Bond hatte es sogar geschafft, seinen Lebensstil ganz leicht zu verändern, um sich an die veränderten Anforderungen der 1970er und frühen 1980er anzupassen: Er hatte – zumindest für einen Großteil der Zeit – seinen Alkoholkonsum drastisch reduziert und bei Morelands in der Grosvenor Street eine Zigarettensorte mit einer neuen besonderen Tabakmischung bestellt, deren Teergehalt ein wenig geringer war als bei denen, die man momentan auf dem Markt erwerben konnte. In diesem Augenblick lagen zwanzig dieser Zigaretten – jede davon mit den drei charakteristischen goldenen Ringen direkt unterhalb des Filters versehen – in dem Etui aus Geschützbronze, das sicher in Bonds Brusttasche steckte.
Den Rest der vergangenen paar Jahre hatte Bond mit der Plackerei verbracht, die seine Position als Ms Verwaltungsbeamter mit sich brachte: Papierkram zur Planung, Befragungen, Abschlussbesprechungen, Analysen, schmutzige Tricks und Abhöroperationen und eine Menge Stunden im Hauptquartier in der Funktion des diensthabenden Offiziers. Seine einzigen kleinen Freuden während dieser Zeit waren der Kauf des Landhauses und des neuen Autos gewesen.
Er hatte schon lange mit der Anschaffung eines ruhigen kleinen Landsitzes geliebäugelt und fand das geeignete Objekt schließlich acht Kilometer außerhalb von Haslemere und gute anderthalb Kilometer vom nächsten Dorf entfernt. Das Haus passte perfekt zu Bonds Ansprüchen, und er kaufte es innerhalb von vierundzwanzig Stunden nach der ersten Besichtigung. Einen Monat später waren die Handwerker und Inneneinrichter mit sehr genauen Anweisungen des neuen Besitzers angerückt.
Das Auto war eine andere Angelegenheit. Da die Benzinpreise mittlerweile enorm hoch waren und auch unweigerlich weiter steigen würden, hatte Bond beschlossen, seinen geliebten alten Bentley Continental Mark II den Weg seines Vorgängers, dem 4½-Liter-Bentley, gehen zu lassen.
Manch einer hatte verwundert reagiert, als er sich für ein ausländisches Auto entschied, obwohl man doch ständig bedrängt wurde, britische Produkte zu kaufen, aber Bond hatte die Bemerkungen abgetan und auf die Tatsache hingewiesen, dass die Feinheiten der besonders komplexen und hochentwickelten Sonderausstattung – wie die digitale Armaturenbrettanzeige, der Tempomat und die zahlreichen anderen Zaubertricks – von einer britischen Expertenfirma eingebaut wurden und nur durch britisches Fachwissen und den mächtigen Mikrochip verwirklicht werden konnten.
Er erwähnte nicht, dass der Wagen etwa einen Monat lang bei der multinationalen Firma Communication Control Systems (C.C.S.) gewesen war, damit die dortigen Experten ein paar ihrer eigenen Standardverbesserungen installieren konnten – Sicherheitsapparaturen, nach denen sich die Q-Abteilung die Finger lecken würde. Bond argumentierte, dass es sein Auto war und er, nicht die Q-Abteilung – die ohnehin unter enormen finanziellen Einschränkungen litt –, entscheiden würde, welche Sonderfunktionen eingebaut werden sollten. Bei mehreren Gelegenheiten hatte er den Waffenmeister Major Boothroyd in der Nähe seines Saabs herumschnüffeln sehen. Und mittlerweile war es ganz normal für ihn, Mitglieder der Q-Abteilung – die genialen Technikzauberer des Secret Service – dabei zu erwischen, wie sie einen gründlichen Blick auf den Wagen warfen. Keiner von ihnen erwähnte jemals die Dinge, die sie einfach nicht übersehen konnten – wie zum Beispiel die kugelsicheren Scheiben, die mit Stahl verstärkten Stoßstangen und die hochbelastbaren Reifen, die sich sogar dann noch selbst versiegeln konnten, wenn sie von Kugeln getroffen worden waren. Es gab allerdings noch weitere Feinheiten, die niemand aus der Q-Abteilung ohne Spezialausrüstung entdecken konnte.
Der Saab war nun an Bonds Bedürfnisse angepasst. Er ließ sich problemlos von Benzin auf Gas umrüsten, falls die Treibstoffsituation noch kritischer werden sollte, der Verbrauch war im Verhältnis zur Geschwindigkeit niedrig, und der Turboantrieb verlieh ihm diesen zusätzlichen dynamischen Schub, den man in einer brenzligen Situation immer brauchen konnte.
Nur wenige Personen wussten von dem Haus, also erntete Bond keine verwunderten Blicke oder dummen Sprüche dafür, dass er nun einen Landsitz besaß.
Das freitagabendliche Verkehrschaos in London war fast schon wieder vorbei, als er Roehampton erreichte, also konnte er den Saab noch vor halb acht auf seinem persönlichen Parkplatz in der Tiefgarage unter dem Hauptquartier abstellen.
Bond wäre jede Wette eingegangen, dass M irgendeine sinnlose und langweilige Aufgabe für ihn hatte, und schloss im Geiste sogar eine Wette mit sich selbst, während ihn der Aufzug lautlos in den neunten Stock des Gebäudes hinaufbrachte, in dem sich Ms Aufenthaltsraum und Büro befanden.
Miss Moneypenny, Ms persönliche Assistentin, schaute mit einem besorgten Lächeln auf, als Bond das Empfangsbüro betrat. Das war das erste Anzeichen dafür, dass es sich um etwas Wichtiges handeln könnte.
»Hallo, Penny.« Bond begrüßte sie fröhlich und verdrängte seinen Ärger über das verlorene Wochenende. »Sind Sie heute nicht mit einem Ihrer jungen Männer unterwegs? Wir haben verdammt noch mal Freitagabend, wissen Sie?«
Miss Moneypenny deutete mit dem Kopf in Richtung von Ms Bürotür und sagte: »Und er wartet verdammt noch mal auf Sie. Und deswegen muss ich auch hierbleiben.« Sie lächelte. »Außerdem schien der einzige Mann, der mich zu einer Runde durch die Stadt überreden könnte, anderweitig beschäftigt zu sein.«
»Oh Penny, wenn es doch nur so wäre …« Bond grinste. Sie neckten sich schon seit Jahren mit diesen kleinen Wortgefechten, und doch hatte Bond nie wirklich erkannt, wie sehr die fähige und ordentliche Moneypenny für ihn schwärmte.
»Sagen Sie Commander Bond, dass er sofort reinkommen soll«, schnauzte Ms blecherne Stimme aus der Gegensprechanlage auf Miss Moneypennys Schreibtisch.
Bond zog fragend eine Augenbraue hoch und ging auf die Tür zu. Mit gedämpfter Stimme raunte er: »Hat Ihnen schon mal jemand gesagt, dass Janet Reger ihr Geschäft mit dem Gedanken an Sie gegründet hat, Penny?«
Miss Moneypenny errötete, als Bond bereits in Ms Büro verschwand und die Tür hinter sich zuzog. Ein grünes Licht ging über der Tür an, als sie ins Schloss fiel. Sie starrte einen Augenblick lang ins Leere und hatte immer noch das Nachbild des Mannes im Kopf, der gerade Ms Allerheiligstes betreten hatte: das braungebrannte attraktive Gesicht mit den recht langen dunklen Augenbrauen über den großen, geraden blauen Augen; die fast acht Zentimeter lange Narbe, die vertikal über seine rechte Wange verlief; die lange, sehr gerade Nase und der feine, aber grausame Mund. Im dunklen Haar waren einzelne graue Strähnen aufgetaucht, doch das jungenhafte schwarze Komma über dem rechten Auge war noch immer da. Die Backen wirkten noch nicht dicklich, und das Profil um das Kinn herum war so glatt und fest wie eh und je. Es war das Gesicht eines attraktiven Freibeuters, dachte Miss Moneypenny und riss sich aus ihrem ein wenig unangemessenen Tagtraum. Sie fragte sich, ob sie James Bond hätte warnen sollen, dass M nicht allein in seinem Büro war.
Als James Bond die Tür zu Ms Büro öffnete, ging etwa achthundert Kilometer nördlich von London eine weitere Tür auf.
Der Mann, der Dublin früh an diesem Morgen in einer geschickten Tarnung verlassen hatte, schaute auf, erhob sich von seinem Stuhl und streckte zur Begrüßung eine Hand aus.
Der Raum, in dem er gewartet hatte, war für ihn nach so vielen Besuchen mittlerweile ein gewohnter Ort: voller Bücherregale, mit einem großen Militärschreibtisch, bequemen Lederstühlen und der beeindruckenden Vitrine, in der sich im wahrsten Sinne des Wortes unbezahlbare antike Waffen befanden – ein Paar Steinschlosspistolen aus ziseliertem Silber, ein passendes Set amerikanischer Handfeuerwaffen aus Kentucky mit großzügigen Einlegearbeiten, eine französische Radschlosspistole mit Perlmutt- und Golddrahtverziehrungen am Schaft, ein Paar Säbelpistolen und ein Allen-Bündelrevolver mit sechs drehbaren Läufen. Der Tarnkünstler kannte die Stücke und lechzte bei jeder Betrachtung nach ihnen. Der ganze Raum strahlte eine gediegene Atmosphäre aus, die mit dem einherging, was man als »altes Geld« bezeichnete.
Der