Das Evangelium nach Lukas. Ambrosius von Mailand. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Ambrosius von Mailand
Издательство: Bookwire
Серия: Die Schriften der Kirchenväter
Жанр произведения: Документальная литература
Год издания: 0
isbn: 9783849659677
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eben andere (ihn) nicht schauen. Denn nicht Unwürdige werden Gott schauen, noch vermag derjenige Gott zu schauen, der ihn nicht schauen wollte. Auch nicht örtlich, sondern mit reinem Herzen läßt Gott sich schauen, nicht mit leiblichen Augen läßt Gott sich suchen, nicht mit dem Blick sich messen, nicht mit tastender Hand sich greifen, nicht in Tönen sich vernehmlich, nicht mit Schritten sich merklich machen. Glaubt man ihn fern, schaut man ihn; ist er zugegen, schaut man ihn nicht. Schauten doch selbst die Apostel nicht alle Christus. Daher seine Klage: „Solange bin ich bei euch, und ihr habt mich noch nicht erkannt"137. Nur wer erkannt hat, „welches die Breite und Länge und Höhe und Tiefe sei" und „die alles übersteigende Liebe Christi"138, „schaut Christus, schaut auch den Vater"139. Wir kennen ja Christus nicht mehr dem Fleische140, sondern nur dem Geiste nach; „denn Geist ist vor unserem Angesichte Christus der Herr"141, der uns in seiner Barmherzigkeit „bis zur ganzen Fülle der Gottheit zu erfüllen"142 sich würdigt, auf daß er von uns geschaut werden könne. ― Es ‚erschien' also dem Zacharias ein Engel zur Rechten des Rauchaltares, weil er erschien, wann er wollte, und nicht erschien, wann er nicht wollte.

       28.

      [Forts. ] Er erschien aber „zur Rechten" des Rauchaltares, weil er einen einzigartigen Erweis des göttlichen Erbarmens zu überbringen hatte; „denn der Herr steht mir zur Rechten, daß ich nicht wanke"143; und an einer anderen Stelle: „Der Herr ist dein Schirm über der Hand deiner Rechten"144. O daß auch uns bei der Beräucherung des Altares, bei der Darbringung des Opfers der Engel zur Seite stünde, ja sichtbar erschiene! Denn zweifle nicht an der Gegenwart des Engels, wenn Christus zugegen ist, Christus geopfert wird! „Denn unser Osterlamm ist geopfert, Christus"145. Auch fürchte nicht, es möchte dein Herz durch die Erscheinung des Engels verwirrt werden ― wir geraten nämlich in Verwirrung und von Sinnen, wenn wir von der Erscheinung einer höheren Gewalt überrascht werden ―; denn der nämliche Engel, der uns erschiene, würde uns auch stärken können, wie er den anfänglich verwirrten Zacharias ermutigte und stärkte, indem er ihn beschwichtigte:

      3. Ankündigung des Täufers, Luk. 1, 13―17

      

       Die Überfülle des göttlichen Wohltuns. Ein Heiliger bedeutet „nicht bloß Gnade für die Eltern, sondern auch Heil für tausend andere“ (29). Kinder „keine geringe Gottesgabe"; die Ehe eine göttliche Institution (30). Die Seelen-, bezw. Tugendgröße die wahre Größe des Menschen (31 f.). Der Geist des Lebens und der Geist der Gnade (33 f.). Das erfolgreiche Bekehrungswerk des Täufers (35). Johannes „im Geist und in der Kraft des Elias“ (36 f.). Johannes der Herold Christi. Die Wegbereitung unserer Seele (38).

       29.

      [Forts. ] * „Fürchte nicht, Zacharias! Denn sieh, dein Gebet ist erhört worden, und dein Weib Elisabeth wird einen Sohn gebären, den sollst du Johannes heißen; und Freude wird dir sein, und viele werden über seine Geburt sich freuen."*

      Voll stets und übervoll strömt das göttliche Wohltun; nicht auf eine geringe Zahl beschränkt es sich, sondern häuft und erschöpft sich in einer Fülle des Guten: so (haben wir) hier zunächst die Frucht des Gebetes, ferner der unfruchtbaren Gattin Kindersegen, sodann die Freudeheimsuchung für weiteste Kreise und die Tugendgröße (des Täufers). Desgleichen wird ein Prophet des Höchsten verheißen und, um allen Zweifel auszuschließen, sogar des Künftigen Namen bestimmt. Einem so gewaltigen, jeden Wunsch übersteigenden Strome (des Wohltuns) gegenüber lautet die Strafe des Mißtrauens nicht mit Unrecht auf Verstummen. Wir werden später des näheren darauf zurückkommen. Allgemeine Freude aber birgt die Empfängnis und Geburt von Heiligen; denn ein Heiliger bedeutet nicht bloß Gnade für die Eltern, sondern auch Heil für tausend andere. So enthält also unsere Stelle eine Aufforderung an uns, der Geburt von Heiligen uns zu freuen.

       30.

      Aber auch für die Eltern liegt hierin eine Aufforderung zur Danksagung nicht weniger für die Geburt als für die Wohltat, deren sie mit den Kindern als ihren künftigen Geschlechtsträger und Erbfolgern gewürdigt wurden. Lies146, wie Jakob sich freute über die Geburt seiner zwölf Söhne! Dem Abraham wird ein Sohn geschenkt147, dem Zacharias Erhörung gewährt. Ein Gottesgeschenk ist sonach der Eltern Kind. Danken sollen also die Väter als Erzeuger, die Kinder für die Erzeugung, die Mütter für den lohnenden Ehrenpreis der Ehe; denn ihres Mühens und Ringens Sold sind Kinder. Es verjünge sich die Erde zu Gottes Lob, da sie bebaut wird, die Welt, da sie erkannt wird, die Kirche um des zahlreichen Wachstums des frommgläubigen Volkes willen! Nicht umsonst geht gleich zu Beginn der Genesis148 auf Gottes Geheiß eine Eheschließung vor sich: nur um der Häresie den Boden zu entziehen. Denn also billigte Gott die Ehe, daß er ihr Band knüpfte; also lohnte er sie, daß seine göttliche Vatergüte sogar denen Kinder schenkte, denen Unfruchtbarkeit sie vorenthielt.

       31.

      „Und er wird groß sein vor dem Herrn"149. Nicht von der Leibes-, sondern von der Seelengröße erklärte (der Engel) das. Es gibt vor dem Herrn eine Seelengröße, eine Tugendgröße, es gibt aber auch eine Seelenkleinheit, ein Kindheitsalter der Tugend. Ebenso bemessen auch wir die seelische und körperliche Altersreife nicht nach dem Zeitmaße, sondern nach der Tugendbeschaffenheit. So gilt als vollkommener Mann, wer von Jugendverirrung sich fern-, von den Schwankungen der Jugendzeit durch geistige Reife sich freihält; als Kind hingegen, wer sichtlich noch keinerlei Tugendfortschritt gemacht hat. Daraus erklärt sich jene Stelle bei Jeremias, da der Herr des bußflehenden und seinen Sünden fluchenden Ephraem sich erbarmte: „Von Jugend auf ist mein Liebling Ephraem ein Knabe in Genüssen"150. Wäre er nämlich nicht ein Knabe in Genüssen gewesen, würde er nie gesündigt haben. Und zwei zutreffende Ausdrücke:„in Genüssen" und „ein Knabe"; denn es gibt auch Knaben, die nicht sündigen: „Sieh, mein Knabe, den ich erkoren habe"151. Weil er den Genüssen nachhing, sündigte sonach jener, obschon er vom Herrn eine solche Unterweisung empfangen hatte, daß ihm Verirrung fremd hätte bleiben sollen. Wäre er also einerseits kein „Knabe in Genüssen" gewesen, wäre er andererseits an Altersreife der Tugend zum „vollkommenen Manne"152 fortgeschritten, würde er niemals gefallen sein: er hätte es nicht nötig gehabt, Verzeihung seiner Sünden zu erflehen statt lieber, wie er es sollte, der Verdienste Lohn zu erhoffen. Diesen Gedanken scheint auch unser Herr im Evangelium auszudrücken, wenn er mahnt: „Wollet keines von diesen Kindern gering achten!"153 Doch Ausführlicheres hierüber an seinem Platze154. ‚Kind' also ist der Gegensatz zu ‚groß'. Und wenn nach dem Apostel das Kind den Elementen der Welt unterworfen ist ― denn „da wir Kinder gewesen, waren wir den Elementen der Welt unterworfen"155 ―, ist der Große folglich über die Elemente der Welt erhaben.

       32.

      [Forts. ] „Groß also wird Johannes sein" nicht an Kraft des Leibes, sondern an Größe der Seele. So hat er denn auch nicht die Grenzen eines Reiches erweitert, nicht irgendwelche Triumphzüge nach sieggekrönter Entscheidungsschlacht vor allem anderen sich verlangt, sondern, was mehr besagt, als Prediger in der Wüste Menschengenüsse und Fleischesgelüste mit großer Geisteskraft niedergerungen. Das Element des Kindes ist die Welt, das des Großen der Geist. So hat denn (Johannes) als Großer, nicht als Sklave den Lockungen des Lebens im Verlangen nach dem (wahren) Leben mit der bestehenden Auffassung gebrochen.

       33.

      „Und er wird mit dem Heiligen Geiste erfüllt werden schon vom Mutterleibe an"156. Ohne Zweifel beruht diese Verheißung des Engels auf Wahrheit; gab doch der heilige Johannes noch im Mutterschoße, bevor er geboren wurde, die Gnade zu erkennen, daß er den Geist empfangen hatte. Während nämlich weder sein Vater noch seine Mutter im Vorausgehenden wunderbare Dinge vollführten, verkündigte er durch sein Aufhüpfen im Mutterschoße die Frohbotschaft von der Ankunft des Herrn. Denn so liest man: Da die Mutter des Herrn zu Elisabeth