie, Squire, ich hielt meine Luken verschlossen, so daß nur wenig Wasser in meinen Unterraum gelangte. Hört, Meister Kirby! Ich habe den größten Teil meines Lebens auf dem Salzwasser zugebracht und auch die Schifffahrt auf solchen Weihern mitangesehen, und so kann ich Euch denn nachrühmen, daß Ihr der ungeschickteste Tölpel seid, der sich je auf einer Bootsducht breit machte. Mag meinetwegen mit Euch fahren, wer will, aber ich will verdammt sein, wenn ich je wieder in Eurer Gesellschaft das Ufer dieses Sees besuche. Ich will Euch sagen, warum: weil Ihr ebensogern einen Menschen ins Wasser werft wie einen dieser Fische und nicht soviel Verstand habt, einem ehrlicher Christenmenschen, wenn er driftig wird, auch nur ein Stückchen Seil zuzuwerfen. – Natty Bumppo, gebt mir Eure Hand! Man sagt Euch zwar nach, Ihr wäret ein Indianer und Skalpierer; Ihr habt mir aber einen guten Dienst geleistet und dürft mich daher als einen Freund betrachten, obgleich es matrosenmäßiger gewesen wäre, wenn Ihr mir ein Tauende zugeworfen oder mich mit einem laufenden Knoten gefaßt hättet, statt einen alten Seemann an seinem Kopftaljereep zu harpunieren. Doch ich denke, Ihr seid’s gewöhnt, die Leute bei den Haaren zu nehmen, und da es zu meinem Besten, nicht aber zu meinem Nachteil geschah, so mache ich mir nicht gerade allzuviel daraus.«

      Marmaduke kam einer Antwort zuvor, indem er fortan mit einer Würde und Umsicht, welche die Einwendungen seines Vetters mit einemmal zum Schweigen brachten, die weitere Leitung der Fischerexpedition übernahm, Benjamin zu Lande nach dem Dorf zurückschickte und das Netz in einer Weise ans Land holen ließ, daß die Fische alle ungefährdet entkamen.

      Die Verteilung der Beute ging in der gewöhnlichen Weise vor sich indem man einen aus der Gesellschaft aufstellte, der mit abgewandtem Gesichte denjenigen namhaft machen mußte, welchem dieser oder jener Haufe gehören sollte. Billy Kirby streckte sich an der Seite des Feuers der Länge nach auf dem Grase aus, um bis zum Morgen das Netz und die Fische zu bewachen; die übrigen aber schifften sich in dem Kahn ein, um nach dem Dorf zurückzukehren.

      Die sich Entfernenden bemerkten noch, wie der Holzfäller über den Kohlen sein Nachtessen kochte, und als sich das Boot dem Ufer näherte, zeigte sich die Flamme aus Mohegans Kahn wieder unter dem Dunkel der östlichen Berge. Plötzlich hörte sie auf, sich zu bewegen, und nun flogen die Feuerbrande in die Luft, worauf sich alles in so tiefe Dunkelheit hüllte, wie sie die Nacht zusammen mit dem Wald und dem Gebirge nur immer herbeiführen konnte.

      Elisabeths Gedanken wanderten von dem Jüngling, der einen Baldachin von Umschlagtüchern über sie und Luise ausgebreitet hielt, zu dem Jäger und dem indianischen Krieger, und ein Verlangen erwachte in ihr, die Hütte zu besuchen, wo Menschen von so verschiedenen Gewohnheiten und Temperamenten sich zusammengefunden hatten.

       Inhaltsverzeichnis

      Schwatz uns nicht stets von diesen Berg’ und Tälern,

       Du alter Tor; denn niemand horcht auf Mären

       Aus deiner Kinderzeit, womit du quälst

       Der Hörer Ohr. – Drum rasch! zur Sache!

      Duo

      Herr Jones stand am folgenden Morgen mit der Sonne auf, ließ sein und Marmadukes Pferd satteln und verfügte sich mit ungewöhnlich wichtiger Miene in das Schlafgemach des Richters. Die Tür war nicht verschlossen, und Richard trat mit einer Freimütigkeit ein, die nicht nur das gute Einvernehmen mit dem Vetter, sondern auch die gewohnte Weise des Sheriffs charakterisierte. –

      »Nun, Duke, zu Pferde«, rief er, »und ich will dir auseinandersetzen, was ich gestern abend mit meinen Andeutungen meinte. David sagt in seinen Psalmen – nein, es war Salomo; doch das ist gleichgültig, er gehörte zur Familie – Salomo sagt, alles habe seine Zeit, und nach meiner unmaßgeblichen Ansicht ist eine Fischpartie kein geeigneter Moment, um wichtige Angelegenheiten zu besprechen. – Ha was soll das? Was zum Teufel fehlt dir, Marmaduke? Bist du nicht wohl? Laß mich deinen Puls fühlen. Du weißt, mein Großvater war –«

      »Dem Körper nach befinde ich mich ganz wohl, Richard«, fiel der Richter ein, indem er seinen Vetter zurückschob, der eben im Begriff war, dem Doktor Todd ins Handwerk zu greifen, »aber mein Gemüt ist leidend. Als ich in der letzten Nacht zurückkam, fand ich unter anderen Briefen auch diesen vor.«

      Der Sheriff nahm den Brief auf, ohne jedoch seine Augen auf das Schreiben zu richten; denn er betrachtete fortwährend das Äußere des Richters mit großem Erstaunen. Von dem Antlitz seines Vetters wanderte sein Blick nach dem Tisch, wo mehrere Briefe, Pakete und Zeitungen lagen, und dann im Zimmer umher. Auf dem Bett war der Eindruck eines menschlichen Körpers sichtbar, ohne daß jedoch die Decke zurückgeschlagen gewesen wäre; alles verkündete, daß der Bewohner des Gemachs eine schlaflose Nacht zugebracht hatte. Die