James Bond 16: Kernschmelze. John Gardner. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: John Gardner
Издательство: Bookwire
Серия: James Bond
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9783864254635
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schweigend, bis sein Gönner zu dem hohen geraden Stuhl hinter dem Schreibtisch gegangen war. Er sprach erst, nachdem er sich gesetzt hatte.

      »Es ist schön, Sie wiederzusehen, Franco.«

      »Es ist auch schön, Sie zu sehen. Aber ich arbeite gern für Sie, das macht immer den Unterschied aus.« Der Mann namens Franco hielt inne und suchte nach den richtigen Worten. »Wissen Sie, nach all dieser Zeit weiß ich immer noch nicht, wie ich Sie ansprechen soll – mit Ihrem Adelstitel oder Ihrem wissenschaftlichen …?« Er vollführte eine kleine Geste mit den Händen.

      Das Bulldoggengesicht des anderen Mannes verzog sich zu einem Lächeln. »Warum nennen Sie mich nicht Warlock?«

      Sie lachten beide. »Das ist passend.« Franco nickte. »Operation Kernschmelze startet mit Ihnen als kreative und leitende Kraft, Warlock.«

      Der Mann hinter dem Schreibtisch legte seine Hände flach auf die lederne Fläche. »So sei es.« Er nickte mit einer kurzen, vogelartigen Kopfbewegung. »Es gab also keine Schwierigkeiten?«

      »Absolut keine. Alles lief vollkommen reibungslos ab. Der Hubschrauber war pünktlich, ich wurde nicht verfolgt. Sie sollten mittlerweile wissen, dass ich immer sehr genau darauf achte.«

      »Gut.« Wieder erfolgte das vogelartige Nicken. »Dann vertraue ich darauf, mein Freund, dass dies Ihr letzter Besuch hier sein wird.«

      Franco ließ ein sonderbares Grinsen aufblitzen. »Noch nicht ganz. Wir müssen noch die Frage der Bezahlung klären.«

      Der Mann hinter dem Schreibtisch breitete die Hände mit den Handflächen nach oben aus und spreizte die Finger. »Ich meine natürlich, dass das hier Ihr letzter Besuch vor dem Abschluss von Operation Kernschmelze ist. Ja, natürlich müssen wir noch klären, wie Sie Ihren Anteil erhalten. Aber zuerst sollten wir uns um die Frage nach dem Ort und die anderen kleinen Details kümmern. Das ist einer der Aspekte, über die wir sprechen müssen, und einer der Gründe, warum Sie dieses Mal ein wenig länger hierbleiben werden als sonst, Franco.«

      »Natürlich.« Francos Stimme nahm einen kalten Tonfall an und er sprach jede einzelne Silbe dieses einen Wortes sehr deutlich aus, als ob es sich dabei um die langsamen, vorsichtigen Schritte eines Mannes handelte, der eine Eisbrücke über einer tiefen Gletscherspalte prüft.

      »Es gibt viel zu besprechen. Ich gehe davon aus, dass für Europa alles vorbereitet wurde?«

      »Ja, alle sind bereit.«

      »Und in den Staaten?«

      »Alle sind bereit und warten auf letzte Anweisungen.«

      »Die Männer …?«

      Franco lehnte sich vor. »Diese Leute warten, wie ich Ihnen bereits mitgeteilt habe, schon sehr lange. Sie waren immer die geringste meiner Sorgen. Jeder einzelne von ihnen ist engagiert und bereit, sein oder ihr Leben für das jeweilige Ziel zu geben. Sie betrachten sich in jeglicher Hinsicht bereits als Märtyrer. Aber die diversen Organisationen, die das Personal für Ihre Operation gestellt haben – Organisationen, die von den meisten westlichen Regierungen gesetzlich verboten wurden und als Terroristen angesehen werden –, sind besorgt. Sie wollen Garantien dafür, dass sie ihren Anteil des Geldes erhalten werden.«

      »Die Sie ihnen, da bin ich mir sicher, gegeben haben, Franco.« Das Bulldoggengesicht hinter dem Schreibtisch hatte aufgehört zu grinsen. »Unsere Verpflichtungen waren klar aufgeteilt. Ich meine, mich zu erinnern, dass wir das alles vor über einem Jahr ausführlich besprochen haben. Ich liefere den Plan, das – wie sagt man heutzutage? – das Know-how. Ich kümmere mich auch um die Mittel. Sie sind der Vermittler, der Kontaktmann. Und nun gibt es interessantere Dinge, über die wir sprechen müssen.«

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      DIE OPPOSITION

      Bond wurde sofort wachsam, als er Ms Büro betrat. Er war darauf vorbereitet gewesen, seinen Vorgesetzten in seiner üblichen konzentrierten Haltung hinter dem großen Schreibtisch mit der gläsernen Oberfläche sitzen zu sehen, aber er hatte nicht erwartet, noch zwei weitere Männer im Raum anzutreffen.

      »Kommen Sie rein, Bond.« M winkte ihn mit einer kleinen, sparsamen Handbewegung heran. »Meine Herren«, er warf einen Blick auf seine Besucher, »erlauben Sie mir, Ihnen Commander James Bond vorzustellen. Ich denke, er ist der Mann, den Sie suchen.«

      Bond begrüßte die anderen Männer zurückhaltend. Er wusste nur zu gut, wer sie waren, doch er wollte es nicht offen zeigen.

      M ließ die Stille gerade lange genug andauern, dass es so wirkte, als wolle er Bonds Diskretion testen, bevor er mit der Vorstellung fortfuhr. »Commander, das hier sind Sir Richard Duggan, Generaldirektor des MI5, und der stellvertretende Deputy Commissioner David Ross von der Spezialabteilung der Londoner Polizei.«

      Bond streckte eine Hand aus und schüttelte nacheinander die der beiden Männer, wobei er bemerkte, dass sie beide einen festen, trockenen Händedruck hatten. Sie schauten ihm außerdem direkt in die Augen. Das waren zwei Eigenschaften, die Bond schon seit Langem entweder bewunderte oder als Warnzeichen erkannte – je nachdem für welche Seite der jeweilige Besitzer dieser Eigenschaften arbeitete.

      Dies war zweifellos eine verwirrende Situation. Der MI5 und sein ausführendes Organ, die Spezialabteilung, stellten das dar, was offiziell als britischer Sicherheitsdienst bekannt war – sie waren für Gegenspionage und antiterroristische Aktivitäten im britischem Hoheitsgebiet zuständig.

      In Bonds Dienststelle wurden sie stets scherzhaft als »die Opposition« bezeichnet, und es hatte schon immer eine scharfe Rivalität zwischen den beiden Organisationen bestanden: eine Rivalität, die manchmal zu folgenschweren Missverständnissen oder sogar offener Feindschaft führte.

      Es war zweifellos äußerst ungewöhnlich, dass die Leiter »der Opposition« zu M kamen, der sie ohnehin regelmäßig sah – mindestens einmal die Woche bei einem Treffen des vereinten Geheimdienstkomitees.

      M bedeutete Bond, auf einem ledernen Stuhl Platz zu nehmen, und schaute dann – ein wenig zu freundlich, fand Bond – zuerst seine beiden Besucher und dann wieder Bond an. »Unsere Freunde vom MI5 haben ein kleines Problem, Commander«, begann er, und Bond bemerkte, dass M ihn mit fast schon militärischer Korrektheit behandelte. »Es handelt sich um eine interessante Situation, und ich habe das Gefühl, dass Sie dabei behilflich sein könnten, besonders da alle Anzeichen darauf hindeuten, dass sich die Sache aus dem Zuständigkeitsbereich des MI5 heraus- und in unseren Bereich hineinbewegt.« Er klopfte seine Pfeife in dem kupfernen Aschenbecher auf seinem Schreibtisch aus. Bond fiel jetzt erst auf, dass direkt vor seinem Vorgesetzten eine Aktenmappe lag. Sie war dick und mit den roten Symbolen versehen, die für die höchste Geheimhaltungsstufe standen. Zwei kleine Kreise in der oberen rechten Ecke der weißen Bindung wiesen darauf hin, dass der Inhalt der Mappe sowohl die Verbindungen zu Europa als auch die zum Nahen Osten betraf. Auf einem kleinen Aufkleber prangten außerdem die Worte, die Bond problemlos kopfüber lesen konnte: »Nicht für Bruderschaft«. Das bedeutete, dass die Informationen in der Akte nicht an den amerikanischen Geheimdienst weitergegeben werden durften.

      Das bloße Vorhandensein der Akte genügte, um Bond in Alarmbereitschaft zu versetzen. M hatte sie für diese Art von Besprechung zweifellos extra direkt vom gelagerten Mikrofilm vergrößern und fotokopieren lassen. Die Papiere würden vernichtet werden, sobald die Betroffenen sie gelesen hatten.

      »Ich glaube«, sagte M mit Blick auf den Generaldirektor des MI5, »dass es am besten wäre, wenn Sie beide Commander Bond auf den neuesten Stand bringen würden. Dann können wir die Angelegenheit übernehmen.«

      Sir Richard Duggan nickte und lehnte sich vor, um seine Aktentasche zu öffnen. Er holte eine Aktenmappe heraus und legte ein mattes, zwanzig mal fünfundzwanzig Zentimeter großes Foto vor Bond auf den Tisch. »Kennen Sie dieses Gesicht?«, fragte er.

      Bond nickte. »Franco – für die Presse, die Öffentlichkeit