Chefarzt Dr. Norden Paket 1 – Arztroman. Patricia Vandenberg. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Patricia Vandenberg
Издательство: Bookwire
Серия: Chefarzt Dr. Norden Paket
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9783740975135
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      »Weißt du, was das ist?«

      »Ein Stoffbär.«

      »Richtig. Aber das ist auch ein Glücksbringer. Den hat mir meine älteste Tochter Anneka geschenkt, als ich einmal sehr krank war. Ich dachte, dass ich nie mehr gesund werden würde. Es waren wirklich viele schwarze Tage voller Angst, in denen ich im Bett lag. Doch wann immer es mir richtig schlecht ging, habe ich den Bären in die Hand genommen. Sein weiches, kuscheliges Fell sollte mich an die Wärme und Liebe meiner Familie erinnern, die so sehnsüchtig zu Hause auf mich gewartet hat.«

      »Hat es geklappt?«, fragte Elias neugierig.

      »Sitze ich hier an deinem Bett?«, stellte Fee mit lachenden Augen eine Gegenfrage. »Und jetzt nimmst du Lui – so heißt der Bär – ganz fest in die Hand. Sein weiches Fell fühlt sich an wie die Hand deiner Mama, die dich streichelt.«

      Folgsam griff Elias nach dem Plüschtier und hielt es fest.

      Fee nickte Ramona Räther zu. Die verstand die stumme Aufforderung.

      »Und jetzt erzählst du mir, was du als Allererstes machen möchtest, wenn du nach der Operation aufstehen darfst«, verlangte sie, während sie ein Narkosemittel in den Zugang auf seinem Handrücken spritzte.

      »Zu allererst will ich in den Kiosk gehen und noch einmal so eine heiße Schoko … Schoko …, lade …« Mitten im Satz fielen Elias die Augen zu, und zufrieden verließ Fee den OP.

      Ihre Arbeit an diesem Fall war beendet. Nun konnte sie nur noch hoffen, dass auch Volker Lammers seine Arbeit ordentlich machte.

      *

      Nachdem sich Felicitas Norden von ihrem Schützling verabschiedet hatte, machte sie sich auf den Weg zu Andrea Sander. Noch immer lag ihr das Versprechen im Magen, das sie ihrem Stellvertreter gegeben hatte. Unterwegs kam sie an einem Behandlungszimmer vorbei.

      »Ich kann Ihnen gar nicht sagen, wie schlecht mein Gewissen ist.«

      Elenas Stimme wehte hinaus auf den Flur. Neugierig steckte Fee den Kopf durch die Tür und musterte Jakob, der auf einer Behandlungsliege lag. Sein linkes Knie war deutlich angeschwollen und leuchtete in den schönsten Farben.

      »Autsch!«, entfuhr es ihr.

      »Sieht schlimmer aus, als es ist«, winkte Jakob ab. »Nur eine Prellung.«

      »Trotzdem dürfen Sie mindestens eine Woche lang nicht arbeiten«, erklärte Schwester Elena. Nach der Untersuchung durch Matthias hatte sie höchstpersönlich die Versorgung der Verletzung übernommen. »Und dass ich schuld daran bin, macht es nicht besser.«

      »Gegen Ihr schlechtes Gewissen habe ich nichts«, erwiderte Jakob. »Dass ich aber nicht arbeiten darf, ist allerdings der unerfreuliche Teil der Geschichte.« Er sah hinüber zu Fee. »Ich hatte einen Wasserschaden in meiner Wohnung, der im Augenblick repariert wird. Außerdem bekomme ich nächste Woche neue Fenster. Sie können sich vorstellen, dass ich momentan überall lieber bin als auf meiner persönlichen Großbaustelle.«

      »Sie können sich ins Schwesternzimmer setzen und für uns den Alleinunterhalter geben«, machte Elena einen nicht ganz ernst gemeinten Vorschlag.

      Doch Felicitas hatte einen anderen Vorschlag. Ihr erschien Jakob mit seinem lädierten Knie wie eine Rettungsinsel.

      »Wenn Sie partout nicht zu Hause bleiben wollen, kann ich Ihnen ein Angebot machen.« Sie sah ihn forschend an. »Können Sie mit dem klinikeigenen Textverarbeitungsprogramm umgehen?«

      »Ich beherrsche sogar das Zehn-Finger-System«, prahlte Jakob und streckte beide Händen in die Luft.

      »In diesem Fall hätte ich einen Job für Sie. Allerdings werden Sie nicht begeistert sein.«

      »Ich nehme alles, wenn ich nur kommen darf. Oder am besten gleich hierbleiben.«

      »Kann ich das bitte schriftlich haben?«, scherzte Felicitas.

      »Sie machen es aber spannend. Raus mit der Sprache! Was haben Sie vor?«

      »Unser allseits geschätzter Kollege Lammers braucht dringend eine Assistentin, die ihm den Schreibkram abnimmt.« Felicitas rechnete mit einer deutlichen Absage. Umso überraschter war sie, als sie das Funkeln in Jakobs Augen bemerkte.

      »Lammers braucht eine Sekretärin? Echt?«, fragte er aufgekratzt. »Die kann er haben. Gleich heute Nachmittag, wenn Sie wollen.«

      Obwohl Fee ahnte, dass Jakob nichts Gutes im Schilde führte, sagte sie nichts. Stattdessen freute sie sich schon diebisch über Lammers’ Gesicht. Denn dass Jakob nicht die Schreibkraft war, die ihm vorschwebte, das war so sicher wie das Amen in der Kirche.

      *

      »Wir sehen uns dann in einer Stunde in OP 3«, beendete Daniel die Besprechung und verabschiedete sich von den Kollegen.

      Er kehrte an den Schreibtisch zurück, als er Dr. Weigand bemerkte, der noch im Zimmer stand.

      »Was kann ich für dich tun?«

      Matthias zögerte, ehe er an den Schreibtisch trat.

      »Dir ist es also ernst damit, Sophie Petzold den Fall zu entziehen?«

      Daniel saß vor der geöffneten Unterschriftenmappe und gab vor, ein Schreiben zu studieren. In Wahrheit dachte er über die richtige Antwort nach. Schließlich legte er den Kugelschreiber beiseite und lehnte sich zurück. Sein verwunderter Blick ruhte auf seinem Freund und Kollegen.

      »Ich dachte, das hätten wir geklärt.«

      »Schon.« Matthias machte eine Pause. »Aber dass Sophie noch nicht einmal bei der Operation dabei sein darf …«

      »Ich habe den Eindruck, dass sie diesen Fall um jeden Preis gewinnen muss«, erwiderte Daniel kühl. »Bettina Lückes Wohlergehen interessiert sie dabei doch gar nicht. In Wahrheit geht es Frau Petzold um ihre Karriere. Zumindest ist das der Eindruck, den sie vermittelt.«

      Eine Weile sagte keiner der beiden ein Wort.

      »Ich sehe das anders«, widersprach Matthias endlich. »Sophie wollte Bettina helfen. Vielleicht auf die falsche Art …«

      »Das klang aber vorhin ganz anders.« Daniel stand auf. »Sie hat sich über meine Anweisungen hinweg gesetzt. Der Patientin Hoffnungen gemacht. Wer weiß, was ihr als Nächstes eingefallen wäre.« Er begann, im Zimmer auf und ab zu gehen. Matthias sah ihm dabei zu.

      »Aber diese neue Methode ist wirklich eine gute Idee von ihr. Das weißt du selbst, sonst würdest du es nicht versuchen.«

      »Schon richtig.« Daniel blieb vor Matthias stehen und sah ihn an. »Das Problem ist nur, dass diese Tatsache genügt, dass Frau Petzold sich als Genie fühlt und uns anderen wie inkompetente Amateure behandelt. So ein überhebliches Benehmen kann ich einfach nicht durchgehen lassen. Wehret den Anfängen, wie es so schön heißt.«

      Zu Daniels großer Überraschung lachte Matthias laut heraus.

      »Weißt du eigentlich, dass ihr beiden euch im Grunde ziemlich ähnlich seid?«

      »Wie bitte?« Empört schnappte Daniel Norden nach Luft. »Diese Überheblichkeit …«

      »Natürlich hat sie sich schlecht verkauft«, unterbrach Weigand ihn. »Das meine ich auch gar nicht. Ich denke viel mehr an die Leidenschaft, mit der ihr beide nach Lösungen für eure Patienten sucht. Wer weiß, vielleicht bist du gegenüber deinen Lehrherren früher ähnlich selbstbewusst aufgetreten. Das vermag ich nicht zu beurteilen.«

      »Ich war niemals so respektlos wie diese Frau Petzold.« Daniel hatte seinen Marsch wieder aufgenommen. Er wanderte durch das Zimmer hinüber zum Fenster. Ein Mädchen saß auf der Schaukel und schwang fröhlich auf und ab, bis es sich todesmutig und kreischend in die Arme seines Vaters stürzte. Dieser Anblick besänftigte Daniel. Ein feines Lächeln auf den Lippen drehte er sich um.

      »Wir haben nicht mehr viel Zeit. Sag Frau Dr. Petzold Bescheid. Sie soll sich für den Eingriff fertig machen.«

      Matthias